Apotheker als Manager der Blutgerinnung |
Daniela Hüttemann |
18.10.2024 10:30 Uhr |
In den USA wird derzeit ein landesweites Population-Management-Dashboard für DOAK-Verordnungen implementiert, bei dem Apotheker ein Auge auf Off-Label-Dosierungen und Nebenwirkungen haben sollen. Tatsächlich wurden in einer Studie damit zwischen 6,9 und 8,6 Prozent solcher Fälle durch Apotheker gefunden. Zudem traten signifikant weniger thromboembolische Ereignisse und Schlaganfälle sowie weniger Nebenwirkungen in Form von Blutungen auf, zeigt ein aktueller Bericht im »Journal of the American Heart Association«. Darüber hinaus verkürzte sich durch Einbindung von Apothekern die Zeit bis zu einer Intervention erheblich, nämlich um 75 bis 85 Prozent. Mithilfe des Dashboards, das von Pharmazeuten entwickelt wurde, könne ein einzelner Apotheker rund 1000 Patienten monitoren, erklärte Burnett.
Ein weiteres Feld, für das Apotheker prädestiniert seien, auch in der ambulanten Versorgung, sei das Deprescribing einer unangemessenen Medikation. Durch pharmazeutische Intervention könnten dadurch unerwünschte Blutungsereignisse verhindert werden, zitierte Burnett weitere Fachpublikationen.
In den kommenden Jahrzehnten werden immer mehr Menschen eine antikoagulative Therapie benötigen. Dabei würden die Therapieregime komplexer und neuartige Arzneistoffe seien zu erwarten. »Apotheker sind genau die richtigen Ansprechpartner für ein optimiertes Antikoagulations-Management«, ist Burnett überzeugt.
Ein weiteres Beispiel für ein Anticoagulation-Stewardship-Programm lieferte Hadley Bortz, Senior Pharmacist bei Alfred Health in Melbourne, Australien. Dort wurde ein entsprechendes Programm bereits 2016 implementiert. Bortz obliegt dort nun das Management und die Aufsicht über den leitliniengerechten und kosteneffizienten Einsatz antikoagulativer Therapien von der Aufnahme bis zur Entlassung und auch bei ambulanten Patienten.
Sein typischer Tag im Krankenhaus umfasse tägliche Medikationsanalysen, Visiten und Konsile, das Management von Lieferengpässen, Datensammlung und -analyse inklusive Arzneimittelverbrauch, Erstellung und Aktualisierung interner Leitlinien, Mitwirkung an Forschungsprojekten und Studien sowie Schulung und Aufklärung von Patienten, Pflegekräften und medizinischem und pharmazeutischem Personal, berichtete Bortz.
In seinem Krankenhaus wurde ermittelt, dass Einlieferungen aufgrund unerwünschter Blutungsereignisse unter Antikoagulanzien (vor allem Warfarin) im Schnitt pro Patient 9000 australische Dollar kosteten (5500 Euro) und mit einer Mortalität von 12,5 Prozent verbunden waren. Im Rahmen des Programms wurden mehrfach Probleme beim Bridging (zeitweise Überbrückung einer Langzeit-Antikoagulation durch ein besser steuerbares Medikament vor einer OP) und verspätet angesetzte antikoagulative Therapien beobachtet, die teilweise mit einem Schlaganfall oder einer tödlichen Lungenembolie endeten. Die Rate an Blutungen unter Antikoagulanzien konnte dank des Programms kontinuierlich gesenkt werden, von 1,7 Episoden pro 1000 Patienten auf zuletzt 0,9.
Antikoagulanzien seien der häufigste Grund für medikationsbedingte Schäden und eine der fehleranfälligsten Arzneitherapien, betonte Bortz. Sowohl eine zu geringe als auch eine zu hohe Nutzung verursachten eine starke Belastung für das Gesundheitssystem. Apotheker könnten mit Stewardship-Programmen Verantwortung für Patienten und Ressourcen übernehmen – also auch helfen, Kosten zu sparen. »Es gibt immer etwas zu verbessern«, meinte der Apotheker.
Zumindest in Australien und den USA wachse derzeit das Bewusstsein dafür. Schließlich gebe es bereits genügend Evidenz, dass Anticoagulation-Stewardship-Programme die Mortalität und Morbidität genau wie die Kosten senken. Leider erfolge die Umsetzung derzeit noch sporadisch und sei noch kein nationaler Standard.