Apotheken tun nicht genug für den Klimaschutz |
Melanie Höhn |
10.05.2023 16:00 Uhr |
Das Gutachten zeigt Vorteile, Hemmnisse, Leuchttürme und Handlungsempfehlungen beim Thema Klimaschutz und Nachhaltigkeit für Apotheken auf. / Foto: imago images/Future Image
Dass das Gesundheitswesen in Deutschland eine nicht unbedeutende Rolle beim Thema Nachhaltigkeit hat und mit etwa 5 Prozent zu den Treibhausgas-Emissionen beiträgt, ist inzwischen bekannt. Nun hat die unabhängige und gemeinnützige Stiftung Viamedica diesen Bereich näher untersucht und das Gutachten »Ressourceneffizienz, Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen - Eine Bestandsaufnahme« im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erarbeitet. 15 Bereiche des Gesundheitswesens – darunter Apotheken, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen – und dort bereits umgesetzte Maßnahmen zu Ressourceneffizienz, Klimaschutz und ökologischer Nachhaltigkeit wurden im Rahmen des Vorhabens analysiert.
Das Gutachten zeigt Vorteile, Hemmnisse, Leuchttürme und Handlungsempfehlungen auf – die Ergebnisse sollen als Grundlage für die Planung weiterer Maßnahmen dienen. Die finanzielle Förderung des Projekts erfolgte durch das Bundesministerium für Gesundheit aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.
Im Bereich der Apotheken wurden insgesamt 57 Offizinen hinsichtlich nachhaltiger Aspekte untersucht. Das Fazit: In den Apotheken werde »noch recht wenig« zu Klimaschutz, Ressourceneffizienz und ökologischer Nachhaltigkeit umgesetzt, wie es in dem Gutachten heißt. Es gebe viele andere brennende Themen wie etwa Personalnot, weshalb der Klimaschutz »eher als nachrangig betrachtet« werde. Beim Deutschen Apothekertag 2022 wurden zudem viele Anträge zum Thema Klimaschutz und ökologische Nachhaltigkeit eingebracht und besprochen. Das zeige, dass das Thema langsam eine größere Beachtung finde, resümieren die Autoren.
Des weiteren gibt das Gutachten einige Handlungsempfehlungen. »Das Thema ökologische Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz ist in der Geschäftsführung zu verankern«, fordert ViaMedica. »Es sollten konkrete Ziele festgelegt und die notwendigen Maßnahmen dann von der Geschäftsführung gemeinsam mit dem Team umgesetzt werden. Verantwortliche für Umweltschutz und ökologische Nachhaltigkeit sind zu benennen, die von der Geschäftsführung unterstützt werden«, heißt es in dem Gutachten weiter.
Apotheken wird empfohlen, mit den einfach und schnell umsetzbaren Maßnahmen zur ökologischen Nachhaltigkeit zu beginnen. »Bei manchen Bereichen wie beispielsweise Energie ist es ratsam, sich von einem externen Berater Unterstützung zu holen, um sinnvolle Maßnahmen zu identifizieren und richtig umzusetzen«, so die Autoren. Auch Handreichungen und Checklisten zu Nachhaltigkeitsmaßnahmen seien wichtige Hilfsmittel. Eine Checkliste für niederschwellige Maßnahmen speziell für Apotheken hat die Initiative »Pharmacists for future« veröffentlicht und zum kostenlosen Download auf ihre Webseite gestellt. Hier können sich Apothekerinnen und Apotheker Anregungen zu Klimaschutz und ökologischer Nachhaltigkeit holen. Zudem seien die Integration von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in das Qualitätsmanagement sowie die Implementierung des Themas Nachhaltigkeit in die Ausbildung und in das Studium wichtige Punkte.
Weiterhin wird in dem Gutachten erläutert, dass das hohe Vertrauen in Apotheken dazu genutzt werden könne, eine klimasensible Kundenberatung mit Informationen zur richtigen Entsorgung von Medikamenten anzubieten. Dies könne die Bereitstellung von Informationen zur Hitzeanpassung bei der Medikation oder die Beratung zu klimafreundlichem Verhalten, das auch die Gesundheit fördert, beinhalten.
Weitere Handlungsempfehlungen, welche die ABDA aus einer Umfrage zusammengetragen hat, seien Förderprogramme für klimaneutrale und nachhaltige Investitionen, eine Gesetzgebung zur Vermeidung und Verminderung von Arzneimittelrückständen in der Umwelt sowie Aufklärungskampagnen für klimaneutrales und nachhaltiges Verhalten. Transparenz sollte auch bei der Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeitsbilanz von Medikamenten eingeführt werden. Die Daten sollten nicht nur von den Herstellern kommen, sondern unabhängig geprüft und dann veröffentlicht werden.
Zudem kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass das Beachten von Klimaschutz und ökologischer Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil bei der Anwerbung von Beschäftigten gesehen werden könnte. In Bewerbungsgesprächen würden beispielsweise Bewerberinnen und Bewerber nachfragen, was die Apotheken im Bereich Klimaschutz tun. Als Hemmnisse bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen werden ein zu hoher Zeit- und Kostenaufwand und ein Mangel an zeitlichen und personellen Ressourcen genannt. Weiterhin wird der Mangel an nachhaltigen Alternativen und an Informationen zu nachhaltigen Alternativen als Hemmnis aufgelistet. So gebe es für Medikamente kaum Nachhaltigkeitsbilanzen und es fehle Transparenz zur Umweltverträglichkeit. »Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss nur für neu zugelassene Medikamente durchgeführt werden und diese wird von den Herstellern selbst durchgeführt und muss nicht veröffentlicht werden. Somit kann sie nicht überprüft werden«, erklären die Autoren.
Ein weiteres Hemmnis zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen sei eine zu geringe Unterstützung durch die öffentliche Hand. Es fehle beispielsweise an Informationen zu den Optionen für die Umsetzung von ökologisch nachhaltigen Maßnahmen. Da die Apotheken häufig in gemieteten Räumen untergebracht seien, können energetische Gebäudesanierungen nicht selbst durchgeführt werden, was ein weiteres Hemmnis darstelle.