»Wir sind gut gerüstet für diesen Winter« |
Melanie Höhn |
14.09.2023 15:40 Uhr |
Infectopharm-Geschäftsführer Philipp Zöller und Zeit-Redakteurin Carla Neuhaus. / Foto: PZ / Melanie Höhn
Nachdem heute Vormittag Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) zusammen mit Vertretern der Apotheker- und Ärzteschaft sowie der Industrie einen 5-Punkte-Plan gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln vorgestellt hat, bestätigte Infectopharm-Geschäftsführer Philipp Zöller bei einer Veranstaltung des Zeitverlags die Äußerung von Lauterbach, dass die Preisschraube bei patentfreien Arzneimitteln seit Jahren zu weit getrieben wurde. »Zumindest ist das politische Verständnis da, jetzt hoffen wir, dass gegengesteuert wird«, so Zöller.
Seiner Meinung nach die wichtigste Maßnahme: die Austauschfreiheit von Kinderarzneimitteln für Apotheken. »Die Apotheke muss die Möglichkeit haben, beispielsweise einen anderen Penicillin-Saft mit einer höheren Stärke zu substituieren und dann die Dosierung körpergewichtsabhängig anzupassen. Dazu ist jeder Apotheker in der Lage«, erklärte er.
Vorsichtig optimistisch äußerte sich Zöller im Hinblick auf die Verfügbarkeit von Kinder-Antibiotikasäften in der kommenden Herbst-/Wintersaison. »Wir werden diesen Winter, wenn wir eine normale Infektsaison haben, sehr wahrscheinlich kein Thema mit der Arzneimittelversorgung bei Antibiotika für Kinder haben und sind in ganz engem Austausch mit dem Bundesministerium für Gesundheit«, sagte er. »Wichtig ist jetzt, keine Panik zu machen«. Es gebe momentan keine Hinweise darauf, dass Wettbewerber ausfallen, es sei viel im Lager vorhanden, es gebe Wareneingänge für alle Antibiotika bis Februar. »Wir sind gut gerüstet für diesen Winter«, bekräftigte der Geschäftsführer.
Zwar sei keine Panik in Bezug auf Kinderantibiotika angebracht, doch dies gelte »noch lange nicht« für alle anderen generischen Arzneimittel – Zöller spricht von einer »systemischen Panik«, die durchaus berechtigt sei. Denn bei Generika sei die Ökonomie »sehenden Auges zu weit getrieben« worden.
Zöller führte weiter aus, dass das Lieferengpassgesetz (ALBVVG) für Hersteller von Kinderarzneimitteln »eine gewisse Erleichterung« bringe, für diese sei es »auf jeden Fall der richtige Schritt« gewesen. Konkret werden laut Gesetz Kinderarzneimittel in künftigen Festbetragsgruppen nicht mehr berücksichtigt. Die Hersteller können ihre Abgabepreise für diese Arzneimittel zudem einmalig um bis zu 50 Prozent über den zuletzt geltenden Festbetrag anheben. Wenn Festbetragsgruppen aufgehoben werden, sollen die Hersteller ihre Preise auch um 50 Prozent steigern können.
Damit sei eine Lösung gefunden worden, die nicht so schnell greift, aber »langfristig ein bisschen Luft geben wird« und dafür sorgen werde, dass die bisherigen Hersteller aus dem Markt nicht so schnell verschwinden werden, so Zöller. Er kritisierte jedoch, dass es keinen Inflationsausgleich auf Festbeträge gibt. Nach oben seien die Hersteller zu 100 Prozent gedeckelt und irgendwann würden sie von den Kosten aufgefressen.
Im vergangenen Dezember erklärte Zöller im PZ-Interview, warum der Hersteller die Preise über Festbetrag erhöht hatte.