Apotheken sollen jede Packung Ozempic öffnen |
Alexander Müller |
11.10.2023 18:50 Uhr |
Die Abbildung zeigt die gefälschte Primärverpackung (unten), deutlich zu unterscheiden vom Original (oben). / Foto: BfArM/Novo Nordisk
Bisher liegen laut BfArM keine Erkenntnisse vor, dass die Fälschungen Patientinnen oder Patienten erreicht haben. »Es ist jedoch weiterhin nicht auszuschließen, dass sich gefälschte Arzneimittel in Deutschland in der Vertriebskette befinden«, so die Behörde. Die bisher identifizierten Fälschungen seien nur schwer bis gar nicht an der Sekundärverpackung (also dem Umkarton) vom Original zu unterscheiden, sondern nur an der Primärverpackung (dem Pen).
Daher werden jetzt die Apothekerinnen und Apotheker gebeten, »bis auf Weiteres vor der Abgabe des Arzneimittels an Patientinnen und Patienten die Primärverpackung auf ihre Echtheit zu prüfen«. Das BfArM stellt dazu Fotos zum Vergleich bereit (siehe Abbildung oben).
Das BfArM weist auch noch einmal deutlich darauf hin, dass Packungen, die einen Alarm im Securpharm-System auslösen, aufgrund der möglichen erheblichen Gesundheitsgefährdung nicht abgegeben werden dürfen. »Diese Arzneimittel sind umgehend zu quarantänisieren. Es sind ebenfalls umgehend die zuständigen Überwachungsbehörden zu informieren«, so die Anweisung an die Apothekenteams. Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) bittet ebenfalls um Meldung von Verdachtsfällen unter www.arzneimittelkommission.de.
Unauffällige Packungen von Ozempic können laut AMK dagegen weiterhin an Patienten abgegeben werden. »Da der Originalitätsverschluss zu oben genannten Prüfzwecken zerstört werden muss, sollten Patienten über die Hintergründe aufgeklärt werden«, schreibt die AMK. Die Argumentationshilfe könne der Leitlinie der Bundesapothekerkammer zu Qualitätssicherung: Prüfung und Lagerung der Fertigarzneimittel entnommen werden.
Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer, sagte die Unterstützung der Apothekenteams zu. »Die Apotheken sind DAS Sicherheitsnetz in der Arzneimitteltherapie. Das zeigt sich auch in diesem Fall, in dem das BfArM auf uns vertraut. Der Aufwand für die Apothekenteams ist nicht zu leugnen – aber den übernehmen wir aus Verantwortung für unsere Patientinnen und Patienten gerne.«
Das BfArM hat nach eigenen Angaben in Absprache mit den betroffenen Bundesländern die Koordination des Fälschungsfalles übernommen. In Baden-Württemberg ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft gegen einen Pharmagroßhändler. Er soll gefälschte Packungen des Diabetes-Medikaments vertrieben haben.
Nach aktuellem Kenntnisstand des BfArM sind Fälschungen bei Packungen der Stärke 1 mg (Produktcode: 04150153985573; Packungsgröße 3 Stück) auf Ebene des Großhandels identifiziert worden:
Das BfArM erklärt dazu weiter: »Da es sich um zwei Originalchargen des Arzneimittels handelt, sind nicht alle Packungen der oben genannten Chargen betroffen. Es ist zum aktuellen Zeitpunkt nicht auszuschließen, dass noch weitere Packungen auch mit anderer Chargenbezeichnung und Seriennummer oder auch anderer Wirkstärke betroffen sein könnten.«
Im Zentrum der Ermittlungen steht ein Pharmahändler in Baden-Württemberg. Die Firma aus dem Kreis Lörrach steht im Verdacht, mit den Fälschungen gehandelt haben, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Laut einer Anzeige des Regierungspräsidiums Freiburg kamen 199 Packungen ursprünglich von einem österreichischen Großhändler und seien Anfang September 2023 an einen weiteren Pharmahändler in Großbritannien geliefert worden. Dort seien die Arzneimittel als gefälscht erkannt worden.