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Westfalen-Lippe

Wie sind die ersten Erfahrungen mit dem E-Rezept?

Seit dem 1. September testen Ärzte und Apotheker in Westfalen-Lippe den Umgang mit elektronischen Verordnungen und haben damit eine Vorreiterrolle in Deutschland übernommen. Welche Erfahrungen haben Pharmazeuten mit dem Bearbeiten und Abrechnen von E-Rezepten gemacht? Was läuft gut und wo hakt es? Die PZ hat bei Inhaberinnen und Inhabern nachgefragt.
Anne Orth
12.09.2022  16:00 Uhr

An der E-Rezept-Einführung in Westfalen-Lippe beteiligen sich derzeit nur etwa 250 der insgesamt rund 10.000 Praxen in der Region. Nach Angaben der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung sollen Schritt für Schritt weitere Praxen dazukommen. Die Apotheken sind hingegen laut der Apothekerkammer Westfalen-Lippe flächendeckend bereit, elektronische Verordnungen anzunehmen und abzurechnen. Seit sich die Kassenärztliche Vereinigung Schleswig-Holstein aus Datenschutzgründen zurückgezogen hatte, ist Westfalen-Lippe die einzige Test-Region in Deutschland, in der elektronische Verordnungen zum Einsatz kommen. Bis die Weiterleitung der Codes über die elektronische Gesundheitskarte möglich ist, drucken die beteiligten Praxen E-Rezepte überwiegend auf Papier aus.

Technische Tücken

Aller Anfang ist schwer – das erleben beispielsweise auch Inhaber Michael Mahl und sein Team. Derzeit kämpft die Belegschaft in der Rosen-Apotheke in Sprockhövel bei der Annahme und Weiterleitung elektronischer Verordnungen noch mit technischen Schwierigkeiten, die Abläufe über die Apothekensoftware funktionieren noch nicht einwandfrei. Wenn Patienten mit dem E-Rezept-Code kommen, dauere es viel zu lange, bis die Mitarbeiter im System darauf zugreifen könnten, berichtet Mahl. Wenn der Heilberufsausweis (HBA) in dem Terminal steckt, in dem sich auch die SMC-B-Karte befindet und der HBA-PIN eingegeben wird, stürze häufig die Anwendung in der Telematik-Infrastruktur (TI) ab. »Technisch ist das in dieser Form noch völlig unzureichend«, findet der Apotheker. Es sei an vielen Stellen einfach zu langsam. Mahl kritisiert auch, dass der E-Rezept-Code derzeit noch auf Papier ausgedruckt werden muss und dass es bisher keine praktikable Lösung für den Transport des E-Rezepts gibt. Da nur wenige Patienten über ein NFC-fähiges Smartphone und eine ebensolche Versichertenkarte verfügten, werde die Möglichkeit, den E-Rezept-Code über die Gematik-App weiterzuleiten, bisher kaum genutzt. 

Mahl fordert, dass es für die Versicherten einfacher werden müsse, elektronische Verordnungen über die elektronische Gesundheitskarte oder die Gematik-App abzuwickeln. Erst dann ergäben sich aus seiner Sicht Vorteile für Apotheker und Patienten. Dann könnten die Pharmazeuten beispielsweise den Bewohnern von Altenheimen schneller und unkomplizierter Arzneimittel zukommen lassen. Bisher müssten sie hinfahren und die Papierrezepte abholen, das koste viel Zeit. Mahl erhofft sich künftig auch die Möglichkeit, elektronische Medikationspläne zu hinterlegen. Das würde die Möglichkeit schaffen, zusätzliche Leistungen anzubieten. »Wenn es richtig läuft, kann die Digitalisierung den Apotheken einen Mehrwert bieten«, davon ist der Inhaber überzeugt.

Nur ein Arzt in Detmold stellt E-Rezepte aus

In Detmold geht die E-Rezept-Einführung ebenfalls eher schleppend voran. Die Mitarbeiter der Paulinen-Apotheke haben seit Februar insgesamt 270 elektronische Verordnungen angenommen, berichtet Inhaber Christian Schmidt. Die E-Rezepte stammten alle von einem technik-affinen Hausarzt – bisher dem einzigen in der ostwestfälischen Stadt, der sich an der Pilotphase beteiligt. Derzeit erhält das Apotheken-Team fast alle Codes als Papierausdruck, erst eine junge Patientin löste ein E-Rezept über die Gematik-App ein. Die Abläufe über die Apothekensoftware und die Übertragung ans Rechenzentrum klappten gut, freut sich Schmidt, er habe auch schon Geld für die Abwicklung elektronischer Verordnungen erhalten. Durch den Rezeptscanner funktioniere der Prozess sogar schneller als bei herkömmlichen Verordnungen. Ab und zu träten noch Fehler auf, beispielsweise stimme die Arzt- und Patienten-Nummer nicht überein oder die Dosierung eines Medikaments sei falsch angegeben. »Ich würde mir wünschen, dass solche Formfehler bald behoben werden«, sagt Schmidt.

Der Inhaber, der drei Apotheken in Detmold betreibt, sieht die Einführungsphase als gute Möglichkeit, die Prozesse rund ums E-Rezept auszuprobieren. »Es ist ein Lernprozess, und man kann nur durch Anwenden weiterkommen«, ist er überzeugt. Auch wenn die Teilnahme an der Pilotphase einen gewissen Aufwand mit sich bringe, könne die E-Rezept-Einführung mittelfristig dazu beitragen, Zeit zu sparen. »Alles braucht seine Zeit. Nächstes Jahr werden wir schon viel weiter sein«, äußert sich Schmidt zuversichtlich.

Weniger Angst vor Retaxationen

Der Apotheker hofft, dass es bald möglich sein wird, E-Rezept-Codes über die elektronische Gesundheitskarte weiterzuleiten. Eine praktikable Lösung über die Gematik-App würde seiner Ansicht nach ebenfalls eine Erleichterung bedeuten. Sobald die Prozesse routinierter liefen, sieht Schmidt es als Vorteil des E-Rezepts an, dass Apotheker weniger Angst vor Retaxationen haben müssten. Er hofft auch, dass damit verbunden die Genehmigung von Hilfsmitteln beschleunigt werden kann. Von der Apothekerkammer fühlt er sich durch Fortbildungen gut unterstützt, auch Softwarehäuser böten Schulungen an.

»Apotheker sollten sich fürs E-Rezept rechtzeitig richtig aufstellen und die aktuelle Phase, in der nur vereinzelt E-Rezepte eingelöst werden, gut nutzen. Sie sollten auch die Möglichkeit wahrnehmen, den Prozess mitzugestalten sowie Fehler zu entdecken und beheben zu lassen«, empfiehlt Schmidt. Die Praxen würden dann nach und nach dazukommen. Bevor das E-Rezept bundesweit eingeführt werden könne, müsse es 100-prozentig sicher und einfach zu handhaben sein.

Dortmunder Apothekerin profitiert von engagierter Ärztin

Bereits viel Erfahrung mit der Abwicklung von E-Rezepten hat Christina Lempka gesammelt, die die Paracelsus-Apotheke in Dortmund betreibt. Seit Mitte Februar haben sie und ihr Team bereits 3000 elektronische Verordnungen entgegengenommen, allein im August waren es etwa 600. Die meisten E-Rezepte stammen von der Internistin Anna Maria Malik, die die Einführung des E-Rezepts vorantreiben möchte. Aber auch ein Orthopäde stellt mittlerweile E-Rezepte aus, die Patienten in der Paracelsus-Apotheke einlösen. Die meisten Kunden kämen mit Papierausdrucken, nur wenige hätten die Verordnung in der Gematik-App gespeichert.

»Für uns ist die Abwicklung des E-Rezepts nicht mehr kompliziert«, sagt Christina Lempka. Mittlerweile seien 20 Prozent der Verordnungen, die das Apotheken-Team entgegennehme, E-Rezepte. Im Unterschied zu herkömmlichen Verordnungen könnten die Apotheker die verordneten Medikamente auch einzeln abgeben – das sei ein Vorteil der elektronischen Verordnungen. Neu sei auch, dass sie Änderungen gleich im System eingeben müsse und sie nicht mehr im Nachhinein handschriftlich auf dem Rezeptformular eintragen könne. Aber das sei kein Nachteil, sondern lediglich eine Frage der Gewöhnung.

Rechenzentrum tat sich anfangs schwer

Große Probleme bereitete der Apothekerin anfangs die Abrechnung mit dem Rechenzentrum. Dieses konnte die E-Rezepte nicht verarbeiten, da es nicht darauf eingestellt war. In der Folge erhielt Lempka drei Monate lang kein Geld und musste in Vorleistung treten. »Ich war schon kurz davor, abzuspringen«, erzählt sie. Seit etwa zwei Monaten klappt die Abrechnung der E-Rezepte aber.

Die Apothekerin hofft, dass es bald die Möglichkeit gibt, elektronische Verordnungen auf der EGK zu speichern. Auch ein praktikabler Einsatz des Messengersystems KIM könne eine echte Verbesserung mit sich bringen; dann könnte sie Rückfragen schneller mit den jeweiligen Ärzten klären, ohne in den Praxen anrufen zu müssen. Die derzeitige Abwicklung der E-Rezepte über Papierausdrucke sei zwar unbefriedigend. »Aber irgendwie müssen wir ja mal anfangen«, findet sie.

»Irgendwann wird das E-Rezept normal sein«

Sorge bereitet ihr zwar das mögliche Risiko, dass nach einer flächendeckenden Einführung des E-Rezeptes Kunden zum Versandhandel abwandern könnten. Damit das nicht passiere, sei es entscheidend, die Vorzüge der Vor-Ort-Apotheken noch stärker publik zu machen. »Die Patienten kennen uns, wir können sie beraten und Probleme mit den Ärzten klären«, nennt sie einige Vorzüge. Nichtsdestotrotz sei es Zeit, die Digitalisierung im Gesundheitswesen auch in Deutschland voranzutreiben. Andere Länder wie beispielsweise Estland seien bei diesem Thema schon viel weiter und auch in Deutschland gehöre die Nutzung digitaler Anwendungen im Alltag bereits dazu »Es ist der Lauf der Zeit. Irgendwann wird das E-Rezept auch bei uns normal sein«, ist Lempka überzeugt. Anderen Apothekern rät sie, sich einfach ans E-Rezept »ranzutrauen, es ist wirklich nicht schwer«.

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