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Rhabdomyolyse und mehr

Datum 30.01.2012  12:42 Uhr

Das wohl bekannteste Beispiel einer unerwünschten Arzneimittelwirkung am Muskel ist die Rhabdomyolyse. Diese kostete vor einigen Jahren einen bekannten Lipidsenker sogar die Zulassung. Medikamente können aber auch andere unerwünschte Wirkungen auf die Muskulatur haben.

Als Rhabdomyolyse bezeichnet man den Untergang von quergestreiften Muskelfasern. Aus den zerstörten Muskelzellen treten unter anderem große Mengen von Myoglobin aus, die renal ausgeschieden werden und im sauren Milieu der Nierentubuli ausfallen können. Ein akutes Nierenversagen ist daher eine potenziell tödliche Komplika­tion. Ein Patient mit Rhabdomyolyse ist in aller Regel in sehr schlechter Verfassung und die betroffenen Muskelgruppen sind teigig geschwollen.

 

Nicht nur Cerivastatin

 

Verschiedene Arzneistoffe, aber auch Heroinkonsum oder Alkoholexzesse können eine Rhabdomyolyse auslösen. 2001 erlangte die Erkrankung traurige Berühmtheit, da unter der Einnahme des HMG-CoA-Reduktase-Hemmers Cerivastatin (Lipobay®) mehrere Patienten eine Rhabdomyolyse entwickelten und in der Folge an Nierenversagen starben. Hersteller Bayer war daraufhin gezwungen, das Präparat vom Markt zu nehmen. In einigen Fällen hatten die Patienten zusätzlich zu dem Statin das Fibrat Gemfibrozil (zum Beispiel Gevilon®) eingenommen – eine laut Fachinformation kontraindizierte Kombina­tion, die das Risiko muskulärer Nebenwirkungen erhöht.

Auch die heute verfügbaren Statine können die Muskelauflösung in Gang setzen, vor allem dann, wenn ihr Abbau über die Cytochrom-Isoenzyme der Leber durch andere Arzneistoffe oder Nahrungsmittel gehemmt wird. So wird etwa das häufig verordnete Simvastatin hauptsächlich über CYP3A4 metabolisiert. Die gleichzeitige Gabe von starken Inhibitoren dieses Enzyms, zum Beispiel Azol-Antimykotika, Makrolide, HIV-Protease-Inhibitoren oder Verapamil, ist demnach kontraindiziert. Weniger schwerwiegende, aber auch deutlich häufigere Nebenwirkungen der Statine am Muskel sind Myalgien und Myopathien, bei denen es zu Muskelschmerzen, -steifheit und -krämpfen sowie bei Letzteren auch zum Anstieg der Kreatinkinase im Serum kommt.

 

Andere gängige Arzneistoffe, die eine Rhabdomyolyse auslösen können, sind Levofloxacin, Cotrimoxazol, Theophyllin, Risperidon, Ezetimib, Venlafaxin sowie Fibrate in Kombination mit Statinen. Fibrate können aber auch ohne Comedikation eine myotoxische Wirkung entfalten und Myalgien hervorrufen. Diese unerwünschte Wirkung kann auch unter Doxazosin, Mirtazapin oder Gabapentin auftreten.

 

Steroidmyopathie

 

Glucocorticoide können bei längerer Einnahme eine sogenannte Steroidmyopathie verursachen. Die potenziell schädigende Wirkung der Steroide auf die Skelettmuskulatur macht sich in der Regel erst ab einer Behandlungsdauer von vier Wochen bemerkbar. Dann kann es zu einer Muskelatrophie kommen, die sich typischerweise vor allem mit Lähmungserscheinungen der Beckengürtelmuskulatur manifestiert. Hinzu kommen eine rasche Ermüdbarkeit sowie gelegentlich Myalgien.

Was macht Myoglobin?

Myoglobin ist ein kleines Hämprotein aus 153 Aminosäuren, das nur in Skelett- und Herzmuskelzellen vorkommt. Myoglobin-haltige Muskeln sind rot. Ähnlich wie das strukturverwandte Hämoglobin, das den Sauerstoff von der Lunge zu den Zellen transportiert, bindet Myoglobin reversibel O2 – allerdings mit sechsfach höherer Affinität. Dadurch kann es den vom Hämoglobin in der Kapillare bereitgestellten Sauerstoff leicht übernehmen. Löst sich quergestreifte Muskulatur auf, wird Myoglobin in die Blutbahn freigesetzt (Myoglobinämie). Erhöhte Werte können beispielsweise auf schwere Muskeltraumata oder Herzinfarkt hinweisen.

Auch Diuretika haben einen Einfluss auf die quergestreifte Muskulatur. Diese unerwünschte Wirkung ist aber keine direkte, sondern eine indirekte. Sie entsteht durch die von den Arzneistoffen ausgelösten Veränderungen im Elektrolythaushalt. So können sowohl eine Hypo- als auch eine Hyperkaliämie eine Hypotonie der Skelettmuskulatur nach sich ziehen. Dabei ist der Dehnungswiderstand bei passiver Bewegung der Muskeln herabgesetzt. Ein Zuwenig an Kalium äußert sich darüber hinaus typischerweise in Muskelverspannungen, ein Zuviel in -krämpfen. Störungen im Kaliumhaushalt können zudem gravierende kardiale Auswirkungen haben und zu Herzrhythmusstörungen bis hin zum Kammerflimmern führen.

 

Angriff auf Mitochondrien

 

Zidovudin (Azidothymidin, AZT) war der erste Arzneistoff, der gegen die HIV-Infektion therapeutisch genutzt wurde. Neben zahlreichen anderen potenziellen, zum Teil schwerwiegenden Nebenwirkungen kann AZT auch den Skelettmuskel angreifen und zu einer sogenannten mitochondrialen Myopathie mit »ragged red fibres« führen. Dabei finden sich in der Peripherie von Muskelfasern vermehrt pathologisch veränderte, defekte Mitochondrien, die nach Anfärbung unter dem Mikroskop rot erscheinen. Aufgrund seines ungünstigen Nebenwirkungsprofils wird Zidovudin in den Industrieländern nur noch zurückhaltend eingesetzt.

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