Wie Union und SPD reagieren wollen |
Aus Sicht der Ökonomen enttäuschend. Etwa bei Pflege und Gesundheit sollen erst einmal Kommissionen eingesetzt werden. Von diesen erwarte er nicht viel, sagt Ziebarth vom Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). »Die ideologischen Unterschiede (…) sind zu groß.« Die Union wolle im Grundsatz mehr Eigenbeteiligung, also dass Versicherte mehr selbst beitragen. Die SPD wolle hingegen, dass Wohlhabende mehr einzahlen.
Fratzscher sagt: »Unser Sozialstaat wird derzeit von Jahr zu Jahr ein Stück weniger generationengerecht.« Immer stärker werde von Jung zu Alt umverteilt. »Der Koalitionsvertrag verschärft das Problem: Anstelle von Vorschlägen zu einer Begrenzung des künftigen Beitragsanstiegs gibt es hier teure Versprechungen wie beispielsweise ein stabiles Rentenniveau und eine ausgeweitete Mütterrente«, sagt Fratzscher. »Offensichtlich wollen weder Union noch SPD ihre Wählerinnen und Wählern mit irgendwelchen Zumutungen belästigen.«
Aus Sicht des Sozialverbands VdK muss die neue Regierung dafür sorgen, dass Aufgaben, die die gesamte Gesellschaft betreffen, auch von ihr bezahlt werden – also aus Steuergeld und nicht aus den Töpfen der Sozialversicherungen. So müssten nach einer eigenen Berechnung Maßnahmen für jährlich 70 Milliarden Euro eigentlich aus dem Bundeshaushalt bezahlt werden – die Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer könnten so zusammen um 4,19 Prozent sinken, rechnet der Verband vor.
»Hohe Sozialabgaben hemmen den privaten Konsum, der mehr als die Hälfte zur Wirtschaftsleistung beiträgt«, sagt Fratzscher. »Wenn die Menschen in Deutschland nicht wieder mehr ausgeben, wird nachhaltige konjunkturelle Erholung kaum gelingen.«
Ziebarth meint: »Die steigenden Sozialbeiträge sind heute eine der drängendsten Herausforderungen für die deutsche Wirtschaft.«
Ziebarth sagt: »Studien legen nahe, dass pro Sozialbeitragssatzpunkt mit 50.000 bis 100.000 Arbeitsplätzen weniger pro Jahr zu rechnen ist.« Das sei aber nur ein Annäherungswert.