Apotheker als Manager der Blutgerinnung |
Daniela Hüttemann |
18.10.2024 10:30 Uhr |
Bei einer stationären Behandlung sind häufig Antikoagulanzien mit im Spiel. Sie haben ein hohes Interaktionspotenzial, daher müssen sie immer im Zusammenhang mit der Gesamtmedikation des Patienten und dessen Risikofaktoren betrachtet werden. / © Getty Images/Science Photo Library/Digicomphoto
Antikoagulative Medikamente gehören bei Patienten mit Vorhofflimmern oder bei solchen, die bereits ein thromboembolisches Ereignis wie Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten haben, zum Therapiestandard. Dabei haben in den vergangenen Jahren die direkten oralen Antikoagulanzien (DOAK) wie Rivaroxaban, Apixaban und Dabigatran zunehmend die Vitamin-K-Antagonisten wie Phenprocoumon und Warfarin als Mittel der Wahl abgelöst.
»Es ist jedoch nicht nur kritisch, als Arzt die richtige Therapiestrategie für den einzelnen Patienten auszuwählen, sondern auch die Compliance im Blick zu behalten – hier spielt der Apotheker eine entscheidende Rolle«, meinte der Kardiologe Professor Dr. José Ramón Gonzales Juanatey vom Universitätsklinikum Santiago de Compostela, Spanien, kürzlich bei einem Webinar des Weltapothekerverbands FIP.
Er zitierte eine dänische Kohortenstudie aus dem Jahr 2021, in der die Therapieadhärenz bei Patienten mit Vorhofflimmern von 88,1 Prozent im ersten Jahr auf 72,0 Prozent nach vier Jahren sank. Gleichzeitig stieg das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall um 58 Prozent und für den kombinierten Endpunkt Schlaganfall/ schlaganfallbedingter Tod um 79 Prozent bei den non-adhärenten Patienten gegenüber denjenigen, die ihre Blutgerinnungshemmer regelmäßig einnahmen. Hier könnten Apothekenteams die Betroffenen mehr unterstützen, so der Kardiologe. Zudem sollten sie auch Wechselwirkungen im Blick haben, da diese Medikamente ein hohes Interaktionspotenzial haben.
Im Krankenhaus seien Apotheker mitunter analog zu Antibiotic-Stewardship-Programmen bereits in das Gerinnungsmanagement involviert, berichtete Apothekerin Allison E. Burnett, die sich am Universitätsklinikum New Mexico, USA, darauf spezialisiert hat. In den USA müssten deutlich mehr Menschen wegen einer unerwünschten Nebenwirkung durch Antikoagulanzien in die Notaufnahme als durch Opioide, verdeutlichte Burnett das Ausmaß der Problematik. Genau wie bei einer Antibiotika-Verordnung sollte im Krankenhaus auch bei den Antikoagulanzien immer ein Apotheker mit auf die Gesamtmedikation und die patientenindividuellen Daten wie die Nierenfunktion schauen.
Die Apothekerin berichtete nicht nur von ihrer eigenen Arbeit, sondern zitierte auch einen systematischen Review mit Metaanalyse, der erst vor Kurzem im »European Heart Journal – Quality of Care and Clinical Outcomes« erschienen ist. Dabei ging es um den Einfluss apothekergeführter Interventionen auf die Angemessenheit der Verordnung und klinische Outcomes antikoagulativer Therapien im Vergleich zur bisherigen Standardbehandlung. Dafür wurden 35 Studien eingeschlossen mit insgesamt 10.347 Patienten im Interventions- und 11.840 im Vergleichsarm.
Tatsächlich konnte die Angemessenheit der Verordnung von Gerinnungshemmern statistisch signifikant und sogar deutlich gesteigert werden: um den Faktor 3,43. Das Gesamtrisiko für eine Blutung reduzierte sich um 25 Prozent und die Rate der Krankenhauseinweisungen um 36 Prozent. Der Einfluss auf die Rate thromboembolischer Ereignisse und die Sterblichkeit war dagegen nicht signifikant.