Albendazol/Ivermectin kombiniert gegen tropische Würmer |
Brigitte M. Gensthaler |
04.02.2025 16:20 Uhr |
Menschen in armen und ärmeren Ländern sind häufig bedroht von Wurminfektionen. Sie infizieren sich über mit Fäkalien verunreinigte Böden oder infizierte Steckmücken. / © Adobe Stock/Riccardo Niels Mayer
Der Ausschuss für Humanarzneimittel der EMA hat Ende Januar ein positives Votum für ein Albendazol/Ivermectin-Arzneimittel abgegeben. Die Fixkombination der beiden Anthelminthika soll gegen bestimmte Wurminfektionen und bei lymphatischer Filariose eingesetzt werden. Das Medikament des Herstellers Laboratorios Liconsa, Madrid, soll ausschließlich außerhalb der EU auf den Markt kommen.
Nach Schätzungen der WHO sind weltweit 1,5 Milliarden Menschen von Wurminfektionen betroffen, die über fäkal kontaminiertes Erdreich übertragen werden. Dazu zählen etwa Haken-, Spul- und Peitschenwürmer. Etwa 657 Millionen Menschen leben in Ländern mit hohem Risiko für eine Filarieninfektion. Filarien sind parasitäre Fadenwürmer, die über Stechmücken übertragen werden, und eine lymphatische Filariose (Elefantiasis) auslösen können. Dabei kommt es durch Lymphstau zu abnorm vergrößerten Extremitäten und Hoden. Laut WHO sollen etwa 25 Millionen Männer an Hodenschwellungen und 15 Millionen Menschen an Lymphödemen leiden. Die Filariose gehört zu den vernachlässigten Tropenkrankheiten (NTD).
Die orodispersiblen Tabletten enthalten 400 mg Albendazol plus entweder 9 mg oder 18 mg Ivermectin. Sie sind indiziert zur Therapie von Patienten ab fünf Jahren, die mit Hakenwürmern (Ancylostoma duodenale, Necator americanus), Spulwürmern (Ascaris lumbricoides), Peitschenwürmern (Trichuris trichiura) und/oder Strongyloides stercoralis infiziert sind, sowie zur Therapie der Mikrofilarämie bei Patienten mit lymphatischer Filariose durch Wuchereria bancrofti. Dieser Parasit ist für etwa 90 Prozent der Filariosen weltweit verantwortlich.
Ivermectin greift das nervale und muskuläre System der Würmer an und lähmt sie, während Albendazol den parasitären Metabolismus unterbricht. Die beiden Arzneistoffe wirken synergistisch und töten die Parasiten effektiv ab.
Die Wirksamkeit und Sicherheit der Kombination wurden in der randomisierten Phase-II/III-Studie ALIVE mit rund 1220 Patienten in Äthiopien, Kenia und Mosambik nachgewiesen. Verglichen wurde eine Einzeldosis einer Fixkombination mit 400 mg Albendazol plus 9 oder 18 mg Ivermectin mit der dreitägigen Gabe dieser Kombination sowie einer Einzeldosis 400 mg Albendazol. Die Kombination war bei allen Peitschenwurm-Infektionen signifikant überlegen. Bei Hakenwurm-Infektionen war die dreitägige Gabe besser wirksam als Albendazol alleine. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und erhöhte Leberwerte.
Die Entwicklung und Vermarktung der Fixkombination habe einen großen Stellenwert für die Gesundheitsversorgung in ärmeren Ländern, in denen Wurminfektionen endemisch sind, schreibt die EMA in einer Pressemeldung. Denn damit könnten mehr Kranke effektiver behandelt werden und Kosten für Herstellung und Transport sinken.
Die EU hat ihre Empfehlung im Rahmen des EU-M4all (EU Medicines for all)-Verfahrens erarbeitet. Dieses Verfahren soll Patienten in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen den Zugang zu lebenswichtigen Arzneimitteln erleichtern. Die europäische Behörde kann in Zusammenarbeit mit der WHO wissenschaftliche Stellungnahmen abgeben zu Medikamenten und Impfstoffen, die für Märkte außerhalb der EU bestimmt sind. Damit sollen doppelte regulatorische Verfahren vermieden werden. Im aktuellen Fall nahmen Experten der WHO aus Mosambik, Kenia und Äthiopien teil.