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Arzneimittelkosten

AOK fordert Reform der Preisbildung

Angesichts zunehmend hochpreisiger Arzneimittel-Therapien fordert die AOK eine Anpassung der Preisbildungssystematik. Das Modell Pay-for-Performance lehnt die Kasse aber ab.
Ev Tebroke
18.11.2020  13:44 Uhr

Zu lang, zu teuer zu ineffizient: Die AOK will das Preisbildungsverfahren bei neuen Medikamenten hierzulande grundlegend reformieren. Grund sind die immer höheren Kosten der neuartigen Therapien und die nach Kassenangaben zunehmend schwierige Finanzlage der Krankenkassen. Der Erstattungsbetrag soll direkt ab Markteintritt gelten, die Nutzenbewertung beschleunigt werden und bereits bei Zulassung beginnen, so die Forderungen der AOK, die sie in einem Positionspapier formuliert und heute im Rahmen eines Pressegesprächs präsentiert hat. 

In Deutschland gibt es für die Preisbildung von neuen patentgeschützten Arzneimitteln ein europaweit einmaliges Verfahren: Im ersten Jahr am Markt kann der Hersteller den Preis für sein neues Medikament selbst festlegen. Parallel startet beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) das Verfahren zur Nutzenbewertung. Im Anschluss daran verhandeln der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und das jeweilige Pharmaunternehmen die Höhe des Erstattungsbetrags. Basis ist der zuvor ermittelte Grad des Zusatznutzens, den das neue Präparat im Vergleich zur Standardtherapie hat.

Dieses Verfahren, das im Zuge des Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) 2011 zur Preisregulierung eingeführt wurde, ist aus Sicht der Kassen längst nicht mehr zeitgemäß. Denn in den letzten Jahren drängen zunehmend biotechnologisch hergestellte Arzneimittel auf den Markt, etwa in der Krebstherapie oder zur Behandlung von Stoffwechselerkrankungen. Diese hocheffizienten Therapien sind sehr kostspielig. Und mit der freien Preissetzung im ersten Marktjahr aus Sicht der Kassen zu Beginn oft auch überteuert. Die AOK hält eine Reform der Preisgestaltung für längst überfällig. Der Erstattungspreis soll direkt bei Markteinführung greifen und nicht erst 12 Monate später, betonte Sabine Richard, Geschäftsführerin der Abteilung Versorgung im AOK-Bundesverband heute im Rahmen des Pressegesprächs.

Immer öfter sechsstellige Arzneimittelpreise

Der Trend zu hochpreisigen Arzneimitteln belastet die Budgets der Kassen zunehmend. So erreichten laut AOK die GKV-Nettokosten für patentgeschützte Arzneimittel 2019 einen Höchststand von 21 Milliarden Euro, was einem Ausgabenanteil am Gesamtmarkt von 47,8 Prozent, aber einem Versorgungsanteil von nur 6,5 Prozent entspricht. »Sechsstellige Arzneimittelpreise für Neueinführungen werden immer öfter aufgerufen«, kritisierte Richard. Belief sich laut AOK-Statistik der durchschnittliche Packungspreis 2010 für Neueinführungen noch auf unter 2000 Euro, so lag er im vergangenen Jahr bei fast 14.000 Euro.

Um solchen Kostensteigerungen zu begegnen, fordert die AOK eine Reform des Preisbildungsprozesses. Statt eines willkürlichen Preises durch den Hersteller soll gleich bei Markteinführung eines neuen Präparats ein vorläufiger Preis gelten. Dieser Interimspreis sollte mittels eines nicht näher definierten Algorithmus errechnet werden und sich an den Kosten der zweckmäßigen Vergleichstherapie orientieren. Auch soll die Nutzenbewertung früher starten: Direkt nach Zulassung und somit bereits vor der Markteinführung. Das Preisbildungsverfahren will die AOK auf drei Monate verkürzen. Der finale Erstattungspreis soll dann rückwirkend den Interimspreis ersetzen – eventuelle Über- oder Unterzahlungen gelte es dabei auszugleichen.

Kooperation auf europäischer Ebene

Darüber hinaus fordert die AOK auch mehr Transparenz bezüglich der Arzneimittelpreise in anderen EU-Ländern. Denn bei den Erstattungsverhandlungen dienen diese als Referenzpreise. Bislang seien aber stets nur die Listenpreise bekannt, nicht die tatsächlichen Abgabepreise, so die Kritik. Es brauche daher eine »klare rechtliche Grundlage für die Möglichkeit und Ausgestaltung des Austauschs auf europäischer Ebene«.

Der Ruf nach einer Reform des AMNOG-Verfahrens ist nicht neu. Schön länger kritisieren Kassen die Systematik aufgrund der Marktentwicklungen als nicht mehr zeitgemäß. Zuletzt waren vor allem vonseiten der Pharmaindustrie auch andere Reformmöglichkeiten zur Preisfindung bei neuen Therapien im Gespräch, wie etwa das Modell Pay-for-Performance, also eine erfolgsabhängige Vergütung. Dabei muss die Kasse die Behandlung nur zahlen, wenn die Therapie den prognostizierten Behandlungserfolg gewährleisten konnte. Diese ergebnisorientierte Erstattung ist für die AOK jedoch keine Lösung. Diese Art der Preisgestaltung kaschiere nur die »Mondpreise« und führe zu intransparenten Arzneimittelkosten. »Konzeption, Umsetzung und Abrechnung dieser komplexen Vereinbarungen erfordern ein aufwändiges, individuelles Monitoring und erhöhen den Umsetzungsaufwand erheblich«, heißt es in dem heute veröffentlichten Positionspapier zu den Perspektiven der Arzneimittelversorgung 2020.

Die Bundesregierung hält bislang an dem AMNOG-Verfahren zur Regulierung der Arzneimittelkosten fest. Das Verfahren habe sich bewährt, heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP.  Es habe »allein im Jahr 2019 zu Einsparungen von etwa 3,6 Milliarden Euro geführt«.

 

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