»Wir müssen gemeinsam lauter und sichtbarer werden« |
Daniela Hüttemann |
19.04.2023 18:00 Uhr |
Kammerpräsidentin Cathrin Burs hat mit Cordula Maring-Nöh eine neue Vizepräsidentin an ihrer Seite, die Erfahrung aus Offizin und Krankenhaus mitbringt. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Zwischen Problemen und Perspektiven bewegte sich die Rede von Cathrin Burs, Präsidentin der Apothekerkammer Niedersachsen, bei der turnusmäßigen Delegiertenversammlung am heutigen Mittwoch in Hannover. In mehrfacher Hinsicht äußerte sie scharfe Kritik an Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD).
Erst seien die Apotheken von ihm ignoriert worden. Auf wertschätzende Worte beim letzten Deutschen Apothekertag in München folgten dann keine Taten, im Gegenteil: Die Ampel-Koalition habe sich zwar eine Stärkung der Apotheke vor Ort in den Koalitionsvertrag geschrieben, es passiere aber das klare Gegenteil.
»Wir haben in den vergangenen drei Pandemiejahren der Politik den Rücken freigehalten und stets zuverlässig und loyal Sonderaufgaben erledigt. Wir sind aber nicht etwa Krisengewinner, bei denen eine Abschöpfung vermeintlicher Übergewinne angezeigt wäre.« So aber hätten es viele Politiker offenbar wahrgenommen.
Die vor Kurzem beschlossenen 50 Cent als Ausgleich für das Lieferengpass-Management bezeichnete Burs als »schamloses Angebot«, als letzten Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht hatte. Die Apotheken hätten die Lieferengpässe nicht zu verantworten, sondern seien diejenigen, die täglich Lösungen fänden. »Wir sind nicht Täter, aber auch nicht Opfer, sondern Polizei und Feuerwehr zugleich«, so Burs.
Das müssten die Apotheken den Patienten, den Medien und vor allem den Politikern deutlich und immer wieder kommunizieren, ob Bürgermeister, Landrat oder Bundestagsabgeordnetem. Burs wünschte sich, dass jeder Delegierte am liebsten direkt im Anschluss an die Kammerversammlung einen Politiker oder einer Politikerin aus seinem Wahlkreis zum Besuch in die eigene Apotheke einlädt.
Sie selbst empfahl Minister Lauterbach, sich mal einen Tag in die Apotheke zu stellen oder noch besser nachts, um verzweifelten Eltern mitteilen zu müssen, dass es kein Antibiotikum für ihr krankes Kind gibt.
Als Basis für jede Diskussion empfahl Burs den im Februar abgestimmten Forderungskatalog der ABDA. Dieser enthält zehn zentrale Forderungen, darunter eine Erhöhung des Fixanteils der Vergütung pro Packung auf 12 Euro, eine Art Grundsicherung, mehr Handlungsfreiheit und Retax-Sicherheit sowie weniger Bürokratie.
Parallel dazu hatte die ABDA auch eine Eskalationsstrategie erarbeitet, mit der die Apothekerschaft reagieren will, sollte sich nichts in der Politik bewegen. Zwar habe man sich Transparenz für die Mitglieder auf die Fahnen geschrieben, Burs bat jedoch um Verständnis, dass die Eskalationsstufen noch nicht bekannt gegeben wurden, um die Effekte nicht abzudämpfen. Sie versprach jedoch, dass die Apotheken zeitnah informiert würden, damit möglichst alle mitmachten.