Zum Abschuss freigegeben |
PROTAC steht für Proteolysis-Targeting Chimeras. Es handelt sich um Wirkstoffe, die bestimmte Proteine für den zelleigenen Abbau markieren. / Foto: Adobe Stock/pickup
Herkömmliche Arzneistoffe binden an eine aktive Stelle eines Moleküls und beeinflussen dadurch dessen Funktion. Bei vielen Proteinen fehlen jedoch geeignete Bindestellen. Um diese Ziele anzugreifen, sind alternative Ansätze erforderlich. Eine Idee ist es, dazu das natürliche Abfallentsorgungssystem der Zelle zu nutzen.
Am Ende eines dreistufigen Prozesses bindet dabei ein E3-Enzym (Ubiquitinligase) ein Ubiquitin-Molekül an das Zielprotein. Auf diese Weise gekennzeichnete Eiweißmoleküle sind für den Abbau durch das Proteasom freigegeben. Eine neue Klasse von Arzneistoffen, die auf die Proteolyse abzielenden Chimären (Proteolysis-Targeting Chimeras, kurz PROTAC), nutzt den zellulären Abbau über das Ubiquitin-Proteasom-System, um unerwünschte Proteine zu entfernen.
PROTAC bringen ein Zielprotein in unmittelbare Nähe eines E3-Enzyms. Dazu haben sie zwei aktive Domänen, wovon eine an das Zielprotein bindet und die andere an eine E3-Ligase. Das Enzym markiert das Protein mit Ubiquitin, woraufhin das Proteasom dieses zerlegt. Dabei fungieren PROTAC als eine Art Katalysator. Wenn das Zielprotein abgebaut ist, löst sich die PROTAC aus der Bindung und kann das nächste Protein greifen. Diese sogenannte Catch-and-release-Aktion kann beliebige Male wiederholt werden. Dadurch sind nur kleine Mengen des Arzneistoffs erforderlich, was das Risiko für Nebenwirkungen reduziert.
PROTAC sind heute überall da interessant, wo traditionelle niedermolekulare Wirkstoffe nicht angreifen können. Sie bergen vermutlich ein geringeres Risiko für mutationsbedingte Arzneimittelresistenzen als Enzyminhibitoren. Potenzielle Einsatzgebiete für PROTAC gibt es unter anderem in der Krebstherapie und bei entzündlichen und neurodegenerativen Erkrankungen.
Ein Ansatz für die Entwicklung ist das fragmentbasierte Arzneistoffdesign (FBDD). Dabei werden Wirkstoffkandidaten ausgehend von kleinen Fragmenten entworfen. Mit empfindlichen biophysikalischen Methoden wird geprüft, ob ein Molekülfragment an das Zielprotein bindet. Es reichen schon schwache Protein-Fragment-Wechselwirkungen aus, da für die fertige PROTAC verschiedene bindende Fragmente zusammengefügt werden und sich die Bindung dadurch verstärkt. Zu starke Bindungen der PROTAC an das Zielprotein sind möglicherweise sogar ungünstig, da sie es der PROTAC erschweren, sich aus dem ternären Komplex wieder zu befreien, um weitere Proteine für den Abbau zu markieren. Die Domäne, die die E3-Ligase bindet, wird schließlich über einen Linker angefügt.