»Wir meistern auch unvorstellbare Umstände« |
Theo Dingermann |
25.06.2020 09:56 Uhr |
Hessens Kammerpräsidentin Ursula Funke lobte den Einsatz der Apotheker im Zuge der Coronavirus-Pandemie. Die Politik müsse nun die richtigen Lehren aus der Krise ziehen, forderte sie. / Foto: PZ
Der positiven Stimmung zuträglich war sicherlich das »kalkulierte Wagnis«, die Delegiertenversammlung in Form eines Präsenzmeetings abzuhalten. Das Tragen eines Nasen-Mund-Schutzes ist heutzutage apothekerliche Routine und der angemietete Festsaal eines großen Frankfurter Hotels erlaubte es, Abstände komfortabel einzuhalten.
Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse »sind geordnet«. So lautete zumindest das testierte Ergebnis der Prüfung der Jahresabschlüsse 2019 von Kammer und Versorgungswerk. Mit dem Rückenwind dieser Entlastung wurden dann auch zügig notwendige Änderungen der Beitragsordnung beschlossen. Diese unangenehme Übung ließ sich nicht mehr aufschieben, unter anderem auch als Konsequenz einer 10-prozentigen Beitragssenkung für Apothekenleiter im Jahre 2010. Gut begründet und souverän erläutert war die Zustimmung der Delegierten am Ende überwältigend.
Was die Kolleginnen und Kollegen in den Apotheken vor Ort in den vergangenen Monaten zu bewältigen hatten, war bis dahin »unvorstellbar«. Mit diesen Worten begann Präsidentin Ursula Funke ihren Bericht. »Wir waren immer für die Menschen da – eine riesige Herausforderung und eine kaum ausreichend anzuerkennende Leistung«, so ihr positives Fazit. Während andere noch nach Pandemieplänen suchten, hatten die Apotheken bereits zum Schutz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie der Kunden und Patienten individuelle, an die jeweilige Apotheke angepasst Maßnahmen entworfen und umgesetzt.
Diese Spontanität und die daraus resultierenden Ergebnisse blieben nicht unbemerkt und wurden belohnt. Klug lanciert und sicherlich auch beeindruckt durch die Vorleistungen der Apotheker übernahm das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine von der ABDA erarbeitete Liste von Vorschlägen, die sich dann in der SARS-CoV-2-Arzneimittelversorgungsverordnung wiederfand. Hier gilt der Dank der ABDA, die diese Aktion vorbildlich vorbereitet hatte, erkannte die Kammerpräsidentin an.
Und wieder »lieferten« die Apotheken. Stets waren mehr als 99 Prozent der Apotheken betriebsbereit und über die ganze Zeit der Ausnahmesituation wurden die Patienten pharmazeutisch kompetent versorgt, auch weil teils schikanöse Hindernisse im apothekerlichen Normalbetrieb zumindest zeitweise außer Kraft gesetzt waren.
»Wir müssen erreichen, dass die Ausnahmen über die Zeit der Pandemie hinaus verstetigt werden«, forderte die Präsidentin, und sie fügte hinzu, dass Politiker aus manchen Fehlentwicklungen schnell lernen sollten. Unfreiwillig, aber kaum besser hätte der Wert einer einheitlichen Preisgestaltung für Arzneimittel durch die Preisentwicklung bei Desinfektions- und Schutzmitteln demonstriert werden können. Arzneimittel, das sollte jetzt doch wirklich klar geworden sein, dürfen nicht zum Spielball des Wettbewerbs werden, so die Kammerpräsidentin.
Noch ist all dies in den Köpfen der Politiker präsent. Viele haben erkannt, dass ohne öffentliche Apotheke im Gesundheitsversorgung nichts geht. Tatsächlich spürt die Apothekerschaft auch ungewöhnlich deutlich Anerkennung. Umso wichtiger sei es, so die Präsidentin, mit Nachdruck auf eine zeitnahe parlamentarische Befassung wichtiger Gesetzesvorhaben zu drängen und Defizite, darunter eine wasserdichte Lösung zum Makelverbot von E-Rezepten, auszuräumen. Zwar habe man sich verpflichtet, das VOASG konstruktiv und kritisch zu begleiten. Nur bewege sich an der Stelle nichts, sodass die Frage immer relevanter wird, wie lange man sich noch an diese Verpflichtung gebunden fühlt.
In diese Richtung zielt auch eine einstimmig verabschiedete Resolution zur Herstellung der Wettbewerbsgleichheit der öffentlichen Apotheken in der Bundesrepublik Deutschland mit ausländischen Versandapotheken. Die hier eingeforderten Regelungen müssten noch vor der parlamentarischen Sommerpause angegangen werden, fordert die Kammer.
Verärgert zeigte sich die Präsidentin über den ABDA-Haushalt, der in der kommenden Woche auf der Mitgliederversammlung verabschiedet werden soll. Trotz gegenteiliger Beteuerungen im letzten Jahr ist dieser weiter gestiegen. Und auf außerordentliche Beitragserhöhungen können man in der Konsequenz nur deshalb verzichten, weil die erheblichen Fehlbeträge durch Erlöse der wirtschaftenden Töchter gedeckt würden. Dies ist kein nachhaltig verantwortungsvolles Haushalten, weshalb sich auch der Kammervorstand einstimmig dazu entschlossen habe, den Haushalt abzulehnen.
Die Frage nach einer möglichen Kandidatur für das Amt der ABDA-Präsidentin beantwortete Funke sehr klar dahingehend, dass für sie eine solche Kandidatur nicht infrage komme.