ABDA unterstützt breites Aktionsbündnis |
Lukas Brockfeld |
05.06.2024 17:00 Uhr |
Extreme Temperaturen sind inzwischen keine Seltenheit mehr. / Foto: imago images/A. Friedrichs
Hitze ist eine unterschätze Gesundheitsgefahr und belastet den gesamten Organismus. Das Schlaganfallrisiko ist in heißen Nächten beispielsweise signifikant erhöht. Allein im Jahr 2023 kamen schätzungsweise 3200 Menschen durch stark erhöhte Temperaturen ums Leben. Im Mai hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) daher seinen aktualisierten Hitzeschutzplan vorgestellt. Die Maßnahmen umfassen beispielsweise Handlungsempfehlungen für Pflegeheime und Infoplakate in Apotheken.
Am heutigen Mittwoch ist der von der Bundesärztekammer (BÄK) ins Leben gerufene Hitzeaktionstag. Dieser wird von mehr als 50 Organisationen, darunter auch die ABDA, unterstützt. Minister Lauterbach war auf einer eigens einberufenen Pressekonferenz zu Gast und hob die Bedeutung des Aktionstags hervor: »Europa ist auf besondere Art von Hitzewellen betroffen. Wir haben eine sehr alte Bevölkerung und die Temperaturen steigen auf unserem Kontinent doppelt so schnell wie im Rest der Welt. Wir leben also in einer besonderen Gefahrenzone und haben eine besonders gefährdete Bevölkerung.«
Die Hochwasser in Süddeutschland verdeutlichen für den Minister einmal mehr die Gefahr, die von extremen Wetterereignissen ausgeht. »Wir haben bisher fünf Todesfälle durch das Hochwasser. Das ist furchtbar und ich hoffe, dass es nicht noch mehr werden. Aber wir haben jeden Sommer Hunderte oder sogar Tausende Todesfälle durch Hitze«, betonte Lauterbach. Deutschland müsse den Klimawandel daher nicht nur bekämpfen, sondern sich auch an die veränderten Bedingungen anpassen.
Kathrin Sonnenholzner, Vorsitzende des Präsidiums des Arbeiterwohlfahrt (AWO) Bundesverbands , betonte, dass beim Hitzeschutz auf alle Menschen geachtet werden müsse: »Die AWO setzt sich dafür ein, dass vulnerable und benachteiligte Bevölkerungsgruppen beim Thema Hitzeschutz besonders in den Blick genommen werden. Die Klimakrise ist ungerecht: Diejenigen, die am wenigsten dazu beitragen, leiden schon jetzt am meisten unter ihren Folgen und haben keine kaum Ressourcen, um sich entsprechend anzupassen.« Der Hitzeschutz brauche daher einen klaren gesetzlichen Rahmen und eine ausreichende Finanzierung.
Martin Herrmann, Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit (KLUG), lobte Minister Lauterbach und die BÄK dafür, dass sie das Thema Hitzeschutz auf die Agenda gesetzt haben. Noch vor wenigen Jahren sei die Problematik kaum ernst genommen worden. Eine Studie des Deutschen Roten Kreuz (DRK) zeige, dass ein Viertel der Arbeitnehmenden bei Hitze schwer belastet sei. »Das heißt, dass wir schon heute durch Hitzewellen wirtschaftlichen Schaden nehmen. Es ist also keine Option, Deutschland nicht hitzeresistent zu machen. Das können wir uns auch ökonomisch gar nicht leisten«, sagte Herrmann auf der Pressekonferenz.
Die Apotheken können beim Schutz vor hohen Temperaturen eine wichtige Rolle spielen, beispielsweise indem sie die Patienten über allgemeine Gefahren der Hitze oder mögliche Wechselwirkungen bei bestimmten Medikamenten aufklären.
Die ABDA hat sich daher dem Aktionsbündnis angeschlossen. Auf der ABDA-Website steht ab sofort das neue Referat »Hitzeschutz« zur Verfügung, das ein Doktorand vom Lehrstuhl Klinische Pharmazie der Universität Bonn erstellt hat. Im öffentlichen Bereich der Website stehen außerdem Infomaterialien für Apotheken und Patienten zum Download bereit. Zum Angebot gehört das Faktenblatt »Hitzeschutztipps aus ihrer Apotheke«, ein Poster sowie ein Patientenflyer. Die Materialien enthalten außerdem Hinweise zum richtigen Umgang mit Arzneimitteln bei starker Hitze.
Auch die Apothekerkammer Berlin hat sich das Thema Hitze auf die Fahnen geschrieben. »Es geht nicht nur darum, ausreichend Flüssigkeit zu trinken oder die Sonne zu vermeiden. Mit hohen Temperaturen gehen deutlich mehr gesundheitliche Risiken einher. So kann extreme Hitze die Wirkung eines Arzneimittels verändern. Ebenso können ungeahnte Neben- oder Wechselwirkungen auftreten, die eine Patientin oder ein Patient nicht ohne Weiteres erkennen oder vorhersehen kann«, erklärt Ina Lucas, Präsidentin der Apothekerkammer Berlin, in einer Pressemitteilung.
Die Apotheken können laut Lucas eine besondere Rolle beim Hitzeschutz spielen: »Aufgrund ihrer Arzneimittelexpertise können Apothekenteams eine erste Medikationsanalyse vornehmen, durch persönliche Beratung mögliche Präventionsmaßnahmen aufzeigen, die Patientinnen und Patienten auf steigende Temperaturen vorbereiten und damit ihren Versorgungsauftrag umfassend erfüllen«, so die Kammerpräsidentin.
Die Verbände des Hitzeaktionsbündnis haben gemeinsam einen Forderungskatalog erarbeitet, um Deutschland hitzeresilienter zu machen. Sie sprechen sich dafür aus, den Hitzeschutz gesetzlich als Pflichtaufgabe auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene zu verankern.
Der Schutz vor extremen Temperaturen müsse außerdem in anderen Sektoren, wie zum Beispiel dem Bau- oder dem Arbeitsrecht, verankert werden. Darüber hinaus sollte Hitze als zentrale Herausforderung in den Zivil- und Katastrophenschutz integriert werden. Das Bündnis fordert die Verantwortlichen in der Politik dazu auf, ausreichende finanzielle Mittel zur Umsetzung der Maßnahmen bereitzustellen.
Für ein hitzeresilientes Deutschland fordern wir:
Einen klaren gesetzlichen Rahmen für gesundheitlichen Hitzeschutz auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, in dem Hitzeschutz als Pflichtaufgabe verankert und von Bundes- und Landesebene ausreichen finanziell unterstützt wird. In diesem gesetzlichen Rahmen sollte/n:
Neben der Verankerung von gesundheitlichem Hitzeschutz in Gesetzen des Gesundheitsrechts ist Hitzeschutz auch in relevanten Gesetzen und Rechtsverordnungen anderer Sektoren zu berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere das Baurecht und Arbeitsrecht.
Hitzewellen können zu Überlastungen führen und Kapazitätseinschränkungen in der Versorgung verursachen. So sind schon heute die Belastungen für Gesundheitspersonal, insbesondere für beruflich Pflegende, während Hitzewellen besonders hoch. Im Rahmen der Deutschen Strategie zur Stärkung der Resilienz gegenüber Katastrophen und der Klimaanpassungsstrategie gibt es Handlungsbedarf im Gesundheitsbereich, etwa den Schutz und die Reaktionsfähigkeit des Gesundheitssystems bei diversen Gefahrenlagen. Gesundheitsakteure und -akteurinnen sollten entsprechend einbezogen werden. Hitze sollte als zentrale Herausforderung im Zivil- und Katastrophenschutz integriert werden.