Wie Schlaf das Immunsystem verbessert |
Laura Rudolph |
13.03.2024 17:30 Uhr |
Ausgeschlafen? Eine erholsame Nacht wirkt sich einer neuen Studie zufolge positiv auf die Aktivität bestimmter T-Zellen aus. Vermittelt wird der Effekt von Hormonen, deren Konzentration im Schlaf ansteigt. / Foto: Getty Images/FreshSplash
Dass Schlaf das Immunsystem fördert, ist unumstritten. Wenig erforscht waren bislang jedoch die zellbiologischen Hintergründe. Nun zeigen Forschende der Ludwig-Maximilians-Universität in München, dass Schlaf die Fähigkeit von T-Zellen fördert, in Lymphknoten einzuwandern (»Migration«). Die Ergebnisse der randomisierten Studie sind kürzlich im Fachjournal »Brain, Behavior, and Immunity« erschienen.
Ein Team um Doktorandin Estefanía Martínez-Albert bat je sieben gesunde Frauen und Männer zwischen 18 und 30 Jahren zweimal für je 24 Stunden in ein Schlaflabor. Pro Sitzung schliefen die Teilnehmenden entweder zwischen 23 und 7 Uhr (Schlaf-Gruppe) oder blieben die ganze Nacht in halb aufrechter Position wach und schauten beispielsweise Fernsehen (Wach-Gruppe). Vor Studienbeginn hatten die Teilnehmenden bereits eine Anpassungsnacht im Schlaflabor verbracht, um sich an die Versuchsumgebung zu gewöhnen.
Alle Probanden hatten angegeben, nicht an chronischen oder psychischen Erkrankungen zu leiden und einen geregelten Schlafrhythmus zu haben. Sie nahmen mit Ausnahme von Teilnehmerinnen, die mit der Antibabypille verhüteten, keine (weiteren) Medikamente ein. Schichtarbeiter wurden ausgeschlossen.
Die Studie fand im Crossover-Design statt, das heißt, alle Teilnehmenden durchliefen nacheinander die Bedingungen der Schlaf- und Wach-Gruppe. Dabei betrug der zeitliche Abstand zwischen den Durchläufen mindestens vier Wochen. Um bei den Frauen den Einfluss des Menstruationszyklus herauszufiltern, fanden bei ihnen beide Schlaflabor-Sitzungen während der gleichen Zyklusphase statt, beispielsweise zweimal in der Lutealphase nach dem Eisprung.
Die Forschenden überwachten die schlafenden Probanden mittels Polysomnografie und einem EEG. Im Schlaflabor und am Folgetag wurde den Probanden beider Gruppen regelmäßig Blut entnommen; ein Unterarmkatheter, dessen Schlauch in einen Nachbarraum führte, machte dies auch bei Schlafenden ungestört möglich.
Die Konzentration verschiedener T-Zellarten im Blut wurde mittels Durchflusszytometrie untersucht, die Konzentrationen des Wachstumshormons (GH) sowie von Prolaktin (PRL) und Cortisol mithilfe von Hormonassays. Schließlich bewerteten die Forschenden den Einfluss des Schlafs auf die gemessenen Parameter mithilfe statistischer Analysen.
»Unsere Ergebnisse zeigen, dass Schlaf die Wanderungsbereitschaft verschiedener T-Zell-Subpopulationen fördert«, fasst Studienleiterin Professor Dr. Luciana Besedovsky die Ergebnisse in einer Pressemitteilung zusammen. Demnach fördert Schlaf die gerichtete Wanderung von bestimmten T-Zellen wie CD3+-, CD4+- und CD8+-Zellen hin zu dem Signalprotein CCL19. Dieses vermittelt die Einwanderung von T-Zellen, die den entsprechenden Rezeptor für CCL19 besitzen, in die Lymphknoten.
Weiterhin konnten die Forschenden zeigen, dass die Inkubation von T-Zellen mit Blutplasma, das von Schlafenden gewonnen wurde, ebenfalls das Wanderungspotenzial der Immunzellen erhöht. »Dies zeigt, dass lösliche Faktoren, die während des Schlafs im Blutplasma erhöht sind, den Effekt von Schlaf auf die T-Zell-Wanderung vermitteln. Wir können den Effekt von Schlaf also quasi im Labor mit dem Blutplasma von schlafenden Personen nachbauen«, kommentiert Besedovsky.
Das Forschungsteam identifizierte Prolaktin und Somatotropin als entscheidende Faktoren für das beobachtete Migrationsverhalten der T-Zellen. Beide Hormone zeigten schlafabhängige Änderungen ihrer Konzentrationen im Blutplasma. Bei Ausgeschlafenen waren sie höher.
Aus Sicht der Autoren ist die Studie wichtig, um besser zu verstehen, warum Schlaf für Immunreaktionen, beispielsweise nach einer Impfung, förderlich ist. »Unsere Ergebnisse haben auch potenzielle klinische Implikationen«, sagt Besedovsky. »So könnten sich das Wachstumshormon und Prolaktin möglicherweise als neue Wirkverstärker zur Förderung von Immunantworten nach einer Impfung eignen, insbesondere bei älteren Menschen, die häufig niedrigere Spiegel dieser Hormone im Schlaf aufweisen«.