Auf welche Apothekendaten will die EU zugreifen? |
Jennifer Evans |
19.10.2022 13:00 Uhr |
Grundsätzlich gilt: Wer als Unternehmen oder Forschender künftig Zugang zu den Daten erhalten möchte, muss sich eine Genehmigung einholen. Die Erlaubnis dazu erteilt eine Zugangsstelle für Gesundheitsdaten, die jeder EU-Mitgliedstaat selbst einrichten muss. Nach dem Willen der EU gibt es nur dann grünes Licht für eine Datennutzung, wenn der Antragsteller die angeforderten Informationen lediglich zu bestimmten Zwecken, in garantiert geschlossenen Umgebungen und ohne jedweden Bezug zur Identität des Patienten nutzen will. Solche zulässigen Zwecke für eine Sekundärnutzung sind unter anderem die Bereiche Forschung, Statistik, personalisierte Gesundheitsversorgung und Produktentwicklung. Ausgeschlossen soll die Nutzung ausdrücklich für Werbungs- oder Vermarktungszwecke sowie die Preiskalkulation von Versicherungen sein.
Der EHDS ist im Übrigen einer der zentralen Bausteine der europäischen Gesundheitsunion, die die EU-Kommission in den kommenden Jahren aufbauen will. Ziel dieser Gesundheitsunion ist es, zum einen für den Gesundheitsschutz der Europäer zu sorgen und zum anderen den Mitgliedstaaten eine gemeinsame Reaktion auf grenzüberschreitende Gesundheitskrisen möglich zu machen. Die EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides bezeichnete den EHDS als einen »grundlegenden Umbruch im digitalen Wandel der Gesundheitsversorgung in der EU«. Grundlagen dafür sollen bis zum Jahr 2025 stehen.
Nicht zu vergessen ist: Das EHDS-Großprojekt wird auch die Gesundheitswirtschaft ankurbeln, in dem beispielsweise ein Binnenmarkt für Gesundheitsdienste und -produkte entstehen wird. Zugleich können sich die Hersteller demnächst aber auch auf dieselben Rahmenbedingungen verlassen.
Die Apotheken betrifft die geplante Primärnutzung der Gesundheitsdaten in Zusammenhang mit ihrem Angebot an pharmazeutischen Dienstleistungen. Für diese Leistungen müssen sie naturgemäß gewisse Eckdaten der Patienten abfragen und speichern. Als Angehörige der Gesundheitsberufe dürfen sie bald aber auch auf Patientendaten aus dem EU-Ausland zugreifen. Darüber hinaus können Nutzer aus dem In- und Ausland freiwillig weitere Informationen an Gesundheitsdienstleister übermitteln, also auch an Apotheken. Das erscheint im Sinne einer sicheren Patientenversorgung auch durchaus sinnvoll zu sein.
Allerdings bedeutet das gleichzeitig: Die Offizinen werden zu Dateninhabern. Aufgrund dieser Tatsache kann es sein, dass die Datenbestände einer Apotheke künftig im Rahmen der Sekundärnutzung von Interesse sind. Folglich können Dritte bei berechtigtem Interesse den Zugang zu den Daten beantragen. Generell lagert viel interessantes Material in einer Vor-Ort-Apotheke – von E-Patientenakten und Abrechnungsdaten über Informationen aus Registern für Arzneimittel oder Medizinprodukte bis hin zu humangenetischen Daten oder klinischen Prüfdaten.