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Schnittstellenverordnung

ABDA warnt vor »Bypass für Arzneimittelverordnungen«

Seit Kurzem gibt es einen Entwurf für die sogenannte Schnittstellenverordnung, die den Zugriff von Drittanbietern auf E-Rezept-Daten regeln soll. Nur ausgewählte, in der TI autorisierte Adressaten sind demnach berechtigt. Die ABDA sieht an einigen Stellen Verbesserungsbedarf.
Cornelia Dölger
05.07.2023  13:30 Uhr

Die Einlösung über die elektronische Gesundheitskarte (EGK) soll dem E-Rezept endlich zum Durchbruch verhelfen, so sehen es die Pläne von Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) vor. Mitte Juni kündigte Lauterbach an, dass der so genannte dritte Weg über die EGK (neben der Gematik-App sowie dem Ausdruck der E-Rezept-Codes) ab dem 1. Juli gangbar sein solle.

Damit das E-Rezept also endlich angeschoben wird – und nicht wie etwa die Roll-out-Pläne in Westfalen-Lippe und Schleswig-Holstein zum Rohrkrepierer verkümmert –, muss eine klare Regelung zum Datenschutz her. Denn vor allem Datenschutzbedenken hatten die Projekte in den genannten Pilotregionen zum Erliegen gebracht.

Mit der sogenannten E-Rezept-Fachdienst-Schnittstellen-Verordnung (EFSVO), die derzeit als Referentenentwurf vorliegt, soll das nun für die Anwendung geregelt werden. Im Kern soll die Verordnung Rahmenvorgaben für die Weiterleitung der sensiblen E-Rezept-Daten an Drittanbieter machen. Patienten sollen selbstbestimmt ihre Verordnungsdaten für ausgewählte Adressaten innerhalb der Telematik-Infrastruktur (TI) freigeben können.

Datenschutz und Innovationsoffenheit

Dabei, so das Ziel, soll zuallererst dem Datenschutz auf Grundlage der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) Rechnung getragen werden. Gleichzeitig soll das E-Rezept möglichst innovationsoffen genutzt werden können.

Dass die Datenübermittlung über Schnittstellen ausschließlich an Drittanbieter erlaubt ist, die an die TI angeschlossen sind, geht auf eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage zurück, die Ende vergangenen Jahres mit dem Krankenhauspflege-Entlastungsgesetz (KHPflEG) erneuert wurde (§ 361a SGB V). Zu den ausgewählten Adressaten gehören dieser Norm zufolge etwa Apotheken, Krankenkassen, Vertragsärzte, Krankenhäuser, Vorsorge- und Reha-Einrichtungen sowie Hersteller von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA).

Dabei verfügen nicht alle über dieselben Zugriffsmöglichkeiten. So haben etwa Hersteller von DiGAs teils andere oder auch weniger Zugriffsrechte als etwa Krankenkassen oder Apotheken.

ABDA begrüßt Pläne grundsätzlich

Dass das Bundesgesundheitsministerium (BMG) besagte Ermächtigungsgrundlage mit dieser Verordnung ausdrücklich nutzt, begrüßt die ABDA in einer aktuellen Stellungnahme zu dem Entwurf. Sie hatte zuletzt auf ein eindeutiges Verbot der Weiterleitung von Verordnungsdaten an Drittanbieter außerhalb der TI gepocht. Allerdings sieht sie bei den Regelungen auch noch Änderungs- und Klärungsbedarf.

So regt sie etwa mehr Klarheit bei der Datenübermittlung über die Gematik-Schnittstellen an. Unklar sei nämlich, welche Daten konkret an die ausgewählten Adressaten übermittelt werden dürften. Hier gebe es keine eindeutige Definition. »Weder dem § 361a SGB V unmittelbar noch dem Referentenentwurf einer EFSVO lässt sich eine rechtlich verbindliche Festlegung entnehmen, welche Daten nach § 1 EFSVO übermittelt werden dürfen«, heißt es in der Stellungnahme.

Zwar ist ausdrücklich geregelt, dass die elektronischen Zugangsdaten, die die Einlösung eines E-Rezepts ermöglichen, also die Token, nicht über die besagten Schnittstellen übermittelt werden dürfen. Damit soll dem Makeln von Rezepten entgegengewirkt werden. Andere Daten aber können etwa für pharmazeutische Dienstleistungen oder zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit genutzt werden. Dies kann in den Augen der ABDA ein Problem darstellen, sofern die Daten zeitlich vor dem Einlösen des Rezepts übermittelt werden.

Sorge vor Einfluss von Dritten

Die ABDA sorgt sich in diesen Fällen um eine »unsachgemäße Einwirkung auf die Arzneimitteltherapie durch Dritte«. Um diese zu verhindern, solle geregelt werden, »dass eine Übermittlung von arzneimittelrechtlich belieferungsfähigen elektronischen Verordnungsdaten über die Schnittstelle nur unter der Voraussetzung der ausdrücklichen Genehmigung im Einzelfall durch den Versicherten möglich ist«. Will sagen: erst Rezept einlösen, dann Zustimmung zur Datenweitergabe geben.

Weder sollte über die Verordnung und die danach zu etablierende Schnittstelle »ein Bypass für Arzneimittelverordnungen zum E-Rezept-Fachdienst« geschaffen werden, noch sollten Dritte die Möglichkeit bekommen, zeitlich vor der Belieferung einer ärztlichen Verordnung Einfluss auf die Arzneimitteltherapie nehmen zu können, argumentiert die ABDA.

ABDA: Werbeverbot eindeutiger formulieren

Eine Datenverarbeitung zu Werbezwecken ist explizit verboten: »Eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten durch die Empfangsberechtigten zu Werbezwecken ist ausgeschlossen«, heißt es in § 2 der Verordnung. Dies begrüßt die ABDA. Die Formulierung eröffne allerdings Interpretationsspielraum. Eindeutiger wäre es der ABDA zufolge, die Formulierung aus § 361a Absatz 3 Satz 1 SGB V zu übernehmen, die lautet: »Die Daten nach Absatz 1 dürfen von den dort genannten Berechtigten nur zu den dort genannten Zwecken verarbeitet werden.« Andernfalls könne fälschlicherweise angenommen werden, dass die Datenweitergabe zwar nicht zu Werbe-, aber womöglich zu anderen, nicht berechtigten Zwecken gestattet sei.

Grundlegend bei der Regelung ist, dass die Versicherten der Datenübermittlung vorher zustimmen müssen. Das muss demnach nicht bei jeder einzelnen Arzneimittelabgabe erfolgen, sondern die Versicherten sollen in die automatische Übermittlung von elektronischen Verordnungen einwilligen können. Die Verordnung sieht vor, dass eine solche Einwilligung bis zu zwölf Monate gelten könnte. Das geht der ABDA zu weit. Sie regt eine deutliche Kürzung an, denn diese hätte den Vorteil, dass der Versicherte »durch eine gegebenenfalls zu erneuernde Einwilligungserklärung aktiv in die Lage versetzt würde, die Kontrolle über seine Datenhoheit für einen überschaubaren Zeitraum wahrnehmen zu können«.

Zu guter Letzt kritisiert die ABDA, dass die Anlage der Verordnung bislang nicht vorsieht, dass Apotheken die Krankenversichertennummer der Patientinnen und Patienten übermittelt werden darf. Sie fordert: »Insbesondere für den Abgleich von Patientendaten mit in der Apotheke möglicherweise vorgehaltenen Daten der dort betreuten Patienten erachten wir ein Abstellen auf ein technisches Identifizierungsmerkmal wie die Krankenversichertennummer für sachgerecht und erforderlich, um Verwechslungen zu vermeiden und dem Primärsystem die Zusammenführung mit in der Apotheke bereits vorhandenen Daten zu ermöglichen.«

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