Am häufigsten freitags und für Schmerzmittel |
| Daniela Hüttemann |
| 02.09.2024 09:00 Uhr |
Am häufigsten lösten Krankenhauspatienten Entlassrezepte für Schmerzmittel und Heparine ein, um die ersten Tage zu Hause versorgt zu sein, vor allem am Wochenende. / Foto: Getty Images/Burak.Sur
Eine Arbeitsgruppe zum Entlassmanagement der ADKA und der DPhG hat gemeinsam mit dem Deutschen Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) die Abgaben von auf Entlassrezepten zulasten der GKV verordneten Arzneimitteln im Zeitraum 2018 bis 2021 ausgewertet. Die Ergebnisse erschienen vor Kurzem im »Deutschen Ärzteblatt International«. Während 2018 nur 0,73 Millionen Entlassrezepte ausgestellt wurden, waren es 2021 schon 1,98 Millionen – ein Plus von 172 Prozent, wie das DAPI auch in seiner Zahl des Monats herausstellt. Zuletzt lag der Anteil der Entlassrezepte an allen GKV-Verordnungen den DAPI-Zahlen zufolge bei 0,4 Prozent. Nach Angaben von Destatis kommen auf 100 Patientenfälle im Krankenhaus etwa zwölf Entlassrezepte.
Die Original-Publikation zu der besagten Auswertung wurde in Kooperation zwischen dem Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA), der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), dem Deutschen Arzneiprüfungsinstitut (DAPI), der Apotheke des Universitätsklinikums Erlangen und der Inneren Medizin IX – Abteilung für Klinische Pharmakologie und Pharmakoepidemiologie an der Universität Heidelberg/Medizinische Fakultät – Universitätsklinikum Heidelberg in der Fachzeitschrift »Deutsches Ärzteblatt International« veröffentlicht.
Entlassrezepte müssen innerhalb von drei Werktagen eingelöst werden. Die Auswertung ergab, dass jedes vierte Rezept an einem Freitag ausgestellt wurde. Mehr als die Hälfte davon wurde noch am selben Tag eingelöst (59 Prozent vor der Einführung der Covid-19-Ausnahmeregelungen, danach waren es 54 Prozent). 85 Prozent der Rezepte, die montags bis freitags verordnet wurden, wurden spätestens am Folgetag der Entlassung eingelöst.
Die samstags ausgestellten Rezepte wurden zu 59 Prozent am selben Tag, nur zu 2 Prozent am Sonntag und ansonsten erst am Montag eingelöst. Sonntags ausgestellte Rezepte wurden nur in 17 Prozent der Fälle noch am selben Tag eingelöst und zu 61 Prozent am Folgetag.
Die mit Abstand am häufigsten bei der Entlassung aus dem Krankenhaus verordneten Medikamente waren das Schmerzmittel Metamizol (11 Prozent der Verordnungen) und der Säureblocker Pantoprazol (10 Prozent). Mit etwas Abstand folgen Enoxaparin und Ibuprofen auf Platz 3 und 4 (je 6 Prozent), gefolgt von Tilidin/Naloxon, Amoxicillin plus Beta-Lactamase-Hemmer, Certoparin, Torasemid, Prednisolon und Ramipril. »Die zehn am häufigsten verschriebenen Wirkstoffe machten über alle Jahre etwa 44 Prozent aller Verordnungen aus«, schreibt das Autorenteam.
Zu 80 Prozent handelte es sich um N1-Packungen. Die temporären Covid-19-Ausnahmeregelungen erlaubten auch größere Packungen sowie eine Einlösung innerhalb von sechs Werktagen. »Die pandemiebedingten Lockerungen hatten keinen wesentlichen Einfluss auf die Abgabe von überwiegend N1-Packungen oder auf die Einlösung der Verordnungen innerhalb eines Zeitraums von maximal drei Tagen«, stellten die Autoren jedoch fest.
Es seien nicht unnötig größere Packungen verordnet worden. Daher schlagen die Autoren vor, die N1-Begrenzung dauerhaft aufzuheben, da es in der Praxis Fälle gebe, bei der die kleinste Packungsgröße nicht ausreiche, zum Beispiel bei einer Packung mit zehn Metamizol-Tabletten, die nur 24 Stunden ausreicht.
Die Daten ließen allerdings nicht erkennen, ob Verzögerungen bei der Einlösung auch ein Versorgungsproblem darstellten. Dies ist beispielsweise nicht der Fall, wenn nur für den Bedarfsfall verordnet wurde, der Patient das Medikament noch in geringem Umfang zu Hause hatte oder von der Station übergangsweise versorgt wurde.
Umgekehrt könnte eine verzögerte Einlösung aber einer eingeschränkten Mobilität des Patienten geschuldet sein, einer unzureichenden Sensibilisierung des Patienten über die Dringlichkeit der lückenlosen Anwendung oder auch Lieferengpässen und Rabattregularien. Für diese Fälle könnte die Übermittlung als E-Rezept mit anschließendem Botendienst beziehungsweise ein aufklärendes Entlassgespräch die Lösung sein – und eine Deregulierung der Anforderungen an die Apotheken bei der Belieferung.
Die Autoren geben außerdem zu Bedenken, dass hier nicht erfasst wurde, wie hoch der Anteil der Verordnungen war, die gar nicht erst eingelöst wurden und welche Gründe dahinter steckten. Das sollte untersucht werden, denn Therapieverzögerungen oder -pausen könnten sich negativ auf die Gesundheit der Patienten auswirken.