Zenit der Epidemie schwer abschätzbar |
Theo Dingermann |
25.02.2020 14:16 Uhr |
Diese »Best-case-Prognose« bleibt nicht unwidersprochen. Unter anderem wird darauf hingewiesen, dass viele Chinesen nach einer längeren Auszeit wegen des Neujahrsfests erst langsam wieder zur Arbeit in die Städte zurückkehren, sodass mit neuen Infektionen gerechnet werden muss.
Dies unterstreicht auch Professor Dr. Hiroshi Nishiura, Epidemiologe an der Hokkaido-Universität in Sapporo, Japan. Seinen Schätzungen zufolge werde der Höhepunkt zwischen Ende März und Ende Mai erreicht. Zu diesem Zeitpunkt würden an einem einzigen Tag bis zu 2,3 Millionen neue Infektionen diagnostiziert, spekuliert der Epidemiologe. Insgesamt würden nach Nishiuras Berechnungen, die er auf dem Preprint-Server medRxiv für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat, zwischen 550 und 650 Millionen Menschen in ganz China infiziert sein. Das entspricht ungefähr 40 Prozent der Bevölkerung des Landes.
Dem stimmt auch Professor Dr. Gabriel Leung, Epidemiologe an der Universität von Hongkong, zu. Leung äußert sich besorgt darüber, dass sich der Zenit der Epidemie derzeit noch so unzureichend vorhersagen lässt. Eine solche Information wäre besonders auch unter dem Aspekt wichtig, dass alles darangesetzt werden muss, die Zahl der gleichzeitig erkrankten Menschen so gering wie möglich zu halten. »Wenn sehr viele Menschen gleichzeitig krank werden, kommt die gesamte Gesellschaft zum Stillstand«, sagt Leung. »Das Gesundheitswesen wird dann überfordert sein, und das ist ein weiterer Grund, dafür, dass die Menschen an der Infektion versterben.«
Inzwischen hat die Epidemie auch Europa erreicht. 229 Menschen wurden im Norden Italiens bereits positiv auf das Coronavirus getestet, sieben Menschen starben. Auch auf Sizilien und in der Toskana sind nun Erkrankungen bekannt geworden. In Italiens Nachbarländern Österreich und Kroatien wurden nun die ersten Corona-Infektionen bestätigt .
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