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DAV will Selbstmedikation weiter fördern

26.09.2005  00:00 Uhr

Expopharm 2005

Interview

DAV will Selbstmedikation weiter fördern

Mit mehr als 430 Ausstellern auf 20.000 Quadratmetern und mehr als 25.000 Besuchern liegt die Expopharm voll im Plan. Aus Sicht des DAV-Vorsitzenden Hermann S. Keller ist die steigende Präsenz der Hersteller von Selbstmedikationsarzneimitteln besonders erfreulich.

Während der Eröffnungsveranstaltung der Expopharm betonte Keller den besonderen Stellenwert, den der Deutsche Apothekerverband der Selbstmedikation einräumt. Das GKV-Modernisierungsgesetz habe zwar keine einfachen Rahmenbedingungen für die Selbstmedikation geschaffen. Die neuen Bestimmungen böten aber auch Chancen für den Ausbau der Selbstmedikation. So erwartet der DAV-Chef, dass sich die Patienten zunehmend daran gewöhnen werden, »stärker in die Pflicht für die eigene Gesundheit genommen zu werden«.

Der DAV habe deshalb im vergangenen Jahr entschieden, die Selbstmedikation in den Mittelpunkt der Arbeit zu rücken. Dabei geht es nicht in erster Linie um kommerzielle Interessen der Apotheker, sondern um die Förderung einer sinnvollen, aber von der GKV-Erstattung ausgeschlossenen Therapie. Keller: »Wir stellen fest, dass in zu vielen Fällen eine sinnvolle Arzneimitteltherapie unterbleibt.« Für die Apotheker bietet die Selbstmedikation auch die Möglichkeit, die Kompetenzen als Berater stärker in die Öffentlichkeit zu tragen. Keller machte auch deutlich, was OTC-Aktiv nicht sein soll: »Es wird mit uns keine Maßnahmen zur bloßen Abverkaufsförderung geben.«

Das Kernstück der OTC-Aktivitäten des Verbands sei das Programm OTC-Aktiv. Es soll Apothekern dabei helfen, ihre Kunden »vom Sinn einer eigenverantworteten, vom Apotheker begleiteten Therapie mit rezeptfreien Arzneimitteln zu unterstützen«. Informationen über das Programm bot die MGDA auf ihrem Expopharm-Stand an.

Auch wenn zwei Stunden später während der Eröffnung des Deutschen Apothekertages alle anwesenden Politiker betonten, dass keine kurzfristige Kostendämpfung nach der Regierungsbildung anstehe, ist Keller skeptisch. Grund ist der deutliche Anstieg der GKV-Arzneimittelausgaben. Es bestehe zwar kein Zweifel daran, dass die Apotheker an der Kostensteigerung unschuldig seien. Sie könnten nichts für die planmäßige Absenkung des Herstellerrabattes, den mangelnden Effekt der neuen Festbeträge oder die heftige Grippewelle zum Jahresanfang. Dies werde aber wohl nicht verhindern, »dass die Politik und die Krankenkassen mit dem Ziel einer Ausgabensenkung eingreifen werden«.

Statt neuer gesetzlicher Eingriffe könnten natürlich auch die Krankenkassen endlich aktiv werden. Keller verwies auf den Integrationsvertrag mit der Barmer Ersatzkasse und dessen Vorteil für die Kasse Rabattverträge mit Pharmaherstellern zu schließen. Die Apotheker unterstützten den Preiswettbewerb der Hersteller, auch weil er verhindere, dass die Strukturen des Apothekensystems durch einen ruinösen Wettbewerb zerstört würden.

Klare Worte fand Keller für den Angriff auf die Distributionsketten durch eine Pharmafirma, die alle Anwesenden als Pfizer identifizieren konnten, auch wenn der DAV-Chef sie namentlich nicht erwähnte: »Die gebündelte und zuverlässige Belieferung der Apotheken durch den vollversorgenden pharmazeutischen Großhandel ist eine Errungenschaft, die wir gemeinsam erhalten müssen.« Gleichzeitig betonte er aber auch, dass sich Industrie und Großhandel einig seien, die Arzneimittelsicherheit zu stärken. Der Schutz vor Arzneimittelfälschungen sei ebenso wichtig wie eine konstante Verfügbarkeit der Arzneimittel.

Doch gerade die Verfügbarkeit sei bei den Produkten einiger großer Hersteller nicht mehr vollständig gewährleistet. Grund dafür ist das mittlerweile eher niedrige Preisniveau vieler Arzneimittel. Sie werden deshalb ins Ausland exportiert, was in Deutschland Versorgungslücken verursacht. Keller kann die Probleme, die Pfizer als Begründung für die geplante Distributionsänderung nennt, teilweise nachvollziehen: »Wir beobachten mit großer Sorge, dass es öffentlichen Apotheken gerade bei einigen pharmazeutischen Solitären schwer fällt, die stetige Verfügbarkeit in der Apotheke sicherzustellen.« Diese Versorgungslücken könnten die Heilberufler nicht unberührt lassen.

Keller weiß, dass es vor allem Apotheker und Großhändler sind, die für den deutschen Markt bestimmte Arzneimittel ins höherpreisige Ausland verkaufen. Rechtlich sei dies nicht zu beanstanden. Keller erinnerte aber an den Auftrag der Apotheker, die Arzneimittelversorgung in Deutschland sicherzustellen. Damit sei der Export keinesfalls in Einklang zu bringen. Bei allem Verständnis für die Probleme der forschenden Industrie, hielt er die Forderung des Konzerns für gefährlich: »Es wäre fatal, wenn die geschilderten Probleme dazu genützt würden, das bewährte deutsche Distributionssystem für Arzneimittel vom Hersteller über den Großhandel hin zur Apotheke zu schwächen.«

Trotz der Kritik sucht der Deutsche Apothekerverband nicht den Konflikt mit Pfizer. Keller: »Wir befinden uns in Gesprächen mit unseren Partnern aus Industrie und Großhandel.« Beim Ziel einer weiteren Stärkung der Arzneimittelsicherheit seien sich alle Beteiligten einig. Die Abstimmung eines gemeinsamen Vorgehens sei aber noch schwierig. Er rechne dennoch mit einem gemeinsamen Lösungsvorschlag der drei Partner.

Unerfreulich ist die aktuelle Entwicklung bei der elektronischen Gesundheitskarte. Keller bedauerte, dass die zügige Einführung der Arzneimitteldokumentation immer wieder infrage gestellt werde. Mit ihr könnten die Apotheker »das pharmazeutische Management auf eine neue Qualitätsstufe heben« und damit dem Patienten erheblich nutzen. Allerdings erfordere dies aus Gründen des Datenschutzes, dass die Patientendaten nicht auf einem zentralen Server, sondern dezentral in einem gesicherten elektronischen Postfach gespeichert würden. Damit tun sich die Kassen schwer.

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