»Wir dürfen nicht zulassen, dass die Apotheken vor Ort sterben« |
Die Apotheker Jan Harbecke, Niko Perpinias und Katrin Beier (v.l) haben sich mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Lars Ehm sowie Bürgermeister Carsten Wewers über die schwierige Situation vieler Apotheken ausgetauscht. / © AVWL
In Oer-Erkenschwick gibt es sieben Apotheken. Damit ist die Stadt mit ihren mehr als 31.000 Einwohnern derzeit ausreichend versorgt. In den nächsten Jahren könnte jedoch die Hälfte dieser Apotheken schließen müssen. »Aus wirtschaftlichen Gründen«, wie die beiden Inhaber Katrin Beier von der Barbara-Apotheke und Niko Perpinias von der Bären-Apotheke nun Bürgermeister Carsten Wewers und dem frisch gewählten CDU-Bundestagsabgeordneten Lars Ehm vorgerechnet haben.
Im Rathaus haben sich Politik und Apotheker zusammengesetzt, um über die Ursachen dieses Apothekensterbens sowie mögliche Lösungen zu sprechen. Die Apotheken »sind nur deshalb noch nicht geschlossen, weil sich die Inhaber selbst ausbeuten«, sagt Jan Harbecke, Vorstandsmitglied des Apothekerverbandes Westfalen-Lippe (AVWL), der ebenfalls an diesem Krisengespräch teilgenommen hat.
Gehen weitere Apotheken vom Netz, könnten die verbleibenden Betriebe die Patienten nicht ohne Weiteres auffangen, weil die Kapazitäten begrenzt seien, warnen die Apotheker. Tagsüber könnten sich Warteschlangen bilden und insbesondere im Nacht- und Notdienst würden die Wege für die Patienten länger. Schon heute gebe es Quartiere und Regionen, in denen es keine Apotheke mehr gebe, so Harbecke.
Hauptgrund für das Apothekensterben: »Die staatlich geregelte Vergütung ist seit nunmehr 20 Jahren nicht mehr nennenswert erhöht worden«, sagt Apothekeninhaberin Beier. Zugleich aber seien die Personalkosten in den vergangenen zehn Jahren um 75 Prozent gestiegen und die Sachkosten um 41 Prozent. »Wir Apotheken können aber – anders als andere Branchen – diese Kostensteigerungen nicht an den Verbraucher weitergeben. Die Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel sind aus gutem Grund gebunden«, so Beier.
Eine überbordende Bürokratie verschärfe die Lage zusätzlich, ebenso ungleiche Bedingungen im Wettbewerb mit dem ausländischen Versandhandel, ergänzt Apothekeninhaber Niko Perpinias. So müssten die Apotheken-vor-Ort Gemeinwohlleistungen erbringen wie zum Beispiel Nacht- und Notdienste, aber auch die Anfertigung von individuellen Arzneimitteln, wenn es für einen Patienten kein passendes Fertigarzneimittel auf dem Markt gibt. »Im Falle von Lieferengpässen suchen wir zudem nach Lösungen, um die Patienten dennoch versorgen zu können. Dieser zusätzliche Aufwand wird uns gerade einmal mit 60 Cent vergütet. Solche Sonderleistungen müssen künftig kostendeckend honoriert werden«, fügt Jan Harbecke hinzu.