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Tapering-Strips

Arzneimittel absetzen leicht gemacht?

Eine niederländische Institution wirbt mit »Tapering-Strips«, die das Ausschleichen von bestimmten Arzneimitteln erleichtern sollen. Auch Ärzte in Deutschland können die Rezepturen bestellen. Viele Fragen zu dieser Off-Label-Anwendung sind aber noch offen.
Nicole Schuster
17.07.2020  08:00 Uhr

Rechtliche Bedenken

Grundsätzlich sollen mit den Tapering-Strips fast alle Reduktionsschritte, auch sehr kleine, möglich sein. Ein Dosierungsschritt kann auch über Wochen oder Monate erhalten bleiben. Kunden müssen für diesen Fall einfach mehrere Tapering-Strips derselben Dosierung bestellen (Bestellung erfolgt über die Homepage www.taperingstrip.de). Der Apotheker Paul Harder in der Regenbogen-Apotheke in Maastricht stellt die Arzneimittel mit der benötigten Wirkstoffmenge her.

Professor Dr. Martina Hahn, klinische Pharmazeutin der Dr. Amelung Privatklinik Königstein in Königstein im Taunus gibt im Gespräch mit der PZ zu bedenken: »Bei diesen Zubereitungen handelt es sich um Individualrezepturen beziehungsweise  -defekturen. Es ist fraglich, ob diese überhaupt aus dem Ausland bestellt werden dürfen. Die Erlaubnis gemäß § 73 des Arzneimittelgesetzes, Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland zu verbringen, gilt nur für Fertigarzneimittel.«

Welche Wirkstoffe verfügbar sind, ist online einsehbar: www.taperingstrip.de/verschreibung-und-bestellung/. »Interessant ist, dass auch Opioide, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, als Tapering-Strips bestellt werden können«, sagt die Expertin. Auch hier seien rechtliche Bedenken angebracht.

Das Bestellformular ist online herunterzuladen. Arzt und Patient sollen es gemeinsam ausfüllen und dabei das gewünschte Ausschleichschema festlegen.

Randomisierte Studien fehlen

Eine Studie aus 2018, veröffentlicht im Journal »Psychosis«, soll belegen, dass das Prinzip, die Arzneimitteldosis mit Tapering-Strips zu reduzieren, funktioniert (DOI: 10.1080/17522439.2018.1469163). Die Wissenschaftler prüften das Konzept bei Patienten, die Antidepressiva anwendeten und absetzen wollten. Am häufigsten nahmen die Versuchsteilnehmer Paroxetin und Venlafaxin ein, die mittlere Dauer des Antidepressivum-Konsums betrug zwei bis fünf Jahre. Bei der Beobachtungsstudie zeigte sich, dass mehr als zwei Drittel (71 Prozent) der 895 Patienten, die ihr Arzneimittel absetzen wollten, das Antidepressivum vollständig reduzieren konnten. Die Autoren schlussfolgern, dass Tapering-Strips eine einfache und effektive Methode darstellen, um eine schrittweise Dosisreduktion zu erreichen.

Zu bemängeln ist allerdings, dass eine Kontrollgruppe fehlte, die ihr Medikament mit einer klassischen Reduktionstherapie absetzt. Das Vorgehen mit einem sehr kleinschrittigen Absetzen wie mit den Tapering-Strips kann laut Hahn zudem auch nicht als evidenzbasiertes Vorgehen betrachtet werden.

Ein Tapering-Strip mit in der Dosierung abnehmenden Tagesdosen kostet durchschnittlich 77 Euro, eine Tagesdosis also 2,75 Euro. Daneben gibt es noch Stabilisierungsstreifen mit Tabletten einer festen Dosierung für 38,50 Euro. Es ist zum jetzigen Zeitpunkt eher unwahrscheinlich, dass die Gesetzlichen Krankenkassen für die Kosten aufkommen. Betroffene sollten sich darauf einstellen, die Therapie selbst bezahlen zu müssen.

Zu Problemen kann es kommen, wenn Patienten bislang retardierte Arzneiformen einnahmen. Dazu die klinische Pharmazeutin: »Es ist schwer vorstellbar, wie eine Apotheke retardierte Arzneimittel, etwa retardierte Mikropellets, in verlässlichen Dosierungen herstellen will. Nehmen Patienten ihr Medikament plötzlich in unretardierter Form, kann sich das negativ auf die Verträglichkeit auswirken.« Für die Praxis ist auch zu bedenken, dass Betroffene Arzneimittel verlieren können oder länger als geplant dieselbe Dosierung benötigen. »Bis ein neuer Tapering-Strip hergestellt und verschickt ist, dauert es laut Angaben des User Research Centre NL ungefähr eine Woche. Unklar ist, wie Patienten bei akuten Absetznebenwirkungen diese Wartezeit überbrücken sollen.«

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