Aventis spekuliert auf gute Zeiten |
25.10.1999 00:00 Uhr |
Knapp zwei Monate vor dem Start von Aventis am 15. Dezember sind die Weichen bei den Fusionspartnern Hoechst und Rhone-Poulenc gestellt: Am 26. Oktober begann der Aktientausch. Einen Tag zuvor war die ehemalige Chemiesparte der Hoechst AG unter dem Namen Celanese an die Börse gegangen.
Zu Beginn des Umtauschangebotes von Rhône-Poulenc an die Aktionäre der Hoechst AG haben beide Unternehmen auf Pressekonferenzen in Paris und Frankfurt die Einzelheiten des Umtauschangebotes vorgestellt. Die Aktionäre von Hoechst haben vom 26. Oktober bis zum 26. November 1999 Gelegenheit, ihre Aktien in Anteile der zukünftigen Aventis zu tauschen. Das Verhältnis beträgt 1,333 Hoechst Aktien für eine neue Aventis-Aktie. Zudem sei am 10. Dezember die Ausschüttung einer Sonderdividende von 2,72 Euro je Hoechst Aktie plus einer Steuergutschrift von 1,17 Euro vorgesehen, wenn das Umtauschangebot erfolgreich verlaufe, sagte Jürgen Dormann, Vorstandsvorsitzender der Hoechst AG und designierter Aventis-Chef.
Die Fusion wird Arbeitsplätze kosten. "Wir haben ohne Zweifel zu viele Standorte", sagte der designierte Aventis-Chef Dormann. Details wollte er allerdings noch nicht nennen. Derzeit werde "sehr sorgfältig abgewogen", an welchen Standorten Aventis künftig präsent sein werde und welche Konsequenzen dies für die Belegschaft bedeute. Dies werde noch "einige Wochen" dauern. Aventis soll mit zunächst 92.000 Beschäftigten an den Start gehen.
Auf der Pressekonferenz in Frankfurt zog Igor Landau, Vorstandsmitglied von Rhône-Poulenc und zukünftiges Mitglied des Aventis-Vorstandes, eine positive Bilanz zur bisherigen Integration. Sieben Wochen vor der geplanten Gründung von Aventis, sei das neue Unternehmen bis auf einige Details startbereit. Insgesamt waren in 120 Arbeitsgruppen rund 1800 Mitarbeiter mit der Zusammenführung der Aktivitäten beider Unternehmen beschäftigt. Jetzt gelte es, im Unternehmen eine gemeinsame Kultur zu schaffen.
Der gesamte Umtausch sei für die Aktionäre spesen- und kostenfrei, betont Hoechst. Für langfristig orientierte, in Deutschland steuerpflichtige Privatanleger fielen mit dem Tausch in der Regel auch keine Steuern an. Voraussetzung: Der Anleger hat seine Hoechst Aktien vor mehr als einem Jahr erworben und veräußert die neuen Aventis-Aktien nicht innerhalb des ersten Jahres nach dem Tausch.
Hoffnung auf Wachstum
Aventis erwartet in den kommenden Jahren ein Wachstum des operativen Ergebnisses (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization = Ebitda) von durchschnittlich 15 Prozent. Diese Prognose gab Patrick Langlois, Chief Financial Officer von Rhone-Poulenc, in der vergangenen Woche vor Analysten ab.
Durch die Zusammenführung der Life Sciences-Bereiche dürften in den kommenden drei Jahren Synergieeffekte von 1,2 Milliarden Euro entstehen. Die Reorganisationskosten vor Steuern wurden mit 2,2 Milliarden Euro beziffert. Bei Life Sciences werde ein Umsatzwachstum im oberen einstelligen Bereich angestrebt.
Das Wachstum beim Ergebnis nach Ebitda wird nach Ansicht von Langlois für ein hohes Wachstum beim Nettogewinn sorgen. In den kommenden drei Jahren erwartet Langlois Synergieeffekte von 750 Millionen Euro bei Aventis Pharma und von 350 Millionen Euro bei Aventis Agriculture. Weitere 100 Millionen Euro an Synergien dürften durch die Reorganisation realisiert werden. Aventis Pharma sei für weiteres Wachstum mit einem aus fünf Kernprodukten bestehenden Portfolio gut positioniert.
Den Aussagen Dormanns zufolge wird Aventis nicht nur ein "Major player" bei Life Sciences, sondern ein Unternehmen, das sich angetrieben von der Performance an Innovation und globaler Nachfrage nach neuen Produkten und Technologien orientiert.
Celanese mit schwachem Start
Bei der ausgegliederten Chemie-Sparte der Hoechst AG verlief der Sprung in die Selbstständigkeit allerdings wenig zufriedenstellend. Der neu formierte Chemieriese Celanese erwischte beim Börsengang am 25. Oktober einen schwachen Start. Nur kurz nach der Erstnotierung mit dem Ausgabepreis von 16 Euro sackte der Kurs der Celanese-Aktie um fast acht Prozent auf 14,85 Euro ab. Der Vorstandschef der Celanese AG, Claudio Sonder, gab sich dennoch optimistisch: "Als eigenständige Gesellschaft ist Celanese gut gerüstet, um erfolgreich auf dem Markt zu bestehen", sagte er auf dem Börsenparkett in Frankfurt.
Die Dividendenpapiere des mit hohen Verlusten und Finanzschulden gestarteten
Unternehmens waren vor der Erstnotierung bei den Anlegern bereits nur auf geringes
Interesse gestoßen. Unter dem Dach der Celanese AG - mit rund 17 500 Beschäftigten und
etwa zehn Milliarden DM Umsatz - wurden die Chemieaktivitäten des Frankfurter
Hoechst-Konzerns gebündelt. Dies war wegen der Fusion mit Rhone-Poulenc notwendig
geworden.
© 1999 GOVI-Verlag
E-Mail: redaktion@govi.de