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Interview Sabine Dittmar (SPD)

»Wir sollten über eine neue Preisgestaltung nachdenken«

Ende Oktober soll im Bundestag das Apotheken-Stärkungsgesetz (VOASG) beschlossen werden. Doch nach der Anhörung haben sich viele neue Fragen ergeben – auch für die SPD. Im Interview mit der PZ erklärt Sabine Dittmar, gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, warum sie die Arzneimittelpreisverordnung gerne grundsätzlich reformieren würde, noch Handlungsbedarf beim Großhandel sieht und wie die Chancen fürs Rx-Boni-Verbot stehen.
Benjamin Rohrer
21.09.2020  17:30 Uhr

PZ: Frau Dittmar, Ende Oktober könnte das Apotheken-Stärkungsgesetz im Bundestag beschlossen werden. In der vergangenen Woche haben Sie im Ausschuss die Fachverbände zu dem Gesetz befragt. Nehmen Sie neue Erkenntnisse aus der Anhörung mit?

Dittmar: Ja, einige sogar. Ich bin sehr froh, dass ich in den kommenden 14 Tagen etwas mehr Zeit habe, um mich nochmals in die Argumente der einzelnen Verbände einzulesen.

PZ: Können Sie uns einige Punkte nennen, bei denen Sie nach der Anhörung noch Änderungspotenzial im VOASG sehen?

Dittmar: Mir geht es unter anderem um die patientenindividuelle Versorgung mit parenteralen Zubereitungen. Hier planen wir ja, dass Apotheken auch Klinikapotheken mit der Herstellung beauftragen können. Die Zyto-Apotheker weisen nun aber darauf hin, dass bestehende Versorgungsstrukturen so übergangen und letztlich gefährdet werden könnten. Um das genauer analysieren zu können, bräuchte ich aber endlich einmal verlässliche Marktdaten. Wenn mir diese vorliegen, könnte dieser Punkt nochmal zur Sprache kommen. Aber auch die Argumente der Großhändler müssen geprüft werden.

PZ: Sie beziehen sich auf die Warnung der Großhändler, dass bei Wegfall der Rx-Preisbindung aus dem Arzneimittelgesetz die Gleichpreisigkeit für den Großhandel kippen würde?

Dittmar: Ganz genau. Es kann ja nicht sein, dass wir einerseits den Wettbewerb im Apothekenmarkt wieder richtigstellen und andererseits für Ungleichheit bei den Großhändlern sorgen. Natürlich wäre es denkbar, dass ausländische Großhändler dann anfangen, Rabatte hierzulande anzubieten, der Wettbewerb wäre dann verzerrt.

Dittmar: Es soll positive Signale aus Brüssel geben

PZ: Wenn wir gerade bei den Rabatten aus dem Ausland sind: Sie haben Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) bei der Ersten Lesung im Bundestag deutlich klargestellt, dass Sie davon ausgehen, dass er sein Rx-Boni-Verbot bis zum Beschluss mit der EU-Kommission abgeklärt hat. Gibt es da Ihres Wissens nach Neuigkeiten?

Dittmar: Uns wurde bislang nur signalisiert, dass es positive Signale gebe. Es ist ja aber auch noch ein bisschen Zeit bis zur Zweiten Lesung. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Minister dieses Thema zu einer zweiten Maut werden lassen will.

PZ: Das heißt aber auch: Ihre Fraktion würde einem Gesetz nicht zustimmen, wenn eine Stellungnahme aus Brüssel NICHT vorliegt?

Dittmar: Ich rechne fest damit, dass wir noch rechtzeitig eine Antwort vorliegen haben. Denn Herr Spahn wird sich nicht eine so große offene Flanke erlauben und sicherlich dafür sorgen, dass die europa- und verfassungsrechtlichen Probleme an seinem Gesetz ausgeräumt sind.

»Es wird nicht bei den 5 Euro bleiben«

PZ: Ein wichtiges Thema für die Apotheker ist ja noch die Botendienst-Vergütung und auch strukturelle Klarstellungen am Botendienst. Das Ministerium hatte ja angedeutet, dass man die Vergütung schon verlängern möchte, aber auch halbieren. Wie steht die SPD zu diesem Thema?

Dittmar: Also erst einmal fand ich Stellungnahmen vieler Verbände überraschend. Die ABDA hat beispielsweise argumentiert, dass die Botendienste in der Pandemiezeit so wichtig seien. Das ist für mich unbestritten. Allerdings hätte ich Argumente für eine Verstetigung außerhalb der Pandemie erwartet. Da kam leider nichts. Andere geladene Verbände haben beispielsweise für eine Differenzierung der Botendienstregelung plädiert. Eines sollte den Apothekern bei der Diskussion aber klar sein: Bei den 5 Euro wird es nicht bleiben.

Zudem wäre es an der Zeit, die Arzneimittelpreisverordnung einmal generell zu reformieren, statt Stückwert zu betreiben. Mir ist es wichtig, dass wir mit einer Vergütung gezielt kleinere Apotheken auf dem Land stärken und nicht die riesigen Stadtapotheken mit Millionenumsätzen. Dazu hätte ich gerne mehr Daten. Ich plädiere dafür, dass wir hier bestimmte Kriterien für die Vergütung einbeziehen und sie somit gezielter anwenden können.

Regionale Dienstleistungsverträge? Dittmar: Charmant!

PZ: Ein roter Faden in der Anhörung war ja auch das Thema der regionalen Lösungen für Apotheken, das an die von Ihnen erwähnte gezielte Förderung anknüpft. Da ging es insbesondere um pharmazeutische Dienstleistungen. Wie sehen Sie das?

Dittmar: Ich fand die Idee meines Unionskollegen Michael Hennrich mit den regionalen Dienstleistungsverträgen ja recht charmant. Auch darüber will ich mir noch Gedanken machen.

PZ: Ein Nachteil wäre hier aber ganz klar, dass sie einen Flickenteppich an Leistungen bekommen. In Berlin gibt es für Patienten dann ein Medikationsmanagement und in Bayern nicht. Sollte das so sein?

Dittmar: Nein, das wäre in der Tat nicht schön. Deswegen müssen wir uns das wirklich sehr genau überlegen. Ich muss dazu sagen, dass ich es sehr schade finde, dass uns die Apotheker aber bis heute keine genauen Leistungen vorgelegt haben, die sie anbieten wollen.

PZ: Wie schätzen Sie die Situation abschließend ein? Die Kritik am VOASG lässt nicht nach. Wird es trotzdem zu einem Beschluss kommen?

Dittmar: Ich hoffe schon sehr, dass wir bald zu einem guten Abschluss kommen. Trotzdem finde ich immer noch, dass wir seit Jahren an einzelnen Punkten der Apothekenvergütung herumdoktern, ohne wirklich groß etwas zu ändern. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich über eine grundlegend neue Preisgestaltung Gedanken zu machen. Aber das wird nichts mehr in dieser Legislaturperiode.

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