Zambo: Bei Gesundheitskiosken sparen! |
LAV-Präsidentin Tatjana Zambo bezeichnete die von der Ampel-Koalition vorgeschlagene neue Engpass-Pauschale für Apotheken als »einen Witz«. / Foto: LAV Baden-Württemberg
LAV-Präsidentin Zambo und Martin Braun, Präsident der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg, sprachen am gestrigen Abend unter anderem vor geladenen Bundestagsabgeordneten aus Baden-Württemberg. Zambo stellte zunächst Daten zur wirtschaftlichen Situation der Apotheken vor. Unter anderem wies sie darauf hin, dass die Vergütung der Apotheken lediglich rund 2 Prozent der GKV-Gesamtausgaben ausmache, auch die Ausgabensteigerungen der GKV für Arzneimittel (2,7 Prozent) lägen weit unterhalb der Inflationsrate. Und auch die Steigerung der Packungsmenge (2,8 Prozent) habe keine großen Mehreinkünfte für die Apotheken nach sich gezogen, mit denen die massiven Kostensteigerungen in anderen Bereichen (Personal, Mieten, Energie, etc.) hätten refinanziert werden können. Gleichzeitig sei durch die Erhöhung des Kassenabschlags eine weitere Ertragsminderung hinzugekommen. Auch weil es seit 2013 keine Anpassung des Fixhonorars mehr gegeben habe, seien die Apotheken wirtschaftlich abgekoppelt, so Zambo.
Dabei hätte die LAV-Präsidentin eine Idee, an welcher Stelle die Ampel-Koalition Geld einsparen könnte: »Ich sehe das Einsparpotenzial eher bei den Gesundheitskiosken, die Herr Lauterbach plant. Experten schätzen, dass hier rund 700 Millionen Euro investiert werden sollen. Ich plädiere dafür, dass die Koalition dieses Geld in bestehende Versorgungsstrukturen investiert und nicht irgendwelche Luftschlösser in die Gegend baut«, so Zambo. Zur Erinnerung: Das Bundesgesundheitsministerium hatte im August 2022 Eckpunkte für Gesundheitskioske vorgestellt. Die rund 1000 Kioske sollen in sozial benachteiligten Gegenden etabliert werden und von Krankenkassen, den PKV-Unternehmen und den Kommunen finanziert werden. Den größten Anteil an den Kosten sollen die Kassen tragen (rund 75 Prozent). Zambo erinnerte die Ampel-Koalition auch an den Koalitionsvertrag, in dem SPD, Grüne und FDP unter anderem angekündigt hatten, die Apotheken für die pharmazeutischen Dienstleistungen besser zu honorieren und einen Bürokratieabbau in Gang zu setzen.
Auch in Sachen Lieferengpässe erinnerte Zambo anschließend an den 10-Punkte-Forderungskatalog der ABDA. Unter anderem bräuchten die Apotheken demnach einen angemessenen Ausgleich für das Engpass-Management, eine Dynamisierung des Festzuschlags und die gleichzeitige Erhöhung des Fixums auf 12 Euro. Den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Lieferengpass-Ausgleich in Höhe von 50 Cent pro Austausch lehnt Zambo ab. »50 Cent bedeuten umgerechnet 24 Sekunden Arbeitszeit einer examinierten Fachkraft. Das ist ein Witz!«
Kammerpräsident Martin Braun konzentrierte sich in seinem Vortrag insbesondere auf die Substitutionstherapie und die mögliche Legalisierung von Cannabis. Was die Versorgung von Suchtpatienten betrifft, wies Braun darauf hin, dass die Zahl der Substitutionspatienten seit 2013 kontinuierlich auf rund 81.200 gestiegen sei. Gleichzeitig sei aber die Zahl der substituierenden Ärzte um rund 10 Prozent auf nunmehr 2400 gesunken. Die Apotheken würden hier eine Versorgungslücke schließen, so Braun. Der Kammerpräsident erinnerte auch daran, dass die Apotheken gerade in diesem Versorgungsbereich viel Einfühlungsvermögen, Wissen und Flexibilität benötigen.
Die von der Bundesregierung verfolgte Idee der Cannabis-Legalisierung sieht Braun kritisch. Man müsse sicherstellen, dass es keine »Happy-Hour-Angebote« für Cannabis gebe, so Braun. Zudem befinden sich die Apothekenteams bei einer Abgabe in der Apotheke laut Braun möglicherweise in einem heilberuflichen Konflikt («Primum non nocere!«). Der Kammerpräsident wies auch auf die jetzt schon bestehenden Angebote kommerzieller Anbieter hin, mit denen die Apotheken nicht in Wettbewerb treten sollten. Deutliche Worte fand er auch für derzeitige Pläne der Bundesregierung, die Covid-19-Impfungen in Apotheken künftig an ärztliche Verordnungen zu knüpfen. »Das verstehe ich nicht! Wir wollen doch alle, dass die Impfquoten in der Bevölkerung steigen. Warum schafft man sich dann diese zusätzliche Hürde?«