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Gemeinschat macht (umsatz)stark

05.07.1999  00:00 Uhr

- Wirtschaft & Handel Govi-Verlag

PATIENTENBEFRAGUNG

Gemeinschat macht (umsatz)stark

von Elke Wolf, Karlsruhe

Der Vogel Strauß hat zwar keine Probleme mit seinen Venen, da Muskelfaszien wie aus Leder ein übermäßiges Ausweiten der Venen verhindern. Dafür stecken Karlsruher Apotheker trotz 40prozentiger Einbußen bei Venentherapeutika den Kopf nicht wie Vogel Strauß in den Sand, sondern demonstrieren mit der beispielhaften Aktion "Karlsruher Gesundheitswochen - Venen" den Nutzen und die Bedeutung der Apotheke.

Nicht immer ist es die Konkurrenz, die das Geschäft belebt. Dieser Grundsatz gilt zumindest für Apotheken, meint die Gruppe Karlsruher Apotheker e. V. und setzt auf zeitlich und thematisch gleiche Gemeinschaftsaktionen vieler Apotheken in einer Stadt oder eng umgrenzten Region. Seit 1. Juli 1999 laufen in Karlsruhe und Ettlingen die "Karlsruher Venenwochen", in denen die rund siebzig teilnehmenden Apotheken (von insgesamt 110) die Kunden zum Thema Venenerkrankungen besonders intensiv beraten. "Die gebündelten Beratungsaktionen in den Apotheken und die parallel verlaufende Öffentlichkeitsarbeit sorgen für einen synergetisch Effekt; der Erfolg ist fast vorprogrammiert", ist sich Michael Hofheinz, Vorsitzender und Mitinitiator der Gruppe Karlsruher Apotheker, sicher.

Hofheinz hat beim letztjährigen Pilotprojekt zum selben Indikationsgebiet schon Erfahrungen gesammelt: "Die Akzeptanz in der Bevölkerung war überzeugend." So überzeugend, daß dieses Jahr während der Venenwochen nicht nur die Karlsruher Apotheker an einem Strang ziehen, sondern auch die übrigen Partner im Gesundheitswesen. Zusammen mit dem Hauptsponsor und Mitorganisator Dr. Willmar Schwabe Arzneimittel holte die Gruppe Karlsruher Apotheker die Ärzteschaft (Kassenärztliche Vereinigung Nordbaden), die Selbsthilfeorganisationen Deutsche Gesellschaft Venen, die Deutsche Gefäßliga, den Regionalen Arbeitskreis für Gesundheitsförderung und zwei Hersteller von Kompressionsstrümpfen mit ins Boot und baut damit ein Netzwerk in Sachen Krankenheitsprävention auf. Und Vertreter der Krankenkassen haben für kommende Projekte ihre Teilnahme bereits zugesagt. Denn ab dem Jahr 2000 sind für die neue Bundesregierung Präventionsmaßnahmen wieder ein Thema.

Venenaktion holt Kooperationspartner an einen Tisch

Die Venenwochen setzen Zeichen: In einer Zeit, in der die Beteiligten im Gesundheitswesen täglich über die Finanzierbarkeit von Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten kontrovers diskutieren, gelingt in Karlsruhe eine beispielhafte Gemeinschaftsaktion zum Wohle des Patienten. Hofheinz: "Dieses Projekt dürfte auch über die Grenzen Karlsruhes hinweg für Aufmerksamkeit sorgen. Es hat Modellcharakter, zeigt es doch den Weg für die Zukunft im Miteinander der Partner im Gesundheitswesen."

Warum gerade das Indikationsgebiet Venenerkrankungen? "Wir glauben, daß wir damit viele Menschen von einem enormen Leidensdruck befreien", sagte Hofheinz im Gespräch mit der PZ. In der Tat: Jede zweite Frau und jeder vierte Mann in Deutschland hat Krampfadern. Etwa zehn Millionen Menschen haben eine chronisch-venöse Insuffizienz, und rund eineinhalb Millionen Menschen leiden am Ulcus cruris. Dabei gibt es wirksame Methoden, um einem offenen Bein vorzubeugen: Je früher Medikamente eingesetzt werden, um so effektiver läßt sich die Verschlimmerung aufhalten. In der Zeit von 1980 bis 1990 haben sich die stationären Fallzahlen annähernd verdoppelt. 1990 wurden rund zwei Milliarden DM für Venenleiden aufgewendet, wobei der Hauptkostenfaktor nicht die Arzneimittel, sondern die stationären und ambulanten Behandlungskosten sind.

Die Lage spitzt sich durch die aktuelle Gesundheitspolitik noch zu: "Letztes Jahr sind die GKV- und OTC-Umsätze von Venentherapeutika um vierzig Prozent abgestürzt. Dementsprechend weniger Patienten werden also behandelt. Unsere Überlegung war: Der Leidensdruck ist wahrscheinlich groß genug, daß die Betroffenen zur Heilung oder Linderung selbst Geld ausgeben", erklärte Hofheinz. "Warum sollten wir diese Versorgungslücke nicht schließen?" Zudem stehe man mit Venenpräparaten, die Extrakte aus Roßkastaniensamen oder Oxerutine enthalten, auf der sicheren Seite, da diese Arzneimittel vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen sind und somit ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit bewiesen haben.

Dokumentation der Beratung ist essentiell

Hofheinz und seinen Mitstreitern der Karlsruher Gruppe, Dr. Hartmut Böhringer, Gerhard Haaf und Dr. Karlheinz Knobloch, liegt neben der intensiven objektiven und seriösen Beratung noch ein anderer Punkt am Herzen. Hofheinz: "Am liebsten würde ich am Ende der Aktion den Politikern einen Stoß von Dokumentationsbögen hinlegen, um damit zu beweisen, welche Leistungen Apotheker ohne Entgelt zusätzlich in der Offizin erbringen - allein durch den Arzneimittelverkauf finanziert." Dokumentation sei essentiell, so Hofheinz, denn "es ist nur das gemacht, was man schriftlich nachlesen kann". Bei der letztjährigen Aktion war der Rücklauf von ausgefüllten Dokumentationsbögen leider "eher spärlich".

Gleich beworbene Indikation, gleiche Aktion: Wie überzeugt man die Standeskollegen am Ort, mitzumachen? Hofheinz hat als Argumentationsbasis gegenüber den Standeskollegen "zehn gute Gründe mitzumachen" erarbeitet. Davon ist ein wichtiger Aspekt: Einzelaktionen erinnerten immer an Verkaufsaktionen. Gemeinschaftsprojekte würden dagegen beim Publikum eher als Beratungsaktion aufgenommen. "Nichts ist ungeschickter, wenn für eine Familie in zwei verschiedenen Apotheken zur gleichen Erkrankung zwei verschiedene Arzneimittel abgegeben werden. Das ist für den Laien unverständlich", meinte Hofheinz. "Die Leistung der Apotheke wird von Gesundheitspolitik und Gesellschaft kritisch beäugt und ihre Notwendigkeit wird überdacht." Nur durch Eigeninitiative könnten sich die Apotheker langfristig von Krankenkassen und ärztlichen Verordnungen unabhängiger machen.

Immer mehr "umstrittene Indikationen" werden aus der Verordnung und damit aus der ärztlichen Behandlung ausgegrenzt. Die Positivliste ab 2001 wird ihr übriges tun. Und obwohl Beschwerden und Krankheiten wie Herpes, Windeldermatitis oder venöse Beinleiden nach wie vor ein Problem sind, gibt es nach den Ausführungen von Hofheinz gerade hier immer weniger Verordnungen. Einen kräftigen Schub durch die arztinduzierte Selbstmedikation - so wie es viele Kollegen erhoffen - sollte man nach seiner Überzeugung nicht erwarten. Da sei es doch sinnvoller, mit Gemeinschaftsaktionen die Selbstmedikation anzukurbeln und Versorgungslücken zu schließen.

Nachfrage und Aufmerksamkeit zum Thema der Indikation, zum Arzneimittel und damit auch für die Apotheke werden bei dem Karlsruher Projekt geweckt, indem die lokale Presse, Radiosender und Fernsehen eingebunden werden. Eine Informationsveranstaltung für Laien sensibilisiert für das Thema. Außerdem trägt das weitgehend einheitliche Erscheinungsbild (mit genügend Freiraum zur individuellen Gestaltung) in den Schaufenstern der mitmachenden Apotheken zur gewünschten Erhöhung des Bekanntheitsgrades bei. "Das hat folgenden Effekt: Der Druck auf Patienten, die ein Venenproblem haben, wird intensiviert, sich doch endlich einmal in der Apotheke zu informieren", erklärte Hofheinz. Parallel zur Werbung von außen bereitet sich das Apothekenteam konsequent auf die Venenwochen vor. Sowohl fachliche wie verkaufstechnische Fortbildung, die in diesem Fall von Schwabe finanziert wurde, garantieren eine hohe Qualität der Beratung.

Nur bei einer möglichst flächendeckenden Beteiligung der Apotheken in einer Region wird die Gesellschaft den Mehrwert erkennen können, den die Apotheke durch die Beratung bietet, so Hofheinz. "Wir müssen uns zwischen Tankstelle und Arzt positionieren." Dazu beitragen wird neben den Karlsruher Venenwochen vielleicht auch die nächste Aktion der Gruppe Karlsruher Apotheker: Vom 11. bis 30. Oktober 1999 finden die Gesundheitswochen unter dem Motto: "Was das Gehirn zum Funktionieren braucht" statt.  Top

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