Hersteller verärgert Heilberufler |
04.10.2004 00:00 Uhr |
Mit der zeitlichen Abfolge des Rückrufs machte sich das Unternehmen bei Apothekern und Ärzten wenig Freunde. Sie wurden erst Stunden nach den Analysten informiert. In manchen Apotheken und Arztpraxen waren die Patienten früher informiert als die Experten.
Auch der Deutsche Apothekertag rügte das Verhalten des Herstellers. Es sei fatal, wenn im Fernsehen über Arzneimittelrisiken berichtet wird, die Heilberufe aber mangels sachlicher Information nicht beraten können, empörte sich BAK-Präsident Johannes M. Metzger in der Hauptversammlung. In derselben Richtung äußerte sich ABDA-Präsident Hans-Günter Friese, dessen Statement über den ganzen Abend in den Nachrichtensendungen der großen Sender zu sehen war.
Die Rückrufmeldung war erst abends bei der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK) eingegangen, die am Freitagmorgen unverzüglich die Kammern und über PZ-Online auch die Apotheken informierte. Einstimmig verabschiedete die Versammlung eine Resolution (siehe Kasten).
Resolution Die Hauptversammlung der deutschen Apothekerinnen und Apotheker fordert die pharmazeutischen Unternehmer auf, bei Arzneimittelrisiken Ärzte und Apotheker unverzüglich zu unterrichten, um eine fachgerechte Information und Beratung betroffener Patienten sicherstellen zu können.
Anlässlich des aktuellen Rückrufs von Vioxx® (Rofecoxib) hat sich erneut gezeigt, dass Börse und Medien deutlich vor den Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe unterrichtet wurden. Die Apothekerschaft hält es für unverzichtbar, zumindest zeitgleich mit dem Kapitalmarkt informiert zu werden. Nur so können Verunsicherungen und weitere Gefährdungen von Patienten verhindert werden.
In Deutschland nehmen derzeit etwa 120.000 Menschen Vioxx. Das sagte Ottfried Zierenberg, medizinischer Direktor des Unternehmens MSD Sharp & Dohme in Haar bei München, das Vioxx in Deutschland vertreibt. Patienten, die Vioxx oder Vioxx Dolor nehmen, sollten mit ihrem Arzt über das Absetzen und mögliche Alternativen sprechen.
Die Zahl der Herzinfarkte, Schlaganfälle und anderer Gefäßkrankheiten sei bei der Gabe von Vioxx in der Einnahmezeit von 1,5 bis 3 Jahren doppelt so hoch gewesen wie bei der Gabe eines Scheinmedikaments (Placebo). Die Zahl der Todesfälle durch die Leiden sei jedoch im Vergleich zum Placebo nicht gestiegen, betonte das Unternehmen.
Die europäische Zulassungsbehörde EMEA wird nach der Rücknahme des Rheuma-Mittels Vioxx durch den US-Pharmakonzern Merck & Co. andere Medikamente mit ähnlichen Wirkstoffen überprüfen. Es gelte festzustellen, ob es ein Problem mit der gesamten Gruppe von Arzneimitteln gebe, erklärte ein EMEA-Sprecher am Freitag in London.
Die US-Arzneimittelbehörde FDA hatte am Vortag bereits einen ähnlichen Vorstoß angekündigt. Der Pharmakonzern Pfizer hatte daraufhin mitgeteilt, dass er sein eigenes Präparat Celebrex für sicher hält. Wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte, wurde bei einer von der US-Gesundheitsbehörde FDA in Auftrag gegebenen aktuellen Studie kein erhöhtes Risiko von Herzerzkrankungen festgestellt.
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