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Demente Staatenlenker
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Wie sie die Weltgeschichte beeinflussten

Ein hohes Staatsamt schützt nicht vor Demenz. Doch können Staatenlenker mit eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten das Weltgeschehen erheblich beeinflussen, wie die Geschichte zeigt.
AutorKontaktBrigitte M. Gensthaler
Datum 28.12.2018  11:00 Uhr

Staatsoberhäupter übernehmen ihr Amt oft erst in höherem Alter. »Es verwundert daher nicht, dass es immer wieder Politiker gibt, die altersbedingt kognitive Einschränkungen zeigen«, stellt der Münchner Psychiatrieprofessor Dr. Hans Förstl fest. Für seinen Beitrag in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift hat er Demenz-Verdachtsfälle bei Staatsoberhäuptern der vergangenen 100 Jahre zusammengetragen, nicht ohne zu warnen vor einer vorschnellen Einordnung auffälliger Symptome bei exponierten Personen. Eine zuverlässige Diagnose lasse sich nicht aus der Ferne, sondern nur durch eine sorgfältige Untersuchung stellen, mahnt der Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München.

Die Liste der Politiker, die unter kognitiven Einschränkungen gelitten haben, ist lang. Darin sind amerikanische Präsidenten wie Woodrow Wilson, Franklin D. Roosevelt oder Ronald Reagan ebenso vertreten wie der Sowjetgründer Lenin oder der nordkoreanische Diktator Kim Jong Il. Als Beispiele aus Deutschland nennt Förstl Reichspräsident Paul von Hindenburg sowie die Bundespräsidenten Heinrich Lübke und Walter Scheel.

Inwieweit die nachlassende Geisteskraft die Geschicke eines Landes beeinflusst hat, lasse sich nicht exakt klären. Es gebe aber Hinweise auf weitreichende Folgen. So habe der sprichwörtlich »greise« Hindenburg, dem Förstl eine »zumindest leichte kognitive Störung« bescheinigt, schließlich seinen Widerstand gegen den Gefreiten Adolf Hitler aufgegeben und diesen 1933 zum Reichskanzler ernannt: das Ende der Weimarer Republik. Lenin – erkrankt an vaskulärer Demenz – gelang es 1924 nicht mehr, Stalin zu verhindern: ebenfalls mit verheerenden Folgen.

Sehr unterschiedlich war der Umgang mit Staatsoberhäuptern, die nicht mehr entscheidungsfähig waren. »Die Praxis reicht vom gnadenlosen Bloßstellen und Absetzen bis hin zum Kaschieren durch einen starken inneren Zirkel.« Der an Depression und beginnender Demenz leidende zweite deutsche Bundespräsident Heinrich Lübke wurde von Medien und politischen Gegnern gnadenlos zur Witzfigur degradiert. Der spanische Diktator Francisco Franco dagegen wurde aus machttaktischen Gründen 1974 noch mehrere Wochen beatmet und war somit trotz Hirntod noch »im Amt«.

Eine Sonderstellung nimmt der Vatikanstaat ein. »Da ist es vorgesehen, den Papst bis zu seinem Tod im Amt zu belassen – quasi als Sinnbild der Vergänglichkeit.« Hier übernimmt die römische Kurie die Führung, wenn der Papst dazu nicht mehr fähig ist. In anderen Staatssystem folgten auf Staatsmänner, die krankheitsbedingt rasch ersetzt werden mussten, »nicht selten weniger geeignete Personen, solche mit ganz besonderer Auffassung des Amtes und erhebliche Umwälzungen«.

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