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Was ist dran?

Antivirale Textilien zum Infektionsschutz

Ob Handschuhe, Masken oder Ummantelungen für Türklinken – in der Coronavirus-Pandemie werden aktuell zahlreiche Produkte mit vermeintlich antiviralen Textilien beworben. Da Vorteile nicht nachgewiesen und Nachteile zu befürchten sind, raten Experten aber davon ab.
AutorKontaktCarolin Lang
Datum 23.12.2020  12:00 Uhr

Prinzipiell gibt es verschiedene Ansätze, um textilen Stoffen eine antivirale Wirkung zu verleihen. Einer davon ist die Einbettung von Silber-Salzen in Textilien, die dann beispielsweise zu Fingerhüten, Handschuhen, Ummantelungen für Türklinken oder für Griffe von Einkaufswagen verarbeitet werden. Durch die antimikrobielle Wirkung des Silbers sollen die Produkte auch einer Verbreitung von SARS-CoV-2 über Oberflächen vorbeugen.

Dabei drängt sich zunächst einmal die Frage auf: Ist solch ein Schutz überhaupt nötig? Denn das Risiko für eine Schmierinfektion mit dem neuen Coronavirus scheint gering zu sein. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) gibt es bislang keine Fälle, bei denen nachgewiesen wurde, dass es durch Kontakt mit kontaminierten Oberflächen zu Infektionen beim Menschen kam. Allerdings könnten Schmierinfektionen über Oberflächen auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Definitive Aussagen darüber, wie lange SARS-CoV-2 auf Oberflächen infektiös ist, lassen sich bisher noch nicht treffen. In einer Publikation aus dem Oktober berichteten Wissenschaftler, dass überlebensfähige Viren bis zu 28 Tage lang auf Oberflächen wie Glas, Edelstahl und Vinyl nachweisbar waren (»Virology Journal«, DOI: 10.1186/s12985-020-01418-7). Generell scheint das Virus auf glatten Flächen länger infektiös zu bleiben.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hält den Einsatz solcher Produkte vor dem Hintergrund der vermutlich geringen Bedeutung der Schmierinfektion als Infektionstreiber für fraglich. Das sagte Jörg Feldmann von der Pressestelle der BAuA in einem Gespräch mit der PZ. Mit Händewaschen und Desinfektion von sowohl Händen als auch Oberflächen stünden außerdem sicherere Optionen zur Verfügung.

Antivirale Masken mit theoretischen Vorteilen

Auch Mund-Nasen-Bedeckungen mit antiviraler Wirkung werden inzwischen zahlreich beworben. Substanzen wie Nanosilber, Kupfer, Silberionen oder Polyhexanid sollen den Textilien dabei die Wirkung verleihen. In der Theorie hat das mehrere Vorteile: Die Maske würde nach der Entsorgung keine potenzielle Infektionsquelle mehr darstellen. Zudem könnte ein wirksamerer Schutz erreicht werden und die Maske länger getragen werden. Manche Hersteller postulieren sogar, dass Mikroorganismen in der Atemluft unschädlich gemacht würden und so auch das Umfeld des Trägers geschützt werde. Doch sind diese Vorteile auch praktisch vorhanden und bergen solche Materialen eventuell gesundheitliche Risiken für den Träger?

Die Antwort lautet: Es lässt sich bisher keine eindeutige und befriedigende Aussage dazu treffen. Aus Sicht des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sind einige Fragen zum Risiko der eingesetzten antimikrobiellen Substanzen bisher ungeklärt, wie das Institut der PZ auf Nachfrage mitteilte. So zum Beispiel:

Weitere Fragen hinsichtlich des Nutzens der antimikrobiellen Substanzen seien zudem ungeklärt:

Noch keine abschließende Bewertung von Nanosilber

Ein aktuell recht häufig verfolgter Ansatz, um Textilien eine antivirale Wirkung zu verleihen, ist die Verwendung von Nanosilber. Das BfR hat sich speziell damit genauer beschäftigt und kommt zu folgendem Ergebnis: »Über die Wirkung von Nanosilber auf Viren ist bisher nur wenig bekannt. Für Coronaviren gibt es vereinzelte Studien, die einen moderaten inaktivierenden Effekt zeigen, der aber auch von der Art der Nanopartikel und deren Applikation abhängt.«

Eine abschließende Bewertung der gesundheitlichen Risiken von mit Silber beschichten Behelfsmasken sei aufgrund fehlender Daten derzeit nicht möglich. Darüber hinaus seien längerfristige Risiken solcher Produkte wie die Auswirkungen auf die Mikroflora der Haut und eine mögliche Resistenzentwicklung bei Bakterien bislang nur unzureichend erforscht. Das BfR empfiehlt daher, auf den Einsatz von nanoskaligem Silber in verbrauchernahen Produkten solange zu verzichten, bis die Datenlage eine abschließende Bewertung über mögliche gesundheitliche Risiken erlaubt und bis offene Fragen zur Resistenzausbreitung geklärt sind.

Was besagt die Kennzeichnung?

Generell gilt, dass für medizinische Gesichtsmasken mit CE-Kennzeichen ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt werden muss. In Deutschland ist das BfArM für die Bewertung dieser Masken zuständig. Neben den produktspezifischen Anforderungen, die in der Norm DIN EN 14683:2019+AC:2019 beschrieben seien, müsse der Hersteller auch die sogenannte Biokompatibilität gemäß der horizontalen Normenreihe DIN EN ISO 10993 nachweisen, so das Institut. Diese Norm schreibt vor, dass alle herauslösbaren Substanzen identifiziert werden und deren gesundheitliches Risiko bewertet werden muss. Nur wenn die Nutzen-Risikoanalyse dieser Substanzen positiv ausfällt, kann die Maske das CE-Kennzeichen erhalten.

»Tatsächlich werden viele Masken mit antimikrobieller Beschichtung angeboten, die als allgemeine Mund-Nasen-Bedeckungen in Verkehr gebracht werden. Anders als partikelfiltrierende Halbmasken und medizinische Gesichtsmasken unterliegen diese Mund-Nasen-Bedeckungen in der Regel nicht den einschlägigen gesetzlichen Anforderungen und Nachweisverfahren für persönliche Schutzausrüstung beziehungsweise Medizinprodukte«, erklärt das BfArM.

Bisher keine offizielle Empfehlung

Die BAuA empfiehlt den Einsatz antiviral ausgestatteter MNS aktuell nicht. »Da derzeit weder der Nutzen einer bioziden Ausrüstung von Mund-Nase-Bedeckungen nachgewiesen ist noch deren Unbedenklichkeit behördlich überprüft wurde, sieht die BAuA davon ab, den Einsatz solcher Masken zu empfehlen«, heißt es seitens der Bundesanstalt.

Es sei nicht auszuschließen, dass sich Bestandteile eines Biozidprodukts aus einer Maske lösten und in den Körper gelangten. Dies könne sowohl über die Haut, den Magen-Darm-Trakt als auch über die Atemwege erfolgen. Obgleich noch keine konkreten Untersuchungen dazu vorlägen, könne von einem erhöhten gesundheitlichen Risiko bei der Verwendung von Biozidprodukten in Schutzmasken oder MNS ausgegangen werden. Darüber hinaus sei die Kontaktdauer der Viren in der Einatemluft mit der viruziden Beschichtung voraussichtlich zu kurz, um effizient und effektiv wirken zu können. Hinsichtlich der fachlichen Bewertung antimikrobieller Beschichtungen schließt sich das BfArM der Auffassung der BAuA an.

»Der Mehrwert ist für mich fraglich«, äußerte sich Feldmann abschließend. »Die Masken wirken nicht desinfizierend auf die Atemluft, sondern wirken eher auf der Oberfläche – einen Fremdschutz halte ich daher für unwahrscheinlich. Und die Wahrscheinlichkeit dafür, dass man sich über die Berührung einer getragenen Maske infiziert, schätze ich bei ausreichender Händehygiene als gering ein.« Aufgrund mangelnder Daten zu potenziellen Gefährdungen und des häufig vergleichsweise hohen Preises rät Feldmann Privatpersonen, bevorzugt unbehandelte MNS zu verwenden.

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