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Umweltaspekt berücksichtigen

Arzneistoffwahl mit gutem Gewissen

Weltweit sind Gewässer mit Arzneistoffen verunreinigt. Die EU will dagegen mit einem strategischen Ansatz vorgehen, doch der wird das Problem allein nicht lösen. Idealerweise ist bereits bei der Wahl des Arzneimittels an seine Umweltgefährlichkeit zu denken.
Annette Rößler
19.05.2021  07:00 Uhr

Alternativen für Diclofenac

Diclofenac ist eines der Paradebeispiele für umweltkritische Arzneistoffe. Es gelangt nicht nur aus abgewaschenen Schmerzsalben ins Abwasser, auch nach oraler Anwendung wird ein Großteil der Substanz unverändert wieder ausgeschieden. Der Wirkstoff zählt sowohl im OTC- als auch im Rx-Bereich zu den beliebtesten Analgetika und Antiphlogistika – mit entsprechend hohen Absatzzahlen. Im Klärwerk wird das nicht steroidale Antirheumatikum (NSAR) nur zu einem Zehntel herausgefiltert. Die Belastung der Gewässer mit Diclofenac ist daher hoch. Das ist sehr bedenklich, weil Diclofenac bei Tieren zu Leber- und Nierenversagen führen kann.

Ein Land, in dem das Problem der Gewässerbelastung durch Arzneistoffe seit geraumer Zeit sehr ernst genommen wird, ist Schweden. Dort forderte Svenskt Vatten, die Organisation der kommunalen Wasserversorger, vor wenigen Monaten, Diclofenac aufgrund seiner schlechten Umweltverträglichkeit der Verschreibungspflicht zu unterstellen. Zuvor hatten die Messwerte für Diclofenac in Gewässern an mehreren Orten im Land oberhalb der als vertretbar eingestuften Grenze gelegen.

In Schweden ist Diclofenac wegen seines kardiovaskulären Risikos ohne Rezept schon jetzt nicht mehr in Form von Kapseln und Tabletten, sondern nur noch zur äußerlichen Anwendung erhältlich. Doch die Verwendung muss laut Svenskt Vatten möglichst noch weiter eingeschränkt werden. Schon eine kleine Tube Diclofenac-Gel reiche aus, um die Wassermenge von 60 Schwimmbecken mit einer Länge von 25 m zu kontaminieren, eine große Tube könne 232 solche Becken verunreinigen.

Ob Svenskt Vatten mit seinem Vorstoß Erfolg haben wird, wird sich zeigen. Das Bewusstsein für die Problematik ist jedenfalls in dem skandinavischen Land sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Ärzten vorhanden. Das wurde beim Vortrag der beiden Apothekerinnen Roswitha Abelin und Helena Ramström deutlich, die über ihre Arbeit bei der Gesundheitsbehörde der Region Stockholm berichteten.

Positivliste bewährt sich

In Schweden sind die Regionen (Landkreise) für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zuständig. In ihrem Auftrag erstellen Arzneimittelkomitees jedes Jahr Positivlisten, die für die einzelnen Indikationsgebiete bevorzugte Arzneistoffe benennen. In der Region Stockholm heißt diese Aufzählung Kloka Listan (zu Deutsch etwa »schlaue Liste«) und berücksichtigt seit 2005 auch Umweltaspekte. »Bei vergleichbarer medizinischer Wirksamkeit und Sicherheit sind Kosten- und Umweltverträglichkeitsprüfung abzuwägen und die günstigste Option zu wählen«, zitierte Abelin aus den Anweisungen für die Kloka Listan 2021.

Sie und Ramström sind an der Erstellung der Kloka Listan beteiligt. »Die aktuelle Ausgabe enthält noch 16 umweltschädliche Arzneistoffe, für die wir leider noch keine guten Alternativen finden konnten«, berichtete Abelin. Über die Liste lässt sich das Verordnungsverhalten der Ärzte tatsächlich steuern, denn diese sind anders als in Deutschland in der Regel nicht selbstständig niedergelassen, sondern arbeiten als Angestellte in Gesundheitszentren. Um von der Region Stockholm bezahlt zu werden, müssen sie mit dieser einen Vertrag abschließen, in dem sie sich dazu verpflichten, mindestens 80 Prozent ihrer Verordnungen gemäß der Kloka Listan zu tätigen. Andernfalls drohen Vertragsstrafen.

In Deutschland würden sich bei einer solchen Regelung wahrscheinlich viele Ärzte gegängelt fühlen. Nicht so in Schweden: »Die Ärzte sehen das positiv, weil sie sich darauf verlassen können, dass sie mit der Auswahl der Medikation richtig liegen, wenn sie sich an der Kloka Listan orientieren«, sagte Abelin.

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