Augenärzte warnen vor kosmetischen Prozeduren am Auge |
Bei der Wimpernverlängerung werden künstliche Wimpern einzeln auf die vorhandenen Wimpern geklebt. Das kann akute lokale Reaktionen hervorrufen, die Wimpern aber auch langfristig schädigen. / © Adobe Stock/Yakobchuk Olena
Das Tragen von Augen-Make-up gehört für viele Menschen zu einem gepflegten Äußeren dazu. Viele wollen Wimperntusche oder Lidstrich dabei aber nicht mehr täglich neu auftragen und ziehen längerfristige Lösungen vor – etwa in Form von Wimpernverlängerungen oder Lidstrich-Tätowierungen. Solche kosmetischen Behandlungen, die von Kosmetikstudios und Make-up-Artists angeboten werden, sind jedoch nicht unbedenklich, wie die DOG in einer Pressemitteilung warnt.
So können Wimpernverlängerungen akute, aber auch chronische Nebenwirkungen auslösen. »Zu den häufigsten akuten Störungen zählt das behandlungsbedürftige allergische Kontaktekzem am Lidrand, meist ausgelöst durch den verwendeten Klebstoff«, berichtet Professorin Dr. Elisabeth M. Messmer von der Augenklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München. Auch infektiöse Entzündungen des Lidrands und der Bindehaut würden beobachtet.
»Ein langfristiger negativer Effekt ist die Verkalkung der Wimpernbasis sowie der Verlust von eigenen Wimpern durch eine Verletzung am Haarschaft«, so die Expertin. Schwerwiegende Nebenwirkungen wie eine Hornhauterosion oder eine Infektion der Hornhaut seien selten. Unbedingt zu bedenken: Wimpern-Extensions können während kleinerer Eingriffe am Auge, bei denen zur Blutstillung mit Hitze gearbeitet wird, in Flammen aufgehen. »Sie müssen daher vor einer Augenoperation entfernt werden«, betont Messmer.
Wer sich einen Lidstrich als Tattoo stechen lässt, muss nach der Behandlung mit Lidschwellungen und -rötungen rechnen – diese Folgen sind nach Tätowierungen normal und klingen in der Regel nach Stunden bis Tagen wieder ab. »Es können aber auch allergische Reaktionen in Form von Ekzemen auftreten oder langwierige Entzündungen«, zählt Messmer auf. »Auch Infektionen mit Staphylokokken, Streptokokken, Hepatitis und HIV sind beschrieben, vor allem bei unhygienischem Arbeiten.«
Untersuchungen zeigen ferner, dass Lidstrich-Tattoos längerfristig die Talgdrüsen des Lidrandes schädigen, die für den öligen Tränenfilm verantwortlich sind, und somit zu einem Trockenen Auge führen können; Tattoos stehen außerdem im Verdacht, Schuppenflechte und Neurodermitis zu verschlechtern. Zu den weiteren vermeidbaren Komplikationen gehören chemische Verätzungen und mechanische Verletzungen im Bereich des Auges durch die Behandelnden.
Messmer weist darauf hin, dass keine Berufsausbildung zur Kosmetikerin erforderlich ist, um sich im Bereich Permanent Make-Up selbständig zu machen. »Schulungen umfassen oft nur wenige Tage, anschließend erhalten die Absolventen ein Zertifikat, das die Qualifikation offiziell bestätigt«, berichtet die Augenexpertin. Und auch, wenn Einmalnadeln verwendet und Farben von vertrauenswürdigen Herstellern bezogen werden, enthalten moderne Tattootinten Pigmente mit Bestandteilen wie Antimon, Cadmium, Eisen, Chrom, Cobalt, Nickel und Arsen. »Es handelt sich bei Tattootinten somit um potenziell äußerst toxische Substanzen«, stellt Messmer fest. Sie rät von Wimpernverlängerung und Lidstrich-Tattoo daher ab.
»Vor drei weiteren kosmetischen Prozeduren an der Binde- und Hornhaut ist aus augenärztlicher Sicht sogar dringend zu warnen«, so die Ophthalmologin. Dazu zähle die I-Brite-Prozedur, eine Behandlung, die eine komplette Weißfärbung bei chronisch geröteter Bindehaut verspricht. »I-Brite kann schwerste Komplikationen wie Geschwüre der Horn- und Bindehaut, Ausdünnen der Lederhaut oder eine Schädigung der Augenmuskeln mit Doppeltsehen auslösen«, erläutert Messmer.
Ebenso warnt sie vor Augapfel-Tattoos, bei denen die gesamte weiße Bindehaut farbig tätowiert wird. »Nach dieser Form des Tattoos wurden Verletzungen beschrieben, die zum Augenverlust führten«, so Messmer.
Neuerdings lässt sich sogar der Wunsch erfüllen, die Augenfarbe zu ändern – mittels Keratopigmentierung. Dabei macht der Augenchirurg einen Laserschnitt, klappt die vordere Schicht der Hornhaut um und bringt ringförmig Farbpigmente in die mittlere Hornhautschicht ein.
Nach diesem Eingriff wurden nicht nur Probleme mit der Farbpigmentierung beklagt. »Es wurden auch funktionelle und anatomische Probleme berichtet wie störende Lichtempfindlichkeit, Reduktion von Kontrastwahrnehmung, Verlust von Endothelzellen der Hornhaut, Trockenes Auge, Bildung von Gefäßen und behandlungsbedürftige Aussackungen an der Hornhaut«, sagt Messmer. Inzwischen warnt auch die American Academy of Ophthalmology, der weltweit größte Verband von Augenärztinnen und Augenärzten, vor diesem Verfahren zu kosmetischen Zwecken.
In jedem Fall sollte man Alarmzeichen nach einer kosmetischen Prozedur am Auge ernst nehmen. »Wenn Lid- oder Augenrötung länger als wenige Tage anhalten, sollte man umgehend eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen«, empfiehlt die Expertin. »Das gilt auch für Schmerzen nach der Prozedur oder eine Sehbeeinträchtigung.«