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Pädiatrische Dosierungen

Bewegliches Ziel im Visier

12.02.2014  10:03 Uhr

Während des Wachstums ist der kindliche Körper ständig im Umbau begriffen. Körperzusammensetzung und -proportionen verändern sich, Enzymsysteme reifen, die glomeruläre Filtrationsrate steigt. All das hat Einfluss auf die Pharmakokinetik. Die Dosisfindung bei Kindern gleicht daher dem Fokus auf ein sich bewegendes Ziel.

Laut Arzneimittelreport der Barmer GEK sind sehr junge und sehr alte Menschen diejenigen, die am meisten Medikamente verordnet bekommen. Unglücklicherweise sind aber gerade diese Bevölkerungsgruppen in klinischen Studien meist nicht vertreten. Beim pädiatrischen Einsatz von Arzneimitteln müssen Ärzte daher häufig mangels zu­gelassener Alternativen Präparate off-Label verordnen. Verbindliche Dosierungsvorgaben gibt es dabei keine.

 

Dass das Körpergewicht als einziger Parameter zur Dosisfindung bei Kindern nicht immer ausreicht, verdeutlichte Dr. Petra Högger, Professorin für Klinische Pharmazie an der Universität Würzburg, anhand einer etwas älteren Publikation in »Science« (doi: 10.1126/science.138.3545.1100). Die Untersuchung, bei der eine für Elefanten geeignete Dosis des Halluzinogens LSD berechnet werden sollte, mutet nur auf den ersten Blick amüsant an. Die Autoren gingen von der LSD-Menge aus, die auf Katzen den gewünschten Effekt hatte, und verabreichten den Elefanten das ihrem Körpergewicht entsprechende Vielfache, woraufhin diese starben.

 

Auf Entwicklungsstadium des Kindes achten

 

»Kinder und Erwachsene gehören zwar im Gegensatz zu Katzen und Elefanten derselben Spezies an, dennoch kann man aus dieser Studie viel lernen«, sagte Högger. Katzen und Elefanten unterscheiden sich nämlich nicht allein durch ihr Körpergewicht voneinander, sondern auch in der Geschwindigkeit, mit der sie LSD metabolisieren. Solche Unterschiede im Arzneistoffmetabolismus finden sich ebenso zwischen Kindern und Erwachsenen.

 

»Wenn wir eine für Kinder geeignete Dosis suchen, müssen wir zweierlei berücksichtigen: die Pharmakokinetik des Arzneistoffs und das Entwicklungsstadium des Kindes«, so Högger. Wie erfolgreich diese Strategie sei, zeige bei­spiel­haft die Entwicklung der Fünf-Jahres-Überlebens­ra­ten von Kindern mit akuter lymphatischer Leukämie. Diese betrugen einer Untersuchung im »New England Journal of Medicine« zufolge in den 1960er-Jahren nur 9 Prozent, in den 1990er-Jahren dagegen 81 Prozent – obwohl mit Methotrexat, Dexamethason und Vincristin stets dieselben drei Arzneistoffe zum Einsatz kamen (doi: 10.1056/NEJM199808273390907).

 

Eltern genau instruieren

 

Besondere Einflussfaktoren auf die Pharmakokinetik bei Kindern sind die altersabhängige Änderung der Körperzusammensetzung und die Organentwicklung. Der Wasseranteil des Körpers sinkt von etwa 80 Prozent beim Neugeborenen auf circa 60 Prozent, gleichzeitig steigt der Fettanteil. Dadurch ver­ändern sich Verteilungsräume für hydro- beziehungsweise lipophile Arzneistoffe. In der Leber entwickeln sich die verschiedenen CYP-Isoenzyme unterschiedlich schnell. Das hat Konsequenzen für den Arzneistoffmetabolismus: In bestimmten Lebensphasen haben Kinder sogar eine höhere metabolische Kapazität als Erwachsene. Die glomeruläre Filtrationsrate der Niere schließlich erreicht erst im Alter von ein bis zwei Jahren Erwachsenenwerte.

 

Apotheker sollten vor allem auch pädiatrische Verordnungen auf ihre Plausibilität überprüfen können. Högger empfahl dazu ein englischsprachiges Standardwerk, das »Pediatric & Neonatal Dosage Handbook« (ISBN: 978-1591953258).

 

Eine weitere wichtige Aufgabe für das Beratungsteam in der Apotheke ist es, den Eltern die korrekte Anwendung des Arzneimittels zu vermitteln. Eine einfache Erklärung genügt dabei nicht immer, wie eine Untersuchung in »Pediatrics« zeigte (doi: 10.1542/peds. 100.3.330). In der Studie sollten Kinder gegen eine Mittelohrentzündung eine Antibiotika-Suspension erhalten. Nur Eltern, die eine Spritze als Dosierhilfe und gleichzeitig genaue Instruktionen über deren Anwendung erhalten hatten, verabreichten ihrem Kind in allen Fällen die richtige Antibiotika-Dosis. »Vorführen und dabei erklären ist also die beste Strategie«, fasste Högger zusammen.

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