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Arzneimittel

Höhere Sicherheit im Pflegeheim

15.01.2007  14:57 Uhr

Arzneimittel

<typohead type="3">Höhere Sicherheit im Pflegeheim

Von Birgit Masekowitz, Berlin

 

Dass in Pflegeeinrichtungen nicht alle Arzneimittel sachgemäß angewendet werden,  ist nicht neu. Eine Untersuchung des Arbeitskreises Sozialpharmazie in Hamm zeigt, wo Fehlerquellen liegen und bietet Verbesserungsvorschläge an.

 

Bereits im Jahr 2002 führten Amtsapotheker in Nordrhein-Westfalen in 37 Städten und Kreisen eine sozialpharmazeutische Untersuchung zu der Fragestellung durch, ob Bewohner in Alten- und Pflegeheimen die richtigen Arzneimittel erhalten. Das Ergebnis ließ bei 20 Prozent der beteiligten 122 Heime einen Verbesserungsbedarf erkennen. Daher organisierte der Arbeitskreis Sozialpharmazie im Auftrag der kommunalen Gesundheitskonferenz 2005/2006 erneuteine Erhebung für die Stadt Hamm. Ziel war es, Fehlerquellen im Umgang mit Arzneimitteln aufzuspüren. Stationäre Einrichtungen und ambulante Pflegedienste konnten freiwillig und kostenlos an der Untersuchung teilnehmen. Auf der 13. Jahrestagung der Gesellschaft für Arzneimittelanwendungsforschung und Arzneimittelepidemiologie (GAA) stellte Amtsapothekerin Dr. Ute Stapel aus Hamm die Studie vor.

 

Alle 17 Pflegeheime der Stadt sowie mehr als Hälfte der ambulanten Pflegedienste nahmen an der Erhebung teil. Bei den unangemeldeten Untersuchungen überprüfte Stapel unter anderem, wie viele Medikamente jeder Patient im Durchschnitt einnahm, von wie vielen Ärzten diese verordnet wurden sowie zu welchem Zeitpunkt und für wie viele Tage die Medikamente gestellt wurden. Sie kontrollierte weiterhin die Medikationsdokumentationen und die Lagerung der Arzneimittel. Im Anschluss unterrichtete sie die Einrichtungen über ihre individuellen  Ergebnisse. Veröffentlicht wurden diese in anonymer, zusammengefasster Form.

 

In Durchschnitt nahmen die Bewohner der Alten- und Pflegeheime 7,35 Arzneimittel als Dauermedikation ein. Im ambulanten Bereich lag der Durchschnittswert bei 6,5 Arzneimittel pro Patient. Als problematisch befand Stapel, dass die Medikamente überwiegend zu den Mahlzeiten gegeben wurden, ohne dass spezielle Anforderungen der jeweiligen Arzneiform Berücksichtigung fanden. Defizite stellte sie bei der korrekten Dokumentation von Arzneimittelgaben fest. Zwar hat sich in der Praxis größtenteils durchgesetzt, nur eine zentrale Dokumentation zu führen, dennoch existierten in 26 Prozent der Fälle mehrere Aufzeichnungen. Diese waren zudem zum Teil unleserlich oder unverständlich, da einige Eintragungen nicht zeitnah erfolgt waren.

 

Um die Qualität der Dokumentation zu beurteilen, verglich Stapel zum einen, ob diese mit dem Arzneimittelvorrat übereinstimmte. Zum anderen überprüfte die Amtsapothekerin, ob die gestellten Arzneimittel in den Patienten-Dosetten den dokumentierten Angaben entsprachen.

 

Der Vergleich mit dem jeweiligen Arzneimittelvorrat ergab sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich große Differenzen. Oft befanden sich zusätzliche Arzneimittel im Vorrat, die in der Dokumentation nicht vermerkt waren, während andere wie bestimmte Bedarfsarzneimittel fehlten. Vor allem in stationären Einrichtungen, in denen wirtschaftliche Vorgaben eine große Rolle spielen, bewahrte das Personal häufig bereits abgesetzte Arzneimittel auf.

 

Auch die Überprüfung der Arzneimittel in den Dosetten der Patienten war nicht befriedigend. Als häufigste Fehler entdeckte die Amtsapothekerin hier falsche oder falsch dosierte Arzneimittel. In einigen Fällen war auch eine versäumte Eintragung in der Dokumentation oder ein falscher Vergabezeitpunkt Ursache der Unstimmigkeit.

 

Als Grund für das Verwechseln von Arzneimitteln vermutet Stapel das teilweise sehr unterschiedliche Aussehen der verschiedenen Generika. Anders aussehende Verpackungen sowie eine veränderte Form und Farbe der Arzneimittel selbst führen zu Verunsicherungen des Pflegepersonals und stellen im hektischen Alltag eine bedeutende Fehlerquelle dar. Die Ursache für falsche Dosierungen sieht sie darin, dass Ärzte aus Kostengründen Medikamente mit hohen Dosierungen verordnen, die dann vom Pflegepersonal geteilt werden sollen. Dieses kenne sich aber oft mit speziellen Arzneiformen nicht aus. Ungeachtet ob es sich um magensaftresistente oder Retardtabletten, oder auch um Depotpflaster handelt: »es wird zerteilt, zerbröselt und geschnitten«.

 

Positivere Ergebnisse ergaben die Kontrollen zur Lagerung der Arzneimittel. Im stationären Bereich gab es diesbezüglich so gut wie keine Probleme. Etwas anders sah es bei den ambulanten Pflegediensten aus. Zufriedenstellend war, dass die Aufbewahrung personenbezogen, unter Verschluss und im vollständigen Packmaterial erfolgte. Entsprechende Lagerhinweise fanden Beachtung und die Arzneimittel wurden auch nicht dauerhaft in den Fahrzeugen deponiert. Nicht optimal waren allerdings fehlende Anbruchdaten auf flüssigen Zubereitungen. Weiterhin  wurden Aufbrauchfristen nicht eingehalten und Verfalldaten unzureichend kontrolliert.

 

Schulung für Pflegepersonal

 

Als zentrale Probleme stellte Stapel folgende Punkte heraus:

 

die unzureichende Dokumentation

die Verordnung wechselnder Generika

das Teilen von höher dosierten Arzneimitteln

die unzureichende Umsetzung der richtigen Einnahmezeitpunkte.

 

»Voraussetzung für eine Verbesserung dieser Kernpunkte ist eine Schulung des Pflegepersonals«, so Stapel. Hier sollte besonders die Bedeutung einer zentralen, einwandfreien Dokumentation vermittelt werden. Weiterhin müsse das Pflegepersonal dafür sensibilisiert werden, wie wichtig der richtige Einnahmezeitpunkt bei Arzneimitteln sei.

 

Als Hilfestellung würden die Apotheker in Hamm daher zukünftig, zumindest im stationären Bereich, in Absprache mit den Heimen die Arzneimittel gesondert kennzeichnen, die nicht mit dem Essen eingenommen werden sollten.

 

Als Rat und Bitte an die Ärztinnen und Ärzte empfiehlt Stapel, vor allem Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite in den Dosierungen zu verordnen, die auch vom Patienten eingenommen werden sollen. Weiterhin wies sie auf die Wichtigkeit hin, bei Generika immer das gleiche Präparat zu verordnen.

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