Antidepressivum bei Senioren wechseln oder ergänzen? |
Daniela Hüttemann |
13.04.2023 18:00 Uhr |
Wiederauftretende schwere Depressionen gelten als schwer behandelbar, erst recht im Alter. / Foto: Getty Images/Johner Images
Schwere Depressionen sind oft schwer zu behandeln. Erstlinien-Antidepressiva sprechen nicht immer an, vor allem bei älteren Patienten. Von einer therapieresistenten Depression spricht man, wenn es zu keiner Besserung unter zwei verschiedenen Behandlungsversuchen mit Medikamenten kommt.
In der randomisierten Open-Label-Studie »OPTIMUM« haben nun nordamerikanische Forschende untersucht, ob eine Augmentation, also das Hinzufügen eines anderen Medikaments, oder der Wechsel zu einer anderen Wirkstoffklasse helfen kann, und falls ja, welche Methode sich besser eignet. Die Ergebnisse wurden vor Kurzem im »New England Journal of Medicine« veröffentlicht.
Im ersten Schritt der Studie nahmen 619 Patienten ab einem Alter von 60 Jahren teil, bei denen zwei konventionelle Antidepressiva-Therapien fehlgeschlagen waren. Sie erhielten nun zehn Wochen lang entweder zu ihrer bestehenden antidepressiven Therapie zusätzlich das atypische Antipsychotikum Aripiprazol (211 Patienten) oder zusätzlich das noradrenerg-dopaminerg wirksame Bupropion mit verzögerter Wirkstofffreisetzung (206 Patienten). Eine dritte Gruppe mit 202 Patienten wechselte vom bisherigen Antidepressivum auf eine Monotherapie mit Bupropion mit verzögerter Wirkstofffreisetzung.
Der gemessene Score für das psychische Wohlbefinden verbesserte sich deutlicher unter der Augmentation mit Aripiprazol (+ 4,83 Punkte) und Bupropion (+ 4,33 Punkte) als unter einem Wechsel zu Bupropion allein (+ 2,04 Punkte). Der Unterschied zwischen den beiden Augmentations-Gruppen war nicht statistisch signifikant, also vergleichbar gut. Ebenso gab es keine statistische Signifikanz für den Unterschied zwischen der Bupropion-Augmentation und dem Switch. 28,9 Prozent der Patienten unter Aripiprazol- und 28,2 Prozent der Patienten unter Bupropion-Augmentation erreichten eine Remission, gegenüber 19,3 Prozent in der Bupropion-Switch-Gruppe. In der Bupropion-Augmentations-Gruppe kam es am häufigsten zu Stürzen als unerwünschtem Ereignis.
In einem zweiten Schritt nahmen nun 248 Patienten teil, bei denen eine Maßnahme aus Schritt 1 nicht angeschlagen hatte oder die dafür nicht infrage gekommen waren. 127 erhielten über zehn Wochen eine Augmentation mit Lithium, die anderen 121 wechselten zum trizyklischen Antidepressivum Nortriptylin, ebenfalls für zehn Wochen. Hier stieg der Score nur leicht und vergleichbar um 3,17 beziehungsweise 2,18 Punkte. 18,9 Prozent der Patienten erreichte mit Lithium eine Remission gegenüber 21,5 Prozent unter Nortriptylin. Die Sturzrate war in beiden Gruppen vergleichbar.
Die Forschenden ziehen die Schlussfolgerung, dass eine Augmentation mit Aripiprazol besser wirksam ist als ein Wechsel zu Bupropion und gegenüber einer Augmentation mit Bupropion den Vorteil hat, dass es zu weniger Stürzen kam. Bei den Patienten, bei denen die Maßnahmen aus Schritt 1 nicht geholfen hatten, war eine Augmentation mit Lithium mit einem Wechsel zu Nortriptylin vergleichbar.