Wintermantel für die Haut |
Unsere Haut braucht im Winter eine Extraportion Pflege, damit sie kalten Temperaturen trotzen kann. / © Getty Images/Westend61 / Frank van Delft
Feuchte Kälte draußen und trockene Heizungsluft in den Innenräumen bedeuten für die Haut ein dauerndes Wechselbad. Das strapaziert sie, und ohnehin sind ihre natürlichen Schutzfunktionen im Winter auf ein Minimum reduziert. So stoppen die Talgdrüsen ihre Produktion bereits bei Temperaturen unter 8 °C und der wenige zähe Talg verteilt sich nur schwer auf der Hautoberfläche. Der schützende Hydrolipidfilm ist dünn und durchlässig, sodass der transepidermale Wasserverlust zunimmt. Die Verdunstungsrate erhöht sich im Winter gar noch, denn kalte Schneeluft enthält bedeutend weniger Feuchtigkeit als warme Luft. Durch die Kälte ziehen sich die Blutgefäße zusammen, wodurch sich die Versorgung mit Sauerstoff verschlechtert.
Die Witterungsverhältnisse machen selbst der normalen bis Mischhaut Beschwerden, für empfindliche oder eher trockene Haut werden sie zur echten Belastungsprobe. Die Tatsache, dass in den Wintermonaten die Zellregeneration ohnehin reduziert ist, kurbelt den Prozess zusätzlich an. Abgestorbene Hautschuppen werden nicht mehr ohne Weiteres abgeschilfert, die Haut erscheint leicht fahl und grau. Alterungsprozesse werden leichter sichtbar. Patienten mit Hautkrankheiten wie Ekzemen oder Neurodermitis klagen eher in der kalten Jahreszeit über vermehrte Beschwerden.
Die Wahl der richtigen Grundlage eines Pflegepräparats ist deshalb so wichtig, um den transepidermalen Wasserverlust im Lot zu halten. Dieser ist bei trockener Haut – Achtung Diabetiker! – erhöht und setzt der Hautbarriere zu. Hautgesunde Menschen haben in der Regel einen transepidermalen Wasserverlust von etwa einem halben bis dreiviertel Liter Wasser pro Tag bezogen auf die gesamte Körperoberfläche. Doch bei gestörter epidermaler Hautbarriere, bei Kälte und trockener Luft sowie bei großflächiger Anwendung einer im Winter ungeeigneten, stark wasserhaltigen Emulsion können die Raten leicht auf Werte bis über zwei Liter ansteigen. Dann ist die Austrocknung der Haut quasi vorprogrammiert.
Das zweimal tägliche Cremen mit lipidreichen Pflegepräparaten verpasst der Haut den nötigen Wintermantel. Ein angegriffener Hydrolipidfilm wird regeneriert, die Hautbarriere gestärkt. Dazu geeignet sind Wasser-in-Öl-Emulsionen oder lamellare Systeme mit Lipiden, die auch natürlicherweise in der Haut vorkommen. Als Lipidkomponente eignen sich Phospholipide, Ceramide oder Ceramid-Derivate, etwa aus Jojoba-, Kokos-, Weizenkeim- oder Sojaöl (wie Hyalusome® Konzentrat Gesichtfluid von Dermasence, Freiöl® Pflegeöl und Figuröl, Nutritic Intense von La Roche Posay).
Diese Lipide sind in der Lage, sich in die Hautbarriere zu integrieren, sie gar zu reparieren und stärken damit das Hautmikrobiom. Als Goodie liefern diese Pflanzenöle oft noch Vitamin E, das vor freien Radikalen schützt. Überdies haben diese Pflanzenöle auch eine hautglättende und pflegende Wirkkomponente und reduzieren den Wasserverlust der Haut gerade in dem Maß, dass Feuchtigkeit gut in der Haut gespeichert wird, die Haut aber noch »atmen« kann.
Vom Küchenliebling Olivenöl sollte man dagegen in der Hautpflege Abstand nehmen. »Vom allseits beliebten Olivenöl weiß man dagegen aus Studien mit Babys und Kleinkindern, dass es den Aufbau der Hautbarriere gar stören kann. Antientzündliche Effekte hat es jedoch. Jojoba- und Kokosöl stärken dagegen nachweislich die Hautbarriere, weil sie in der Lage sind, sich in die Barriere zu integrieren«, sagte Professorin Dr. Michaela Axt-Gadermann, Dermatologin und Ernährungswissenschaftlerin an der Hochschule Coburg, im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. Eigene Untersuchungen hätten lediglich Jojoba- und Kokosöl als »Alleskönner« identifiziert.
Ein typisches Winter-Präparat: eine Kälteschutzcreme, neudeutsch auch Cold-Cream genannt. Sie hat einen sehr hohen Fettanteil und fühlt sich im ersten Moment angenehm kühl an (daher der Name). Ihre pastöse Konsistenz verhindert das Verdunsten von Wasser nach außen und schützt die Haut vor Erfrierungen (wie Excipial® Mandelölsalbe, Weleda Calendula Wind- und Wetterbalsam). Tipp für Skifahrerinnen: Die Cold-Cream nach der Winterpflege auftragen. Und: In warmen Räumen wieder entfernen, um einen Wärmestau zu vermeiden.
Als Natural Moisturizing Factor verrichten Hyaluronsäure, Harnstoff, Kollagen, Glycerol oder Milchsäure ihren Dienst (wie Hyaluron Activ B3 von Avène, Hyalusome Feuchtigkeitscreme von Dermasence, Eucerin® Hautglättende Gesichtscreme 5 % Urea). Sie können die Restfeuchte an epidermalem Wasser in der Haut zurückhalten und erhöhen. Ob auch Substanzen wie Aquaporin, Allantoin oder Mikrosilber einen Zusatznutzen bei trockener Haut haben, ist wissenschaftlich dagegen noch nicht eindeutig erwiesen.
Die Lippen bedürfen mehr als jede andere Hautpartie Schutz. Ohne Talg- und Schweißdrüsen, mit dünner Hornschicht und wenig Melanin sind sie weder vor Kälte noch vor Sonne geschützt. Pflegestifte und Lippenbalsame, am besten ohne Mineralöle, fetten trockene, rissige Lippen. Mit UV-Filtern schützen sie auch vor Sonne (wie Anthelios® Lippenstick LSF 50+ von La Roche Posay, Hyaluron Sonnenpflege Lippen SPF 50 von Medipharma). Das sollten vor allem Lippenherpes-Geplagte beherzigen. UV-Strahlung wirkt als Trigger für eine Reaktivierung der Herpesviren.
Apropos Sonnenterrassen: Auch bei bewölktem Himmel ist ein fetthaltiger Sonnenschutz mit einem LSF von mindestens 30 ein absolutes Muss. Ist man in den Bergen unterwegs, am besten einen noch höheren LSF wählen. Vor allem Nase, Kinn und Ohrläppchen müssen vor Verlassen des Hauses gut eingecremt sein. Zu bedenken und im Beratungsgespräch weiterzugeben: Reste des Sonnengels vom Sommer eignen sich aufgrund eines höheren Wasseranteils nicht, da potenziell die Gefahr von Erfrierungen besteht.
Nicht nur der Gesichtshaut setzt der Winter zu. Versteckt unter Schals, Rollkragen und langen Hosen führen Hals, Dekolleté sowie die Haut an den Beinen ein Schattendasein. Vor allem bei trockener Haut macht sich ein tägliches Pflegeprogramm bezahlt. Für die Körperreinigung eignen sich medizinische rückfettende Ölbäder, die kein Parfüm oder austrocknende Komponenten enthalten, dafür aber reich an pflanzlichen Ölen sind (wie Dermasence Pflegebad, Excipial® Mandelölbad, Balneum-Hermal Ölbad, Freiöl® Hautpflegeölbad).