Pharmazeutische Zeitung online
Medikamenten-Abhängigkeit

Wege aus der Sucht

20.01.2015  16:25 Uhr

Von Annette Mende / Bei begründetem Verdacht auf Missbrauch ist die Arzneimittel-Abgabe zu verweigern. So steht es in der Apothekenbetriebsordnung. Das eigentliche Problem löst eine solche Blockadehaltung allerdings nicht. Stattdessen sind Einfühlungsvermögen und eine motivierende Gesprächsführung gefragt.

Da ist die alte Dame, die jeden Monat ihr Lorazepam-Rezept bringt – als Privatverordnung, obwohl sie eigentlich Kassenpatientin ist. Oder die erfolgreiche Geschäftsfrau, die alle 14 Tage zwei 20er-Packungen eines OTC-Analgetikums kauft. Oder der Beamte, der ohne sein Nasenspray nicht mehr auskommt und es deshalb immer weiter nimmt, obwohl der Schnupfen eigentlich schon längst vorbei ist. 

 

Kunden wie diese gibt es wohl in jeder öffentlichen Apotheke, denn schätzungsweise zwei Millionen Menschen in Deutschland sind abhängig von Arzneimitteln. In der aktuellen Ausgabe von »Pharmakon« gibt Dr. Ernst Pallenbach, Suchtpräventions-Beauftragter der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, Tipps für die pharmazeutische Beratung in solchen Fällen.

 

Oberstes Gebot sei, eine Abwehrhaltung des Patienten zu verhindern. Dass diese Aufgabe zugleich die schwierigste ist, weiß jeder, der schon einmal versucht hat, das heikle Thema bei einem Kunden anzusprechen. Pallenbach empfiehlt, Reizwörter wie »Sucht« oder »Entzug« zu vermeiden. Stattdessen sollten Patienten schonend über die individuellen Probleme aufgeklärt werden, die sich durch die dauerhafte Einnahme eines Wirkstoffs ergeben haben. Bei den sehr häufig im Rahmen einer Abhängigkeit angewendeten Benzodiazepinen können das etwa kognitive Beeinträchtigung, sozialer Rückzug oder Sturz­gefahr sein.

 

Motivierende Gesprächsführung

 

Ein Erfolg versprechender Ansatz ist die sogenannte motivierende Gesprächsführung. Damit kann man durch einen nicht konfrontativen, wertschätzenden Gesprächsstil Personen, die noch kein Problembewusstsein haben oder ohne Zuversicht sind, zu einer positiven Veränderung bewegen. Das Konzept funktioniert auch in schwierigen Fällen, wie ein kürzlich abgeschlossenes, von Pallenbach geleitetes Modellprojekt zum ambulanten Entzug Benzo­diazepin-abhängiger Patienten zeigt: In Kooperation mit den betreuenden Hausärzten gelang es bei drei Vierteln der Teilnehmer, das Medikament, das sie bisweilen über Jahrzehnte regelmäßig eingenommen hatten, abzusetzen oder in der Dosis zu reduzieren.

 

Der ärztlichen Kontrolle nahezu gänzlich entzogen ist dagegen meist der Übergebrauch von OTC-Analgetika und Triptanen, der zu Dauerkopfschmerz führen kann. In Deutschland sind davon vermutlich mehr als 100 000 Menschen betroffen. Hier ist in besonderem Maße der Apotheker gefragt. Er sollte immer im Hinterkopf haben, dass in Bezug auf den medikamenteninduzierten Kopfschmerz weniger die Dosis als vielmehr die Regelmäßigkeit der Einnahme problematisch ist.

 

Kopfschmerzpatienten sollten daher höchstens an zehn Tagen pro Monat (Triptane) beziehungsweise an 15 Tagen pro Monat (Analgetika-Monopräparate) und höchstens an drei Tagen hintereinander Schmerz- beziehungsweise Migränemittel einnehmen. Ob die Einnahme von Kombinationspräparaten mit mehreren analgetischen Wirkstoffen und Coffein ein größeres Risiko bergen als Monopräparate, konnte bislang nicht endgültig geklärt werden, so Pallenbach.

 

Konkrete Hilfsangebote nennen

 

Betroffene oder gefährdete Patienten sollten vorsichtig nach ihren Einnahmegewohnheiten befragt und behutsam über Probleme des Übergebrauchs wie Nierenschäden oder Magenulcera aufgeklärt werden. Gleichzeitig sollten Apotheker Betroffenen möglichst konkrete Empfehlungen zu schmerz- oder suchtmedizinischen Hilfsangeboten geben können. /

Pharmakon – Zeitschrift der DPhG

Abhängigkeit ist der Themenschwerpunkt der aktuellen Ausgabe von »Pharmakon«, der Zeitschrift für Mitglieder der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG). Sie enthält neben dem hier zusammengefassten Beitrag von Dr. Ernst Pallenbach unter anderem Artikel zur Genetik von Suchterkrankungen, zur Therapie der Tabak- beziehungsweise Alkohol-Abhängigkeit und zur Suchttherapie bei Kindern und Jugendlichen.

 

»Pharmakon« erscheint sechsmal jährlich. Jede Ausgabe hat einen inhaltlichen Schwerpunkt, der in mehreren Beiträgen aus unterschiedlichen Perspektiven aufbereitet wird. Ein kostenloses Abonnement ist in der DPhG-Mitgliedschaft inbegriffen. Die Zeitschrift ist auch als Einzelbezug erhältlich. Weitere Informationen finden Interessierte auf www.pharmakon.info.

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