Zwei Impfstoffe in Sicht |
Brigitte M. Gensthaler |
11.03.2024 12:00 Uhr |
Ein schönes, aber gefährliches Tier: Aedes-Mücken übertragen viele Krankheitserreger, darunter das Chikungunya-Virus. Jetzt sind Impfstoffe gegen die Erkrankung in Sicht. / Foto: Adobe Stock/smuay
Das Chikungunya-Virus hat sich mit dem Klimawandel stark verbreitet. 1952 wurde die Krankheit erstmals beschrieben; inzwischen kommt das Virus, das von Gelbfieber- und Asiatischen Tigermücken übertragen wird, in 110 Ländern in Asien, Afrika, Europa und Amerika vor. »Die Infektionsketten können auch ohne tierische Amplifikationswirte, also nur durch Menschen und Stechmücken, aufrechterhalten werden«, berichtete Professor Dr. Jonas Schmidt-Chanasit vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin in Hamburg bei einer Pressekonferenz des Centrums für Reisemedizin.
Fast immer verläuft die Infektion symptomatisch mit Fieber und starken Gelenk- und Muskelschmerzen. Auch Kopfschmerzen, Übelkeit, Fatigue und Hautausschlag können auftreten. Todesfälle sind sehr selten. »Bei 5 bis 10 Prozent der Chikungunya-Patienten können die Gelenkbeschwerden über Monate und Jahre anhalten«, warnte der Tropenmediziner.
Vor der Erkrankung – nicht der Infektion – können zwei Impfstoffe schützen: ein Totimpfstoff und ein abgeschwächter Lebendimpfstoff, die beide nur einmal intramuskulär gespritzt werden müssen. Letzterer, der Impfstoff VLA1553 (Ixchiq®) der Firma Valneva, wurde im Herbst 2023 in den USA zugelassen zur Vorbeugung einer durch Chikungunya-Viren verursachten Erkrankung bei Erwachsenen, die ein erhöhtes Risiko für eine Exposition haben. Die Vakzine befindet sich in Europa seit November 2023 im beschleunigten Zulassungsverfahren.
Die zulassungsrelevante Phase-III-Studie zu VLA1553 sei sehr erfolgreich verlaufen, berichtete Schmidt-Chanasit. Nach einer intramuskulären Injektion hätten fast 99 Prozent der Geimpften hohe schützende Antikörpertiter entwickelt, die über sechs Monate nachweisbar waren (DOI: 10.1016/S0140-6736(23)00641-4). Auch bei älteren Impflingen war die Vakzine gut wirksam. »Mit diesem Impfstoff rechnen wir in den nächsten Monaten.«
Der Impfstoffkandidat der Firma Bavarian Nordic (CHIKV VLP) besteht aus rekombinanten Virus-like Particles (VLP), die nur drei Strukturproteine des Virus enthalten und sich somit nicht replizieren können. Die beiden Phase-III-Studien zur Immunogenität und Sicherheit hätten ebenfalls eine sehr gute Ansprechrate gezeigt (DOI: 10.1093/ofid/ofad500.2471). Mehr als 3200 gesunde Personen im Alter von 12 bis 65 Jahren erhielten intramuskulär eine Einzeldosis von 40 μg VLP (0,8 ml), adjuvantiert mit Aluminiumhydroxid, oder ein Placebo. Fast 98 Prozent der mit Verum Geimpften (und 1 Prozent unter Placebo) zeigten am Tag 22 eine hohe Serokonversionsrate, die nach sechs Monaten auf etwa 86 Prozent abfiel. In der zweiten Studie mit rund 400 Personen über 65 Jahren erreichten 87 Prozent schützende Antikörpertiter. Die meisten Nebenwirkungen waren mild oder moderat; am häufigsten waren Kopfschmerzen, Arthralgie und Myalgie.
Angesichts des Klimawandels und der zunehmenden Globalisierung sieht Schmidt-Chanasit ein steigendes Risiko für Chikungunya-Ausbrüche. Da es keine spezifischen antiviralen Medikamente gegen die Erkrankung gebe, werde die Zulassung der Impfstoffe sehr erwartet.