Woher kommt Bluthochdruck? |
Für Betroffene ist es durchaus sinnvoll, sich selbst ein Blutdruckmessgerät zuzulegen, um die Werte im Blick zu behalten. / © Getty Images/J_art/Jelena Živković
Als normal gelten bei Erwachsenen Werte unter 120 zu 70 mmHg, so die Deutsche Herzstiftung. Liegt der Blutdruck wiederholt bei oder über 140 zu 90 mmHg, besteht Handlungsbedarf, der Druck muss gesenkt werden. Das gilt laut den Experten auch, wenn einer der beiden Werte erhöht ist. Je nach Alter, weiteren Erkrankungen und der Risikokonstellation für Herz-Kreislauf-Ereignisse sollte der Blutdruck sogar unter 130 zu 80 mmHg liegen.
Eine aktuelle Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK für den Gesundheitsatlas Deutschland zeigte: 2023 lebten 29,31 Prozent der Deutschen ab 20 Jahren mit der Diagnose Bluthochdruck. Es wird vermutet, dass die Anzahl unentdeckter Bluthochdruck-Fälle hoch ist. Schließlich merkt man meistens lange nichts von einem erhöhten Blutdruck. Bis zu 30 Millionen Menschen sind jedoch nach Angaben der Deutschen Hochdruckliga hierzulande betroffen.
Wenn das System ins Ungleichgewicht gerät und der Körper seine Funktionen erhalten will, entsteht Bluthochdruck. Das kann der normale Alterungsprozess sein, wie Markus van der Giet, Vorsitzender der Deutschen Hochdruckliga erklärt: »Bei jedem steigt im Laufe des Lebens der Blutdruck an.« Dabei geht es um die Versteifung der Gefäße.
»Es gibt eine genetische Komponente«, erklärt Professor Dr. Peter Radke, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Kardiologie der Schön Klinik Neustadt, gegenüber der Deutschen Presseagentur anlässlich des Welt-Hypertonie-Tags am 17. Mai. Viele Patienten berichten, dass etwa schon die Großmutter stets Blutdrucksenker einnehmen musste.
Bluthochdruck beginnt dann oft bereits im jungen und mittleren Erwachsenenalter, meist mit einem Anstieg des diastolischen Blutdruckes, also des unteren Werts. Gründe hierfür können Gewichtszunahme, mangelnde körperliche Aktivität oder chronischer Stress sein.
Daneben gibt es für Bluthochdruck weitere Faktoren wie Insulinresistenz, hoher Alkohol- und Nikotinkonsum oder eine zu salzreiche oder kaliumarme Ernährung. Die Niere hat als Filter eine besondere Rolle im Körper - und wenn das nicht gut funktioniert, ist es nach van der Giets Worten wie bei einer verstopften Espressomaschine. »Dann produzieren wir höheren Druck.«
Auch Infektionskrankheiten wie Virusinfektionen (Covid-19) oder chronische Borreliose-Erkrankungen, mit denen der Körper kämpft, können für Bluthochdruck oder starke Schwankungen des Blutdrucks sorgen. Zudem kann der Blutdruck im Tagesverlauf stark schwanken, zum Beispiel auch beeinflusst durch Kaffee und Tee.
Bluthochdruck kann in zwei Arten unterteilt werden: die primäre und die sekundäre Hypertonie. Etwa 90 Prozent aller Betroffenen haben die primäre Form. Dabei ist der Bluthochdruck selbst die eigentliche Krankheit.
Bei der sekundären Hypertonie ist der Bluthochdruck eine Begleiterscheinung einer anderen Krankheit. Das Alter spiele hier nur eine untergeordnete Rolle, erklärt Martin Middeke, Professor für Innere Medizin und ehemaliger Leiter des Hypertoniezentrums München. Ursache können neben einer mangelhaften Durchblutung der Niere auch eine Schilddrüsenüberfunktion, entzündlich-rheumatische Krankheiten an den Gefäßen, neurologische Ursachen oder psychogene Ursachen bei etwa starken Schmerzen sein.
Wer an sekundärer Hypertonie leidet hat einen Vorteil: »Wenn man die Krankheit erkennt, kann man sie in der Regel behandeln, sodass eigentlich danach das Blutdruckproblem gelöst sein sollte«, erläutert van der Giet, der das Hypertoniezentrum an der Berliner Charité leitet.
Wer dagegen an einer genetischen oder altersbedingten primären Hypertonie leide, habe schlechtere Karten. »Aus dieser Falle kommt man nicht raus», sagt van der Giet. Dann heißt es: aktiv etwas gegen den Bluthochdruck zu tun und meist lebenslang Tabletten nehmen.
Wie bei vielen Erkrankungen gilt auch beim Bluthochdruck: Es lohnt sich, Lebensgewohnheiten umzustellen. Wo sich ansetzen lässt:
Allgemein gilt bei Bluthochdruck: Wer nichts dagegen unternimmt, steigert das Risiko für weitere Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. Weil der Herzmuskel gegen einen zu hohen Widerstand arbeitet, verdickt er sich mit der Zeit – vor allem an der linken Herzkammer. »Man könnte ja denken, das ist toll, dickere Muskeln bedeuten doch mehr Kraft«, sagt Radke. So ist es aber nicht: Dadurch dass der Muskel auf Dauer an Dicke gewinnt, bekommt er Probleme beim Erschlaffen. Die Folge: Blut und Wasser stauen sich zurück, können in die Lunge gelangen und auf Dauer zu einer Herzschwäche führen. Und: Weil das Herz mehr gefordert ist, erschöpft es auf Dauer.
Durch den höheren Druck im System nehmen mit der Zeit zudem die Gefäße Schaden, »dann wird zum Beispiel die Durchblutung der Niere schlechter oder es entstehen Augenprobleme«, sagt Radke. Ein hoher Blutdruck kann so auf Dauer ernste Folgeerkrankungen mit sich bringen. »Es gibt zwei große Risiken, die Patienten direkt über den Bluthochdruck mittragen: Das sind die Herzschwäche und der Schlaganfall«, warnt der Kardiologe. Deshalb sei wichtig, dass Bluthochdruck rechtzeitig erkannt und behandelt wird.
Im besten Falle wird der Bluthochdruck aber schon entdeckt, bevor er Probleme bereitet – etwa beim Durchchecken in der Arztpraxis. Die nationale Versorgungsleitlinie, an der sich unter anderem Hausärzte orientieren, sieht vor, dass ab einem Alter von 40 Jahren mindestens einmal im Jahr der Blutdruck gemessen werden sollte. Wer mindestens ein blutdrucksenkendes Mittel dauerhaft einnehmen muss, kann sich zudem einmal im Jahr den Blutdruck in der Apotheke im Rahmen der pharmazeutischen Dienstleistungen kontrollieren lassen. Die Kosten übernehmen dann die Krankenkassen.
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