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Geplante Legalisierung

Ampelfraktionen für Cannabis-Abgabe in Apotheken

Eine umfassende Cannabislegalisierung zu Genusszwecken gibt es vorerst nicht, wohl aber sind etwa Modellprojekte mit lizenzierten Abgabestellen geplant. Dass dafür auch Apotheken infrage kommen sollten, ist für Experten aus den Ampelfraktionen eine klare Sache. Einen heilberuflichen Konflikt kann die SPD nicht nachvollziehen.
Cornelia Dölger
02.05.2023  15:30 Uhr

Seit Ende vergangener Woche gibt es einen Gesetzentwurf für eines der meistbeachteten Vorhaben der Ampelkoalition: die Legalisierung von Cannabis zu Genusszwecken. Wie angekündigt noch im April, dabei allerdings auf den allerletzten Drücker, hat das Bundesgesundheitsministerium am Freitag den Entwurf zur Abstimmung in die beteiligten Ressorts gegeben. Er soll sich laut Regierungskreisen auf die bekannten Eckpunkte des Vorhabens stützen, die Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) sowie Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) vor wenigen Wochen vorgestellt haben. Wegen EU-rechtlicher Bedenken waren die Eckpunkte im Vergleich zur ursprünglichen Fassung aus dem vergangenen Herbst spürbar verschlankt worden.

Nach den eingedampften Plänen soll es nun ein Zwei-Säulen-Modell sein, mit dem die Cannabislegalisierung eingeführt werden soll. Zur ersten Säule gehören so genannte Cannabisclubs mit maximal 500 Mitgliedern, die gemeinschaftlich Cannabis zu Genusszwecken anbauen und nur an Mitglieder für den Eigenkonsum abgeben dürfen. Die zweite Säule sieht Modellregionen für die lizenzierte Cannabisabgabe vor. Der nun in Umlauf gebrachte Gesetzentwurf bezieht sich zunächst nur auf die erste Säule, wie es aus Regierungskreisen hieß. Ein Regelwerk für die zweite dürfte noch dauern, weil dafür unter anderem eine EU-Notifizierung vorgesehen ist. Nach der politischen Sommerpause soll der Prozess angeschoben werden.

Bedingungen für Verkaufslizenzen unklar

Spätestens dann also wird sie wieder aufkommen, die Frage, welche Rolle Apotheken bei dem Ganzen spielen könnten. Sie beschäftigt die Apotheken seit der Bundestagswahl 2021 als eine Art thematischer Wiedergänger. Während die Ampelparteien damals noch sondierten, drangen FDP-Forderungen an die Öffentlichkeit, Apotheken in die geplante kontrollierte Cannabisabgabe einzubinden und dies auch im Koalitionsvertrag festzuhalten. Am Ende kam es aber anders; wohl auf Drängen der Grünen ist im Vertrag von Apotheken als mögliche Abgabestellen expressis verbis nichts zu lesen, sondern es heißt lediglich: »lizenzierte Geschäfte«.

Zu den potenziellen Lizenznehmern könnten Apotheken aber wiederum auch zählen, weshalb die Frage nach deren Funktion innerhalb des Vorhabens immer wieder gestellt wurde. Ebenso wenig klar war, welche Voraussetzungen für eine solche Lizenznahme gelten sollten. Bei den Apotheken riefen diese Überlegungen teils große Bedenken hervor sowie die Sorge eines »heilberuflichen Zielkonflikts« bei der Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken.

SPD: Apotheken können sich an risikogerechter Abgabe beteiligen

Einen solchen Konflikt kann Dirk Heidenblut, apothekenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion und obendrein Berichterstatter für das Legalisierungsvorhaben, nicht nachvollziehen. Er erklärte der PZ auf Anfrage, dass die SPD-Bundestagsfraktion es für richtig halte, die Apotheken mit einzubeziehen. »Hier besteht bereits die sicherlich von Abgabestellen geforderte fachliche Expertise«, betonte er. »Aufklärung und Beratung spielen für uns eine große Rolle, gerade an diesem Punkt sind Apotheken bestens gerüstet.« Wo in diesem Zusammenhang ein Konflikt mit dem apothekerlichen Heilberuf sei, sehe er nicht, so Heidenblut. »Eine Abgabe mit guter Beratung vor möglichen Risiken ist doch ganz im Interesse heilberuflicher Tätigkeit, die vor Schäden schützen soll.«

Allerdings, so räumte er ein, müsse jede Apothekerin und jeder Apotheker für sich entscheiden, »ob der Verkauf von Produkten, die (zumindest in dieser Form) nicht der medizinischen Anwendung dienen, ganz grundsätzlich im Interesse der Apotheke liegt«. Letztlich gehe es ja nicht darum, dass Apothekerinnen und Apotheker möglich machten, das Produkt auf den Markt zu bringen, sondern, »dass sie sich daran beteiligen, dass eine risikogerechte Abgabe erfolgen kann«, argumentierte er.

FDP und Grüne stellen Versorgung im ländlichen Raum heraus

Vor einer Verpflichtung für Apotheken, sich an der kontrollierten Abgabe zu beteiligen, warnten auch Stimmen aus den beiden anderen Ampelfraktionen. Einer möglichen Beteiligung stimmten sie gegenüber der PZ gleichwohl zu. So stellte Kristine Lütke, sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, heraus, für ihre Fraktion sei klar, dass sich »Apotheken bereits in der Phase der Modellprojekte um Lizenzen zum Verkauf von Cannabis zu Genusszwecken bewerben können sollten – aber nicht müssen!«.

Um eine flächendeckende Versorgung mit Cannabis zu Genusszwecken zu garantieren, könnten Apotheken eine wichtige Rolle spielen, so Lütke weiter, »auch durch ihre einzigartige Vertriebsstruktur gerade im ländlichen Raum«. Außerdem hätten Apotheken bereits Erfahrung mit gesundheitlicher Beratung, »das ist auf jeden Fall ein Pluspunkt«.

Die grüne Gesundheitsexpertin Kirsten Kappert-Gonther, die für das Thema Cannabis in ihrer Fraktion zuständig ist, argumentierte ähnlich. Bei der kontrollierten Abgabe im Rahmen von Modellprojekten »könnten auch Apotheken ihre Expertise einbringen, um zum Beispiel im ländlichen Raum den Bedarf zu decken«, so Kappert-Gonther zur PZ. Die Abgabe von medizinischem Cannabis sowie die Beratung von Patienten und Patientinnen sollten dabei klar getrennt sein von der Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken. Regeln zum Jugendschutz müssten eingehalten werden. Klar sei, dass die Abgabe von Genusscannabis nicht die Hauptaufgabe von Apotheken sei und keine Apotheke verpflichtet werden sollte, sich daran zu beteiligen.

Drogenbeauftragter warnt vor Blockade

Wenn es nach Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) geht, werden zumindest die Apotheken im Freistaat niemals ernsthaft in das beschriebene Dilemma geraten. Holetschek erteilte den geplanten Modellregionen eine Absage, indem er vor Kurzem verlauten ließ, dass es »Modellprojekte für staatlich lizensierten Cannabis-Handel mit der Bayerischen Staatsregierung im Freistaat nicht geben« werde. Die Staatsregierung werde »alle verfügbaren Mittel prüfen, um Cannabis-Modellprojekte in Bayern zu verhindern«. Denn: »Bayern wird sich klar an das geltende Völker- und Europarecht halten – egal was die Bundesregierung beschließen wird.«

Dem widersprach nunmehr der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD). Er warnte unionsregierte Länder wie Bayern davor, die geplanten Modellversuche für den kommerziellen Cannabisverkauf zu blockieren. »Wir werden nicht zulassen, dass Modellprojekte nicht zustande kommen, weil sie Landesregierungen aus ideologischer Verblendung nicht passen«, sagte Blienert dem »Redaktionsnetzwerk Deutschland« am heutigen Dienstag. Die CSU wolle blockieren, »ohne die berechtigte Frage der Menschen zu beantworten, warum die bisherige Verbotspolitik der bessere Jugend- und Gesundheitsschutz sein soll«.

 

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