ABDA-Spitze stellt sich der Diskussion |
08.04.2008 17:22 Uhr |
Von Hartmut Morck, Davos
Es ist schon seit Jahren gute Tradition beim Pharmacon Davos, dass sich die ABDA-Spitze den Fragen der Teilnehmer stellt. Auf die von Karin Graf und Dr. Ulrich Krötsch gesammelten Fragen antworteten BAK-Präsidentin Magdalene Linz, DAV-Vorsitzender Hermann Stefan Keller sowie aus der ABDA-Geschäftsführung Dr. Hans-Jürgen Seitz sowie Dr. Christiane Eckert-Lill und Lutz Tisch.
Basis für die Diskussion war ein Vortrag von Seitz zur aktuellen politischen Lage. Der ABDA-Hauptgeschäftsführer stellte den Teilnehmern noch einmal die GKV-Arzneimittelausgaben 2007 vor, die am 1. Februar bei einer Pressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit präsentiert wurden (siehe dazu Arzneimittelausgaben: Die Apotheker als Problemlöser, PZ 06/08). Er machte deutlich, dass trotz der Gesamtsteigerung von 8,1 Prozent der Zuwachs der reinen Arzneimittelausgaben nur bei 3,4 Prozent lag, wobei die Ersparnisse aus Rabattverträgen nicht berücksichtigt werden konnten. Der Rest sei durch Mehrwertsteuererhöhung und eine ausgeweitete Erstattung von Impfungen politisch induziert. Nach Seitz habe die GKV nach wie vor ein Einnahme- und kein Ausgabeproblem. Es gebe keine Explosion der Arzneimittelausgaben. Deshalb seien die Apotheken auch keine Kostentreiber. Seitz machte deutlich, dass Arzneimittel Waren besonderer Art seien, die auch besonderer Vertriebswege bedürften, um Versorgungsqualität zu garantieren.
Seitz machte auch auf eine widersprüchliche Diskussion in der Europäischen Union aufmerksam. Während bei Energiefragen, für die die EU eine klare Zuständigkeit habe, argumentiert werde, weniger vertikale Integration führe zu sinkenden Preisen, soll in der Gesundheitspolitik, bei der die EU keine direkte Zuständigkeit habe, mehr vertikale Integration zu sinkenden Kosten führen. Den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes im Vorlageverfahren erwartet Seitz ab Herbst 2008, was auch von Tisch in der anschließenden Diskussion bestätigt wurde.
Eine klare Position hat die Berufsorganisation bei der Ausrichtung der öffentlichen Apotheken. Die Qualitätsoffensive werde konsequent weitergeführt, sagte Seitz. Qualität gewinne auch in der gesundheitspolitischen Diskussion an Bedeutung, was das BAK-Konzept bestätige. Das deutsche Apothekensystem sei leistungsstark und effizient, sagte der ABDA-Hauptgeschäftsführer.
Mit einer funktionierenden Selbstverwaltung werde ein klares Bekenntnis zur Freiberuflichkeit, Unabhängigkeit und Qualität abgegeben. Die Lösungsansätze des Berufsstandes seien zukunfts- und patientenorientiert. Er hoffe, dass die Politik keinen »vorauseilenden Gehorsam« in der Frage des Fremdbesitzverbotes praktiziere.
In der anschließenden Diskussion waren die Rabattverträge und mögliche Strukturveränderungen Schwerpunkte. Auf die Frage, warum es noch eine Importquote gebe, antwortete der DAV-Vorsitzende Keller, dass man mit den Krankenkassen im Rahmen vereinbart habe, dass Rabattverträge und Importquote nebeneinander existent blieben, aber die Rabattverträge über der Importquote stünden. Keller bedauerte, dass im Gesetz die Krankenkassen nicht verpflichtet wurden, die Rabatte offenzulegen. Man könne deshalb nicht feststellen, wie hoch die Einsparungen durch Rabatte seien. Für die AOK würden sie für 2007 auf 100 Millionen Euro geschätzt.
Während sich die Probleme bei den Arzneimittel-Rabatttverträgen langsam lösen, ist die Situation bei den Hilfsmitteln sehr unübersichtlich. Die Lieferverträge zwischen Krankenkassen und Apothekern seien zum Teil gekündigt, sagte Keller. Gleichzeitig hätten Gerichte jedoch die vereinbarten Zuschläge für andere Lieferanten vorerst blockiert. Die Apotheken sollten ohne Kontrahierungszwang liefern und vom Patienten einen Selbstbehalt fordern. Wenn Retaxationen auf 0 Euro vorgenommen würden, empfahl Keller den betroffenen Kolleginnen und Kollegen, mit ihren Verbänden Kontakt aufzunehmen, die bei den Widersprüchen unterstützen würden.
Von einigen Teilnehmen der Diskussion wurden die Notdienstgebühren als nicht kostendeckend kritisiert. Die BAK-Präsidentin Linz räumte ein, dass die Gebühren sicher nicht mehr kostendeckend seien. Allerdings sei der Notdienst ein Alleinstellungsmerkmal für die Apotheken.
Die Frage, ob jede Apotheke ein QMS-Zertifikat haben müsse, beantwortete ABDA-Geschäftsführerin Eckert-Lill mit einem Nein. Man solle QMS aber als Chance und als Zukunftssicherung begreifen. Gerade im Rahmen von Ausschreibungen würden die Krankenkassen nur zertifizierte Apotheken einbeziehen. Linz stellte klar, dass von Kammern ausgestellte Zertifikate der ISO-Zertifizierung entsprechen.
Das Auditorium interessierte sich auch für den aktuellen Stand bei der elektronischen Gesundheitskarte. Keller räumte Probleme bei den Modellversuchen ein. Nur in Apotheken laufe es einwandfrei. Allerdings wollen Patienten keine elektronischen Rezepte. Der DAV-Chef sieht die Notwendigkeit, dass die negativen Erfahrungen genau analysiert werden sollten, bevor das E-Rezept flächendeckend eingeführt werde