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ARZNEISTOFFE

Cytisin|Asmoken®|39|2020

STOFFGRUPPE
39 Entwöhnungsmittel/Mittel zur Behandlung von Suchterkrankungen
WIRKSTOFF
Cytisin
FERTIGARZNEIMITTEL
Asmoken®
HERSTELLER

Aflofarm

MARKTEINFÜHRUNG (D)
12/2020
DARREICHUNGSFORM

1,5 mg Tabletten

ATC-CODE
N07BA04
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Asmoken ist zugelassen zur Verminderung des Verlangens nach Nikotin bei Rauchern, die willens sind, mit dem Rauchen aufzuhören. Das Ziel der Behandlung ist die dauerhafte Beendigung des Konsums Nikotin-haltiger Produkte.

Wirkmechanismus

Cytisin ist ein pflanzliches Alkaloid, das unter anderem in den Samen des Goldregens (Laburnum) vorkommt. Wie das strukturell ähnliche Alkaloid Nikotin wirkt es über die Aktivierung von nicotinischen Acetylcholinrezeptoren (nAChR), wobei die Wirkung generell schwächer ist und Cytisin in geringerem Ausmaß ins zentrale Nervensystem übertritt. Aufgrund seiner höheren Bindungsaffinität zu den nAChR verdrängt Cytisin aber Nikotin allmählich von den Rezeptoren. An nAChR vom Typ α4β2, deren Stimulation für das Abhängigkeitspotenzial von Nikotin hauptverantwortlich gemacht wird, wirkt Cytisin als partieller Agonist.

 

Es wird vermutet, dass Cytisin die vollständige Nikotin-abhängige Aktivierung des mesolimbischen Dopaminsystems verhindert, dafür aber eine mäßige Steigerung der Dopaminspiegel im Gehirn bewirkt. Dadurch werden die zentralen Symptome des Nikotin-Entzugs gelindert. Auch peripher mildert es die Entzugssymptome, führt aber auch reflektorisch zu einer Atemstimulation und einer gesteigerten Catecholamin-Ausschüttung aus der Nebenniere, wodurch der Blutdruck steigt.

Anwendungsweise und -hinweise

Eine Behandlung mit Asmoken dauert 25 Tage. In dieser Zeit wird das Medikament nach einem bestimmten Schema herabdosiert. Begonnen wird mit einer Tablette alle zwei Stunden und maximal sechs Tabletten am Tag, bis zuletzt ab dem 21. Tag nur noch ein bis zwei Tabletten pro Tag eingenommen werden. Spätestens am fünften Behandlungstag soll der Patient völlig mit dem Rauchen aufhören. Während der Therapie sind Zigaretten und andere Nikotin-haltige Produkte tabu, da sie die Nebenwirkungen verstärken können. Gelingt es dem Patienten nicht, mit dem Rauchen aufzuhören, sollte die Behandlung abgebrochen werden. Nach zwei bis drei Monaten kann dann ein neuer Versuch gestartet werden.

 

Nicht empfohlen wird die Anwendung bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sowie bei Personen über 65 und unter 18 Jahren.

 

Nur mit besonderer Vorsicht angewendet werden darf Asmoken bei koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, Hypertonie, Phäochromozytom, Atherosklerose und anderen peripheren Gefäßerkrankungen, Magen-/Duodenalulzera, gastroösophagealem Reflux, Hyperthyreose, Diabetes und Schizophrenie.

 

Da depressive Verstimmungen, teilweise bis hin zur Suizidalität, als mögliche Folge des Nikotin-Entzugs auftreten kann, sollten Patienten vor Beginn der Therapie hierzu aufgeklärt werden, besonders wenn es eine entsprechende Vorgeschichte gibt.

Wichtige Wechselwirkungen

Ein Rauchstopp kann den Metabolismus von Arzneistoffen verändern, die über CYP1A2 (und CYP1A1) abgebaut werden. Die polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe im Tabakrauch induzieren diese Enzyme. Dieser Effekt entfällt nach dem Rauchstopp. Deshalb können sich die Blutspiegel von Arzneistoffen, die über diese Enzyme verstoffwechselt werden, ändern. Beispiele sind Theophyllin und Clozapin.

 

Asmoken darf nicht zusammen mit Tuberkulostatika angewendet werden.

Nebenwirkungen

Sehr häufige Nebenwirkungen in den Studien zu Cytisin waren Veränderungen des Appetits und Gewichtszunahme, Benommenheit, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Angstzustände, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Tachykardie, Hypertonie, Mundtrockenheit, Diarrhö, Übelkeit, Veränderung des Geschmacksempfindens, Sodbrennen, Obstipation, Erbrechen, Bauchschmerzen, Hautausschlag, Myalgien und Fatigue.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Nicht angewendet werden darf Cytisin bei Patienten mit instabiler Angina pectoris, kürzlich durchgemachtem Herzinfarkt oder Schlaganfall, klinisch relevanten Arrhythmien sowie Schwangerschaft und Stillzeit.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Zwei wichtige Studien, in denen die Wirksamkeit von Cytisin gezeigt werden konnte, erschienen in den Jahren 2011 und 2014 im Fachjournal »New England Journal of Medicine«. Die erste war ein Vergleich mit Placebo mit 740 Teilnehmern (DOI: 10.1056/NEJMoa1102035). Nach zwölf Monaten waren in der Cytisin-Gruppe noch 31 Probanden rauchabstinent (8,4 Prozent) und in der Placebogruppe noch 9 (2,4 Prozent).

 

Die zweite Untersuchung war eine Nicht-Unterlegenheitsstudie, in der Cytisin mit einer Nikotin-Ersatztherapie (Pflaster, Kaugummis und Pastillen) verglichen wurde (DOI: 10.1056/NEJMoa1407764). Nach einem Monat gaben von den 655 Teilnehmern in der Cytisin-Gruppe 264 an, noch abstinent zu sein (40 Prozent), während es von den 655 Teilnehmern in der Nikotin-Gruppe 203 waren (31 Prozent). Cytisin war der Nikotin-Ersatztherapie bezüglich der kontinuierlichen Abstinenz sowohl nach einer Woche als auch nach zwei Monaten und sechs Monaten überlegen.

Besonderheiten

Asmoken ist verschreibungspflichtig.

Formeln

Die dreidimensionale Strukturformel können Sie mit einem kostenlosen Zusatzprogramm aus dem Internet, zum Beispiel Cortona von Parallelgraphics, ansehen (externer Link).

cytisin.wrl

Weitere Hinweise

Frauen im gebärfähigen Alter müssen während der Behandlung zuverlässig verhüten. Cytisin ist während der Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert.

Vorläufige Bewertung

Schrittinnovation

Letzte Aktualisierung: 05.01.2021

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