Arzneimittel für neuartige Therapien im Fokus |
Laura Rudolph |
08.06.2023 14:30 Uhr |
Professor Dr. Thomas Klingebiel war bis 2021 Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Uniklinikums Frankfurt. Beim Pharmacon gab er einen Überblick über Arzneimittel für neuartige Therapien. / Foto: Alois Müller
Zu Arzneimitteln für neuartige Therapien (Advanced Therapy Medicinal Products, ATMP) zählen Arzneimittel mit rekombinanten Nukleinsäuren wie CAR-T-Zelltherapeutika, somatische Zelltherapien und biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte (Tissue Engineering Produkte). Derzeit verfügen 18 ATMP über eine EU-Zulassung. Einen Auszug daraus beleuchtete Professor Dr. Thomas Klingebiel, Geschäftsführer der Hilfe für krebskranke Kinder Frankfurt am Main, in seinem Vortrag »Arzneimittel für neuartige Therapien: Perspektiven, Chancen, Herausforderungen« beim Fortbildungskongress Pharmacon in Meran.
Insbesondere pädiatrische Patienten seien häufig eine Zielgruppe von ATMP, so Klingebiel, der bis 2021 Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Uniklinikums in Frankfurt am Main war. So sind etwa CAR-T-Zelltherapeutika eine Option bei mehrfach rezidivierter oder refraktärer akuter lymphatischer Leukämie (ALL), wenn andere Therapien versagt haben.
ALL sei zwar insgesamt selten, aber die häufigste Krebsform bei Kindern. »Etwa 90 Prozent der pädiatrischen ALL-Patienten können durch eine Chemotherapie oder eine Knochenmarktransplantation kuriert werden«, sagte Klingebiel. Für die restlichen 10 Prozent komme dann möglicherweise eine CAR-T-Zelltherapie infrage, die sehr wirksam, jedoch auch reich an schweren Nebenwirkungen sei. Möglich seien neben anderen Nebenwirkungen etwa auch ein Zytokin-Freisetzungssyndrom sowie Neutro- und Zytopenien.
Einen weiteren Fokus setzte Klingebiel etwa auf mesenchymale Stromazellen (MSC), die »in der Onkologie insbesondere aufgrund ihrer entzündungshemmenden Eigenschaften von Interesse sind.« So könnten MSC etwa eine Graft-versus-Host-Reaktion (Transplantat-gegen-Wirt-Krankheit), die nicht auf Steroide anspricht, auch bei schweren Verläufen deutlich abmildern. Der Mechanismus sei im Detail nicht geklärt. MSC gehörten zu den ATMP, die über keine reguläre Zulassung verfügten, im Rahmen der sogenannten Hospital-Exemption-Prozedur jedoch eine begrenzte Zulassung erhalten hätten. Diese Ausnahmeregelung gilt für die individuelle Patientenbehandlung im Krankenhaus, wenn für den Patienten keine zentral zugelassene Behandlung oder klinische Studie verfügbar ist.