Wirtschaft & Handel


Der Umsatz der Andreae-Noris Zahn AG, Frankfurt am Main, ist im
Geschäftsjahr 1996/97 (31. August) um 1,2 Prozent auf 4,28 Milliarden DM
gesunken. Kosteneinsparungen und der Verkauf von Immobilien führten
dennoch zu einer Zunahme des Gewinns gegenüber dem Vorjahr um 7,1
Millionen auf 45,6 Millionen DM. Auf dieses Ergebnis ist der Vorstand
stolz, betonte dessen Sprecher Hermann Franke am 5. Februar 1998 in der
Bilanzpressekonferenz. Die Aktionäre erhalten - wie angekündigt - eine
Dividende von 2 DM je 5-DM-Aktie.
Den Umsatzrückgang führt Franke auf "die fehlende Möglichkeit der öffentlichen
Finanzierung des Gesundheitsmarktes" zurück. Dieses Problem werde die Anzag
auch 1998 begleiten - obwohl, wie Franke sarkastisch anfügte, das Unternehmen
nicht mit Produkten handele, für die - wie bei der deutschen Steinkohle - keine
ausreichende Nachfrage bestehe. Zunehmend durchgesetzt habe sich das vom
Verband der forschenden Arzneimittelhersteller entwickelte Modell einer Dreiteilung
des Marktes in unverzichtbare, innovative Arzneimittel gegen schwere
Erkrankungen, unumstrittene Festbetragsarzneimittel und umstrittene Arzneimittel.
So seien die Segmente für Interferone und Zytostatika im ersten Halbjahr 1997 um
50 Prozent beziehungsweise 22 Prozent gewachsen. Im Großhandelsmarkt habe
dies bei einem minimalen Marktwachstum von 0,3 Prozent 1996/97 zu einer
Zunahme bei Innovationen um 6,8 Prozent geführt. Die unumstrittenen
Festbetragsarzneimittel legten um 1,1 Prozent zu, während das Segment der
sonstigen Arzneimittel um 3,8 Prozent und die Umsätze der Apotheken im
Ergänzungssortiment um 2,9 Prozent zurückgingen. Bei der Anzag kam erschwerend
die Regionalisierung der Arzneimittelausgaben nach KV-Bereichen hinzu, zumal sie
in besonders tangierten Regionen tätig sei. Das Unternehmen habe daher einen
Marktanteilverlust von rund 0,1 Prozent hinnehmen müssen.
Ein geringeres Investitionsvolumen, die Veräußerung von den Betriebsimmobilien
Mainland und Verfa, geringere Steuern, erhebliche Kostensenkungen und der Zufluß
von gezeichnetem Kapital hat nach den Ausführungen Frankes letztendlich jedoch zu
einem Jahresüberschuß von 45,6 Millionen DM - plus 18,4 Prozent - geführt. Dies
lasse sich im angelaufenen neuen Geschäftsjahr so nicht wiederholen.
Direktvertrieb mit Innovationen führt zu Rohertragsverlust
Franke erwähnte in diesem Zusammenhang einen neuen, sich abzeichnenden Trend.
Aufgrund häufigerer Verordnungen teurer Innnovationen - wie etwa gegen Multiple
Sklerose - und des harten Wettbewerbs soll die Pharmaindustrie in diesem Bereich
verstärkt auf Direktvertrieb übergehen. Konsequenz: die Handelsspanne beim
Pharmagroßhandel ist rückläufig. Auch aufgrund des aggressiven Preiswettbewerbs
angrenzender Vertriebswege sei bei der Anzag im Geschäftsjahr 1996/97 die
Rohertragsquote auf 8,37 Prozent der Verkaufserlöse zurückgegangen. Gegenüber
dem Vorjahr bedeute dies einen Rückgang um 20,5 Millionen auf 356,7 Millionen
DM.
Positiv verliefen für die Anzag Umsatz (plus 4,5 Prozent) und Ergebnis (plus 5,5
Prozent) im ersten Quartal des Geschäftsjahrs 1997/98. Allerdings, so fügte Franke
an, haben sich die negativen Entwicklungen fortgesetzt. Für das Gesamtjahr erwartet
Franke einen Zuwachs von 3 Prozent. Als apothekernaher Pharmagroßhandel,
dessen Kunden zugleich Mehrheitsaktionäre der Anzag sind, wolle man, zusammen
mit den Pharmaherstellern - den Apotheken nun verstärkt individuelle Hilfe zur
Selbsthilfe anbieten, um Standortstärken, Serviceleistungen sowie Konzepte gerade
auch im verschreibungspflichtigen Bereich optimaler zu positionieren. Für die Anzag
gehöre zum sicheren Arzneimittel die kompetente Beratung der Patienten in der
Apotheke, abwegig sei für sie dagegen der Preiswettbewerb mit Discountern.
Im Gespräch mit den Großaktionären
Journalistenfragen veranlaßten Dr. Franke, über eine eventuell mögliche enge
Kooperation der Anzag mit den Anzag-Mehrheitsaktionären, den
Apothekergenossenschaften Sanacorp (50 Prozent) und Noweda (25 Prozent)
öffentlich zu spekulieren. Derzeit würden hierzu Gespräche geführt, doch sei ein
Ergebnis noch lange nicht in Sicht. Franke zitierte hierzu auch den Vorsitzenden des
Anzag-Aufsichtsrats, Dr. Jürgen Brink, der in einem Interview mit der PZ (5/98,
Seite 66) die Formierung einer Gegenmacht der Apotheker auf europäischer
Großhandelsebene als Notwendigkeit herausgestellt hatte. Franke machte zugleich
deutlich, daß er das für die Aktionäre optimale Ergebnis aushandeln müsse, ein
solches könne er jedoch nicht in einer gleichfalls ins Gespräch gebrachten Fusion
von Anzag, Noweda und Sanacorp erkennen. Der so zunächst
zusammengeschweißte Marktanteil von über 36 Prozent sei kaum zu halten. Würden
nämlich in den überlappenden Gebieten Niederlassungen geschlossen und nur noch
eine der drei Großhandlungen die Apotheken beliefern, würden diese sich einen
anderen Zweitlieferanten suchen. Denkbar ist für Franke dagegen ein Ausbau der
Kooperationen im Liefer- und Logistikbereich.
PZ-Artikel von Ermuthe Arnold, Frankfurt am Main


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