Wirtschaft & Handel
Die Apotheken beziehen durchschnittlich 87 bis 91 Prozent ihrer
Einkäufe über den Großhandel. Demzufolge ist das Einkaufsgeschehen der
Apotheken stark von der Beziehung zum Großhandel geprägt. Im
Mittelpunkt stehen bei den Apotheken häufig nur die gewährten Rabatte.
Andere Parameter wie das Bestellverhalten beim Großhandel, die neben
den Rabatten einen Einfluß auf den wirtschaftlichen Erfolg der Apotheke
haben, werden oft vernachlässigt.
Hier setzt nun eine aktuelle Untersuchung der Betriebswirtschaftlichen
Grundlagenforschung der Treuhand Hannover GmbH an, die sich in diesem Jahr mit
dem Thema Großhandels- und Direktbezug befaßt. Es wurde zum einen den
Besonderheiten des Direktbezuges nachgegangen, zum anderen wurde der
Großhandelsbezug der Apotheke genauer unter die Lupe genommen.
Untersuchungsergebnisse der Treuhand
Als Basis dienten neben allgemeinen Marktdaten individuelle, in Apotheken des
Treuhand-Panels erhobene Daten. Wegen der unterschiedlichen
Apotheken-Parameter mußten Kennzahlen und Auswertungen in vielen Fällen
getrennt nach Ost und West erstellt werden. Die grundsätzlichen Aussagen gelten
jedoch immer für beide Teile.
Wieviel Zeit verbringt die Apotheke mit dem
Großhandelsbezug, und was kostet das?
Auf den Warenbezug entfallen pro Jahr rund 28 Prozent der Gesamtarbeitszeit in
der West-Apotheke (inklusive Leiter). Hiervon entfällt rund die Hälfte, nämlich 14
Prozent, auf den Großhandel. Davon entfallen ein Drittel auf Bestellvorgänge und
zwei Drittel auf den Wareneingang und nachfolgende Tätigkeiten.
Werden den Zeiten und die Personalkosten und der Unternehmerlohn
gegenübergestellt, entfällt in der West-Apotheke auf den Großhandelsbezug ein
Betrag von rund 34 000 DM pro Jahr (Urlaub, Krankheit, Arbeitgeberanteile
eingerechnet). Bricht man dies auf die einzelne Packung herunter, kommen immerhin
Handlingskosten von 0,45 DM für jede über den Großhandel bezogene Packung
zusammen.
Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem Großhandel aus
und wo stecken Rationalisierungspotentiale?
In der Regel arbeitet eine Apotheke mit mehreren Großhändlern zusammen. Die
Lieferanten können in Haupt- und Nebenlieferanten unterteilt werden, auf die
unterschiedliche Bestellvolumina entfallen. Es fällt auf, daß rund 60 Prozent der
untersuchten West-Apotheken nur zwei Großhändler und über 55 Prozent der
Ost-Apotheken drei Großhändler haben. Über 8 Prozent der Ost-Apotheken haben
mehr als drei Lieferanten, im Westen sind dies 4 Prozent. Auch interessant: In den
alten Ländern kommen immerhin rund 4 Prozent der Apotheken mit einem
Großhändler aus, wohingegen im Osten mehrere Apotheken auch fünf Großhändler
haben.
Die meisten Apotheken in Ost und West (rund 85 Prozent) erhalten durchschnittlich
pro Tag vier bis acht Großhandelslieferungen, wobei der häufigste Fall bei täglich
fünf Lieferungen liegt. Nun ist es keineswegs so, daß die Apotheken mit lediglich
einem Großhandel von diesem häufiger beliefert werden. Im Gegenteil: Diese
Betriebe bekommen im Schnitt viermal am Tag Ware vom Großhandel. Umgekehrt
werden die Betriebe, die mit mehr als vier Großhändlern zusammenarbeiten, über
achtmal täglich beliefert. Dies könnte ein Grund dafür sein, warum diese Apotheken
rund 10 Prozent höhere Personalkosten haben als eine durchschnittliche Apotheke.
Großhandelsbezüge straffen spart Kosten
In vielen Apotheken, die zur Zeit noch mit drei oder mehr Großhandelslieferanten
arbeiten und sechsmal oder häufiger pro Tag beliefert werden, steckt ein
Rationalisierungspotential. Bei einem Blick auf die Kosten der Apotheken, die dieses
Potential ausschöpfen, zeigt sich ein Trend zu niedrigen Personalkosten. Apotheken
mit zwei oder weniger Großhändlern und maximal täglich vier Lieferungen schneiden
günstiger ab.
Wie verteilen sich die Lieferungen nach Anzahl beziehungsweise
Wert im Durchschnitt auf die Großhändler?
Im Durchschnitt erhält jede Apotheke 32 Großhandelslieferungen in der Woche,
aufgeteilt auf bis zu vier Lieferanten. Der erste Großhändler erhält durchschnittlich 73
Prozent des Bezugsvolumens in DM. Beim zweiten Großhändler sind es
durchschnittlich 22,5 Prozent, und der Rest entfällt auf die sogenannten Ausputzer.
Die Apotheken, die mit einer Minimalzahl auskommen, beschränken sich im Westen
auf 11 und im Osten auf 16 Lieferungen pro Woche. Diese Apotheken haben - und
das ist wichtig - keineswegs eine schlechtere Lieferfähigkeit als Apotheken mit hoher
Lieferanzahl. Die Maximalzahl der Großhandelslieferungen pro Woche liegt bei über
50.
Neben den Großhandelslieferungen hat eine Apotheke durchschnittlich sechs bis
acht Direktlieferungen pro Woche zu bearbeiten. Dabei ist zu beachten: Obwohl im
Westen rund 21 Prozent und im Osten 15 Prozent aller Lieferungen auf den
Direktbezug entfallen, werden nur rund 13 beziehungsweise 9 Prozent des
wertmäßigen Einkaufs beim Hersteller getätigt. Ein hoher Anteil der Arbeitsbelastung
entfällt also auf einen kleinen Umsatzanteil. Die erhöhte Arbeitsbelastung beim
Direktbezug ist in die Beurteilung der Vorteilhaftigkeit eines Herstellerangebots
einzubeziehen.
Für den Direktbezug gilt: Ein echtes Plus ergibt sich für die Apotheke erst, wenn die
Rabattvorteile deutlich über dem Bearbeitungsaufwand liegen (siehe PZ 41/97, Seite
102).
Folgende Überlegungen sollte eine Apotheke im Hinblick auf eine Optimierung des
Großhandelsbezugs anstellen:
- Entscheidung für einen Hauptlieferanten treffen. Das wertmäßige Bündeln der
Warenbezüge stärkt hinsichtlich der Konditionen die Verhandlungsposition
der Apotheke.
- Reicht eventuell ein Lieferant aus? Einige Lieferanten bieten über ein
Verbundsystem der Niederlassungen mittlerweile einen nahezu umfassenden
Lieferservice.
- Wofür (etwa für spezielle Homöopathie, Hilfsmittel) wird der zweite
Großhändler benötigt? Dieser und weitere Lieferanten sollten nur engagiert
werden, wenn sie unbedingt gebraucht werden.
- Ermittlung der optimalen Anzahl und Zeitpunkte für die Lieferungen.
Beispielsweise Sendung nachts oder frühmorgens mit großer Liefermenge.
Grundsatz: Alles, was nicht schnellstens benötigt wird, kommt mit dieser
Lieferung. Die Eingangsbearbeitung und das Wegräumen der Ware könnten
dann bereits vor Beginn der Geschäftszeiten oder vor dem ersten
Kundenansturm erledigt werden. Weitere Sendungen werden mit Rücksicht
auf Kundenwünsche sowie Arbeitsanfall und Personalbesetzung terminiert.
Auch hier wirkt sich die Bündelung der Lieferungen zeit- und kostensparend
für die Apotheke, aber auch für den Großhandel aus.
PZ-Artikel von Ursula Hasan-Boehme und Jutta Degenhardt,
Treuhand Hannover


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