Aufschung lässt auf sich warten |
29.11.1999 00:00 Uhr |
Wirtschaft & Handel
HERBSTUMFRAGE
"Die wirtschaftliche Lage der mittelständischen Unternehmen hat sich gegenüber dem Frühjahr nur wenig verbessert. Die Erholung im Mittelstand kommt nur langsam voran. Von einem echten Aufschwung kann noch keine Rede sein." Diese Interpretation von Chef-Volkswirt Dr. Michael Heise, ist das Resultat der diesjährigen Herbstumfrage der DG Bank Deutsche Genossenschaftsbank AG, Frankfurt am Main, bei rund 2.500 mittelständischen Unternehmen.
Befragt wurden im September 1999 Inhaber, Geschäftsführer und leitende Angestellte von Unternehmen mit einem Jahresumsatz zwischen 1 und 250 Millionen DM.
Die Umfrageergebnisse bestätigen den in den letzten Monaten deutlich gewordenen Konjunkturaufschwung, allerdings in abgeschwächter Form. "Besserungstendenzen werden sichtbar, aber weder die Lagebeurteilung noch die Erwartungen haben sich so stark verbessert, dass man von einer Hochkonjunktur sprechen könnte", sagte Heise bei der Präsentation der Mittelstandsumfrage am 30. November in Frankfurt am Main.
Im Herbst 1999 beurteilten 61 Prozent der befragten Betriebe ihre Wirtschaftslage positiv. Die Einschätzung der Geschäftslage ist - wie auch bei den Herbstumfragen 1997 und 1998 - in Ost- und Westdeutschland - annähernd gleich.
Seine Lage beurteilt der Mittelstand aber nicht zwingend objektiv. Leiten lassen sich die Spitzen der Unternehmen oft von politischen Entwicklungen. So sei der nicht erkennbare Kurs der Bundesregierung für die Unternehmen kein Indiz für Kontinuität. Und damit fehle die Sicherheit für langfristige Planungen und Investitionen. Heise verdeutlichte, dass nicht alles, was die rot-grüne Regierung derzeit plane, schlecht sei. Die Absenkung des Spitzensteuersatzes auf 35 Prozent sei ein gutes Signal. Die Regierung müsse ihre Politik, auch ihre Wirtschaftspolitik, in der Öffentlichkeit besser darstellen.
"Die Dienstleistung marschiert", brachte Heise die wenn auch leicht abgeschwächte Entwicklung auf den Punkt. Im Dienstleistungssektor - der seit vier Jahren hinsichtlich der Beurteilung der Geschäftslage stets Spitzenreiter war hat sich die Lageeinschätzung zumindest gegenüber dem Frühjahr verschlechtert.
Spitzenreiter ist nun die Chemie/Kunststoff-Industrie, also auch die pharmazeutischen Unternehmen. Hier beurteilen 72 Prozent der Befragten ihre wirtschaftliche Situation zumindest als gut. Der Handel liegt unter dem Durchschnitt aller befragten Unternehmen. Nur 57 Prozent der Betriebe dieser Branche bezeichnen ihre Geschäftslage als gut.
Der Anteil der Unternehmen, die für die kommenden sechs Monate eine positive Geschäftsentwicklung voraussagen, steht im Herbst '99 bei 36 Prozent. Das ist etwas mehr als im Frühjahr '99 (34 Prozent). 16 Prozent der Betriebe rechnen mit einer Verschlechterung. Die überwiegende Mehrheit (47 Prozent) der befragten mittelständischen Unternehmen sagt keine wesentliche Veränderung voraus. Die Geschäftsentwicklung in Westdeutschland (besser: 38 Prozent) wird etwas optimistischer bewertet als in Ostdeutschland (besser: 31 Prozent). Während in den westlichen Bundesländern die positiven Stimmen im Verlauf der letzten sechs Monate leicht zugenommen haben, hat sich der Anteil der ostdeutschen Unternehmen, die eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten, nicht verändert.
Seit drei Jahren wird häufiger mit einem Preisverfall als mit steigenden Absatzpreisen gerechnet. Das Spektrum hat sich jedoch merklich in Richtung etwas höherer Preise verschoben. Preissteigerungen werden überdurchschnittlich häufig von Handel (23 Prozent) und Chemie/Kunststoff (22 Prozent) erwartet.
Internet gewinnt an Bedeutung
Eine rasante Entwicklung zeigt sich im Vergleich zum Herbst 1998 im Bereich der
Internetnutzung: Während das World Wide Web bisher vor allem in den USA große Erfolge
feiern konnte, boomt jetzt auch das Geschäft in Deutschland. Der deutsche Mittelstand hat
diese Entwicklung erkannt und bereitet sich intensiv auf das Internetgeschäft vor. Zu
diesem Ergebnis kommt die DG Bank bei der Auswertung des Sonderteils "Internetnutzung
und Electronic Commerce im deutschen Mittelstand" der Umfrage. Allein die Anzahl der
Unternehmen, die über einen Internetanschluss verfügen, hat sich gegenüber Herbst '98
von 45 auf 78 Prozent erhöht.
© 1999 GOVI-Verlag
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