ARZ Haan gibt Entwarnung |
Alexander Müller |
06.11.2023 16:20 Uhr |
Ein weiterer Punkt beruhigt Bellinger: Das Verhältnis der Abrechnungskunden mit dem ARZ Haan sei klar strukturiert. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sei festgehalten, dass die Apotheken Rechtsinhaber der abzurechnenden Forderungen sind. Ebenso sei geregelt, dass das ARZ jeweils ein eigenes Abrechnungskonto unterhält, aus dem keine Beträge für anderweitige Geschäfte abgezogen werden dürfen. Das sei der wesentliche Unterschied zum damaligen Fall AvP. Bei der Pleite des Rechenzentrums im Herbst 2020 konnten tausende betroffene Apotheken eine Aussonderung ihrer Forderungen nicht durchsetzen – aufgrund der Vertragslage bei AvP.
Auf einen Umstand will Bellinger in diesem Zusammenhang aber doch hinweisen: Zahle die Krankenkasse an das Rechenzentrum aus, sei der Kostenträger endgültig von der Zahlungspflicht befreit. Daran änderten auch die AGB der Rechenzentren nichts. Werde nach der Zahlung des Kostenträgers an das Rechenzentrum vertragswidrig Geld entnommen, seien sämtliche Aussonderungsrechte automatisch nichts mehr wert. Diese Einschränkung gelte allerdings für alle Rechenzentren und sei hier nicht einschlägig. Bellinger deutlich: »Ich sehe aber beim ARZ Haan aktuell keinerlei Hinweise darauf, dass eine solche Schräglage gegeben wäre.« Ein Verlustgeschäft mit der Firma WDS sei nicht auszuschließen, würde sich aber wahrscheinlich auf Konzernebene bewegen. Dort dürfte die Kapitaldecke aber so opulent sein, dass das Unternehmen das wegsteckt.
Noventi teilt hierzu mit, dass als Konsequenz aus der AvP-Insolvenz in den AGB eine Zug-um-Zug-Abtretung eingeführt wurde. Danach gehe die abgetretene Forderung der Apotheke erst dann auf das Rechenzentrum über, wenn diese den korrespondierenden Auszahlungsbetrag erhalten hat. »Dies schließt das theoretische Risiko des Verlusts der Abrechnungsgelder für unsere Kundinnen und Kunden aus«, so ein Noventi-Sprecher. Die Frage nach einem Aussonderungsrecht in einer hypothetischen Insolvenz stelle sich gerade nicht.
Bellinger kritisiert, dass in einem so hochsensiblen Markt immer schnell negative Gerüchte im Umlauf seien. »Ich würde es aber für fatal halten, auf einen Pressebericht, dessen wirtschaftlichen Wahrheitsgehalt man von draußen gar nicht beurteilen kann, mit negativen Konsequenzen zu reagieren, wenn das Unternehmen selbst so gesund ist, dass es einen Störfall der publizierten Größenordnung bequem wegstecken können müsste«, so der Steuerberater.