Wie Union und SPD reagieren wollen |
»In den nächsten 10 Jahren schlägt der demografische Wandel voll auf die Sozialversicherungsausgaben durch«, sagt der Ökonom Nicolas Ziebarth. Die sogenannten Babyboomer verabschieden sich nun aus dem Arbeitsmarkt. Dabei habe die Politik über Jahre ignoriert, dass auch in der Krankenversicherung die Demografie-Effekte ähnlich wie in der Rente enorm sind, kritisiert Gesundheitsökonom Wasem. »Ältere Menschen brauchen im Schnitt drei bis vier Mal so viele Leistungen wie jüngere.«
Das privatwirtschaftliche Forschungsinstitut IGES hat errechnet, welcher Anteil vom Einkommen in den kommenden Jahren für die Sozialsysteme fällig wird. »Wenn man grundlegende Trends (…) fortschreibt, ergibt sich in zehn Jahren eine Gesamtbelastung durch Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von knapp 49 Prozent«, sagt IGES-Geschäftsführer Martin Albrecht, »mit einem Spektrum zwischen knapp 46 bei günstiger und 53 Prozent bei ungünstiger Entwicklung.« Heute sind es rund 42 Prozent.
Sie können weniger als früher durch Wirtschaftswachstum kompensiert werden. DIW-Präsident Fratzscher erwartet, dass Deutschland auch wegen des Zollkonflikts mit den USA das dritte Jahr hintereinander eine Rezession erlebt. Doch selbst wenn alles aktuell bestens laufen sollte, sieht Fratzscher für die kommenden Jahre nur ein potenzielles Wachstum von 0,3 Prozent. »Ein größeres Wachstumspotenzial hat die deutsche Wirtschaft derzeit nicht mehr.«
Wasem erläutert: »Das Stück, das für die Kranken- und Pflegeversicherung aus dem Wohlstandskuchen herausgeschnitten wird, wird also immer größer – nur der Kuchen wächst nicht mehr.« Das Wohlstandswachstum in Deutschland ist also begrenzt. Das Älterwerden der Gesellschaft ist auch hierfür ein Grund, nicht nur für die steigenden Sozialkosten. Denn es gibt zugleich weniger Jüngere, und somit stehe ein »starker Rückgang der Beschäftigung in Deutschland« bevor, so Fratzscher. Künftig brauchen also mehr Menschen Leistungen – doch weniger erwirtschaften Wachstum.