Zukunftsmusik im Apothekenlabor |
Brigitte M. Gensthaler |
29.05.2024 15:00 Uhr |
Als Vorteile des 3-D-Drucks nannte Seidlitz eine individuellere Dosierung, Form, Wirkstofffreisetzung und -kombination sowie Kennzeichnung und die Adhärenzförderung. Als Beispiel für individuelle Formgebung berichtete sie über die Entwicklung eines Wirkstoff-haltigen Stirnhöhlen-Implantats in ihrem Arbeitskreis; es ging um ein mehrschichtiges Implantat, das den Wirkstoff nur an die Schleimhaut abgibt und Sekret abfließen lässt. Zugleich wurde ein Modell zur Prädiktion der Wirkstofffreisetzung entwickelt. Ein weiteres Beispiel ist ein Silikon-Implantat zur Therapie einer Stenose des äußeren Gehörgangs, das Dexamethason und Ciprofloxacin abgibt. Eingesetzt in einem individuellen Heilversuch, verblieb es drei Monate im Gehörgang des betroffenen Kindes. Mehr als sechs Monate nach der Explantation war keine erneute Stenose zu beobachten.
Die Wirkstofffreisetzung könne über die Wahl der Hilfsstoffe, den Infill und die äußere Form des gedruckten Objekts gesteuert werden. Die neue Technologie ermögliche auch individuelle Wirkstoffkombinationen: Mehrere Arzneistoffe in geringen Dosen werden zu einem Stück ausgedruckt – immer in abgetrennten Kompartimenten, um Inkompatibilitäten zu vermeiden. »Es entsteht eine Polypill aus verschiedenen Wirkstoff-Hilfsstoff-Kombinationen.« Schließlich könne man die Adhärenz durch individuelle Formgebung, Farbe und Geschmack fördern.
Ist der Einsatz von 3-D-Druckverfahren in der öffentlichen Apotheke machbar? »Wir haben in Deutschland die tolle Chance, dass wir in Apotheken noch individuell herstellen dürfen – das sollten wir nutzen«, warb Seidlitz für die neuen Methoden. Natürlich sei noch viel Vorarbeit zu leisten, aber es gebe bereits erste Pharmadrucker für (Krankenhaus-)Apotheken auf dem Markt, mit denen man nach drei Verfahren drucken kann.