Wirtschaft & Handel
Das Interesse an Gesundheit steht in der deutschen Bevölkerung an
dritter Stelle der persönlichen Bedürfnisskala. 60 Prozent aller
Apothekenkunden sind körperbewußt und wenig preissensibel. Dieses
Potential wird in den meistens Apotheken nicht ausreichend genutzt, sagte
Richard Delfs, Oestrich-Winkel beim MGDA-Marketing-Forum während
des Expopharm-Kongresses in Düsseldorf.
"Es kommt niemand in die Apotheke und macht dort Shopping." Die meisten
Kunden, die die Offizin betreten, haben ein konkretes Bedürfnis, so Delfs. Das ist in
den Köpfen des pharmazeutischen Personals nicht verankert. Vor allem das
Kaufverhalten sogenannter Mehrwertkunden oder "Top-tops", die Wert auf höchste
Qualität legen, würde häufig unterschätzt. Immerhin machten diese Kunden 10 bis
15 Prozent des Klientels aus. Nach der Meinung Delfs müßten solche Kunden in der
Apotheke namentlich bekannt sein und immer zuvorkommend bedient werden.
Knapp zwei Drittel aller Apothekenkunden sind sicherheitsorientiert und investieren
großzügig in ihr Wohlbefinden, so die neusten Marktdaten, die Delfs seinem
Auditorium präsentierte. Er nannte die drei Grundsätze für eine erfolgreiche
Kommunikation mit dem Kunden: Beratung standardisieren, immer höchste Qualität
bieten und Marken nutzen. Gerade das Markenbewußtsein spielt beim
Apothekenkunden eine große Rolle, so der Referent. Die meisten Patienten zögen
einen Markenartikel dem No-name-Präparat vor. Dies nutze das Apothekenteam
einfach nicht aus.
Der durchschnittliche OTC-Umsatz pro Kunde liegt in der bundesdeutschen
Apotheke unter 10 DM. Delfs hält diesen Wert für viel zu niedrig. Oft kenne der
Apothekenleiter diese Zahl nicht einmal. Lediglich die Anzahl der Kunden pro Tag
würde regelmäßig geprüft. Delfs: "Daß der Gesundheitsmarkt ständig wächst, ist
doch die Riesenchance". Umsätze im GKV-Bereich seien vorgegeben und damit
gedeckelte Töpfe. Die Apothekerschaft sollte deswegen nicht nur auf
Kassenrezepte, sondern auf die Selbstmedikation setzen.
Sympathie und Leidensdruck
Das Argument im Beratungsgespräch ist nicht das, was überzeugt, so der Referent.
Es diene eigentlich nur zum Zeitgewinn und zur Seriositätsbildung. Das
Belohnungssystem sei vielmehr entscheidend. Das HV-Personal müsse also
freundliche Angebote machen, die der Kunde ungestraft zurückweisen darf. Dabei
sollte der Vorteil eines Kaufs hervorgehoben werden, unterstrich Delfs. "Diese
Techniken müssen Sie üben", so Delfs. Ob die Kommunikation letztendlich
funktioniere, hänge natürlich auch davon ab, ob der Kunde Sympathien für den
Verkäufer empfinde oder einen hohen Leidensdruck habe. Die Umsetzung scheitere
häufig an mangelnder Routine, oder weil das Apothekenteam nicht mitspiele.
Auch bei der Gestaltung der Sicht- und Freiwahl könne in der Apotheke noch
einiges optimiert werden. Sie müssen gutgehende Markenartikel an den besten
Plätzen plazieren, betonte Delfs. Dabei sollte die Ware möglichst blockweise
angeordnet werden. Der Handverkaufstisch, die wertvollste Präsentationsfläche,
müsse unbedingt für Zusatzumsatzträger reserviert werden. Teure Kosmetika in
aufwendigen Aufstellern, aber auch Pfennigartikel gehörten nicht auf den
Verkaufstisch. Delfs bezeichnete die Gestaltung und Plazierung in diesem Bereich als
Chefsache, "die nicht von Lehrlingen erledigt werden sollte".
PZ-Artikel von Ulrich Brunner, Düsseldorf

© 1997 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de