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Gendiagnostik

Medikation an den Patienten anpassen

24.01.2018  10:27 Uhr

Warum wirkt ein Arzneimittel bei einem Patienten sehr gut, ­während ein anderer keine Wirkung verspürt und ein weiterer ­toxische Effekte erleidet? Dies kann an der Enzymausstattung des Patienten liegen. Eine neue Methode, um die Arzneitherapie an das Individuum anzupassen, stellte Professor Dr. Theo Dingermann von der Goethe-Universität Frankfurt vor.

Bis ein psychisch kranker Mensch das richtige Medikament in richtiger Dosierung erhält, kann es lange dauern – bis zu drei Monate. Zu diesem Zeitpunkt sei die Hälfte der Patienten schon ­abgesprungen, sagte Dingermann. 

Der neue Ansatz, schneller zu einer effektiven und verträglichen Pharmakotherapie zu kommen, indem man diese an das genetische Profil eines Patienten anpasst, heißt stratifizierte Arzneimitteltherapie. Dabei werden sowohl Faktoren erfasst, die die Pharmakodynamik eines Wirkstoffs bestimmen, als auch solche, die die Metabolisierung und Ausscheidung, also die Pharmakokinetik steuern. Es geht zum Beispiel um die genetisch bedingte Expression von Transporterproteinen, die Wirkstoffe gezielt in Zellen ein- oder ausschleusen, und um metabolisierende Enzyme wie die Cytochrom-P450-Isoenzyme.

 

Enzyme bestimmen Kinetik

 

»Die Target-Expression beeinflusst die Ansprechrate enorm, aber je mehr Störfaktoren hinzukommen, umso geringer ist letztlich das Ansprechen«, ­erklärte Dingermann. Solche Störfaktoren könnten exogen oder endogen sein und müssten identifiziert werden. Zu den endogenen Faktoren gehört die ­individuelle, genetisch festgelegte Enzym­ausstattung, die die Kinetik eines Wirkstoffs bestimmt. Hinsichtlich der CYP-Enzyme unterscheidet man vier Typen: schlechte Metabolisierer (poor, PM), intermediäre (intermediate, IM), normale (extensive, EM) und ultra­schnelle (ultrarapid, UM). Die zugrunde­liegenden Mutationen sind ererbt und somit in allen Zellen vorhanden.

 

Dingermann stellte einen diagnostischen Test vor, der nur Gene erfasst, die für Proteine kodieren, die spezifisch die Pharmakokinetik und -dynamik bestimmen. »Krankheitsrelevante Mutationen werden nicht erfasst«, betonte der Referent. Wenn das Metabolisierungsmuster des Patienten bekannt ist, könne der Arzt den Wirkstoff, zum Beispiel ein Antidepressivum, gezielt auswählen und die Dosis anpassen.

 

Rund 500 österreichische Kollegen hätten den Test erprobt, der jeweils 31 Gene überprüft. Dingermann griff das für Antidepressiva wichtige Iso­enzym CYP2C19 heraus: Bei knapp einem Drittel der Bevölkerung wird das Enyzm so stark exprimiert, dass keine Wirkung eintritt, 37 Prozent metabolisieren normal und 28 Prozent bauen verlangsamt ab und riskieren so eine schlechte Verträglichkeit. Bei 3 Prozent ist das Isoenzym so reduziert, dass toxische Effekte eintreten können.

 

Dingermann nannte weitere Beispiele. So können Patienten, die CYP2D6-PM und CYP2C9-PM sind, nur Fluoxetin ohne Dosisanpassung bekommen. Bei Citalopram sollte die Anfangsdosis halbiert werden. Personen, die CYP2D6-PM und CYP2C19-UM sind, können nur Ser­tralin ohne Dosisanpassung bekommen, während bei Citalopram die Anfangs­dosis auf maximal 150 Prozent der Standard­dosis erhöht werden sollte. Trizyklika sind in beiden Fällen ungeeignet.

 

Schneller ans Ziel

 

Mithilfe des Tests könne man schneller eine wirksame antidepressive Therapie finden, ohne Nebenwirkungen durch verlangsamten Wirkstoffabbau zu riskieren, so Dingermann. »Das ist aber keine personalisierte Therapie. Wir suchen nicht nach Krankheiten, sondern betreiben eine Arzneistoff-bezogene Diagnostik.« Den Gentest müsse man nur einmal im Leben machen. Er erwarte davon enorme Fortschritte zur Verbesserungen der Arzneimitteltherapie. Apotheker sollten sich zum Vorreiter dieser Entwicklung machen.

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